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Liebe braucht keinen Ort

Liebe braucht keinen Ort

Titel: Liebe braucht keinen Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Waggoner
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betrachtete die zarte Glasur auf dem Ahornblatt-Teller und sagte: »Es tut mir wirklich leid, dass Sie nie Karriere als Designerin gemacht haben.«
    Mrs   Harts Augen blitzten. »Ach wirklich?«, fragte sie mit scharfer Zunge. »Dann lass das bitte. Mir tut es nicht leid.«
    Liza hatte Mrs   Hart noch nie mit schlechter Laune erlebt, und ihr wurde klar, dass sie etwas Falsches gesagt hatte. »Ich habe nicht gemeint   … «
    »Macht nichts, meine Liebe. Ich jammere nur ein bisschen, weil ich heute Schmerzen habe.« Mrs   Hart wurde ein wenig nachdenklich. »Ich war gerade jung verheiratet und lebte in Amerika, als ich den Neptun-Wettbewerb gewonnen habe. Mein Mann wurde befördert und wir sind hierher nach London gekommen. Wenn alles anders gelaufen wäre, hätte ich ohne ihn in den USA zurückbleiben müssen. Wenn man jung ist, dann nimmt man die Liebe als selbstverständlich hin. Man glaubt, dass es, wenn es für einen so gedacht ist, schon alles gut gehen wird. Das stimmt überhaupt nicht. Wenn ich zurückschaue, dann bin ich mir sicher, dass meine Ehe den Preis hätte zahlen müssen, wenn mitden Diamanten alles nach Plan verlaufen wäre. Es stimmt, dass ich nie die Karriere gemacht habe, die ich mir mit dem Wettbewerb für meinen beruflichen Werdegang erhofft hatte, aber ich habe eine lange, glückliche Ehe geführt und ich habe meine Töchter. Das war eine der angenehmeren Überraschungen im Leben, dass es, ganz gleich, was man verliert, immer noch viele gute Dinge für einen geben kann.«
    Liza wusste, dass Mrs   Hart ihr das aus einem bestimmten Grund erzählte. Vor einigen Minuten hatte Liza ihr in einer leicht geschönten Fassung davon berichtet, was mit David geschehen war, Tränen und Herzschmerz inklusive.
    »Ich weiß, was du jetzt denkst«, sagte Mrs   Hart. »Du denkst, ich habe leicht reden, weil ich alt bin. Bei mir verläuft das Leben in geregelten Bahnen. Ich habe eine andere Sicherheit als du. Da hast du recht. Es ist ein Jahrhundert her, dass ich in deinem Alter war, aber ich erinnere mich noch daran, wie das war, all die Unsicherheit und die Zweifel. Und du denkst an diesen jungen Mann, nicht? Der spurlos verschwunden ist?«
    Liza nickte. »Ich kann mir nicht vorstellen, ihn nie wiederzusehen.«
Selbst wenn es mich das Leben kosten sollte
, fügte sie im Stillen hinzu.
    Ellie Hart legte ihre Hand über Lizas Hand. »Meine Liebe, es gibt Zeiten, in denen es keine andere Möglichkeit gibt, als seinem Herzen zu folgen. Gib deinem Herzen Zeit, Liza. Es wird dir sagen, was du zu tun hast.«
    Zeit? Liza konnte sich nicht vorstellen, auch nur einen einzigen weiteren Tag so aufgewühlt zu verbringen wie alle Tage seit Davids Verschwinden. »Und was mache ich bis dahin?«
    »Ah«, erwiderte Mrs   Hart. »Das ist leicht. Wenn du dir selbst nicht nutzen kannst, dann tu anderen etwas Gutes. So verlierst du deinen Schwung nicht.«

    Zwei Abende später hatte Liza ihren regelmäßigen Nachtdienst am Freitag. Als ihre Pause um drei Uhr früh gerade halb vorüber war, begann ihr Palmtop zu vibrieren.
    Möchtest du bei einer Geburt assistieren?
    Die Nachricht kam von Dr.   Onyango, bei der sie auf der Entbindungsstation ein Praktikum gemacht hatte. Obwohl Empathen alle eine Weile in der Geburtshilfe arbeiten mussten, wurden sie selten zu Fällen hinzugezogen, ehe sie nicht mehr Erfahrung gesammelt und einige Weiterbildungen absolviert hatten. Geburten waren eine schwierige Sache, weil zwei Leben beteiligt waren, und es war nicht immer leicht, die miteinander verwobenen Impulse von Mutter und Kind auseinanderzuhalten. Liza schrieb sofort zurück:
Bin in 5   Minuten da
.
    »Ich war sehr erleichtert, als ich heute deinen Namen auf der Liste gelesen habe, Liza«, meinte Dr.   Onyango. »Wir haben nur eine Geburtshilfe-Empathin im Dienst, und die ist mit einer komplizierten Mehrlingsgeburt beschäftigt. Hier ist die Info: Patientin steht zwei oder drei Stunden vor der Entbindung, und alles verläuft gut, außer dass sie eine beinahe schon lähmende Angst vor der Geburt hat. Sie fürchtet sich so sehr vor Komplikationen, dass sie sie garantiert bekommen wird, wenn sie sich nicht entspannen kann. Du erinnerst dich doch noch daran, dass sich alles Gewebe entspannen und dehnen muss, damit der Kopf des Kindes auftauchen kann?«
    Liza nickte.
    »Gut. Das müssen wir hier erreichen. Ich habe die Notizen zur Patientin auf deinen Palmtop geschickt. Sieh zu, was du schaffen kannst. Ich komme in zwanzig Minuten oder

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