Liebe braucht keinen Ort
bis
ihre
Nische frei wurde. Als der Tisch zehn Minuten vor der Zeit frei wurde, setzte sie sich hin und dachte voller Vorfreude an den Tag, dervor ihr lag. Ihre Schicht fing erst um drei Uhr am Nachmittag an, und bis dahin war noch eine Ewigkeit. Sie und David konnten Hand in Hand durch die ganze Stadt spazieren. Sie konnten sich alle Zutaten für ein Picknick besorgen und ein romantisches Fleckchen finden, um zu Mittag zu essen. Sie konnten in ein Museum oder ins Kino gehen oder …
»Liza, beinahe hätte ich dich nicht gesehen!«
Liza blickte auf und bemerkte, dass Piper zu ihr herunterstarrte. Sie war die Letzte, die Liza jetzt treffen wollte! Rasch schaute sie sich um und war erleichtert, dass David noch nicht gekommen war.
»Piper. Also, eigentlich warte … « Ehe sie den Satz zu Ende sprechen konnte, hatte Piper schon ihr gegenüber Platz genommen.
»Warum hast du dir denn einen Tisch ausgesucht, der so weit hinten liegt? Ich habe dich zuerst gar nicht gesehen.« Da begriff Liza, wer den Zettel geschrieben hatte.
»Du? Du hast mir den Zettel unter der Tür durchgeschoben?«
»Ich kenne alle Anzeichen von Liebeskummer«, sagte Piper, »und die einer speziellen Art von Liebeskummer ganz besonders. Glaub mir, darin bin ich Expertin. Also habe ich mir gedacht, wenn wir miteinander reden könnten … «
Liza hatte nur bis zu dem Wort »Liebeskummer« zugehört. Ein roter Schleier der Enttäuschung und Wut legte sich über ihre Gedanken. Piper hatte die geheimsten Dinge ihres Lebens genommen und ans Tageslicht gezogen. Piper, die behauptet hatte, es täte ihr leid, sie überhaupt mit David zusammengebracht zu haben, für die das nur ein Scherz gewesen war, bewies nun, dass es ihr überhaupt nicht leidtat.
»Ich kann nicht glauben, dass du mir das antust«, sagte Liza, sprang auf und fing an, ihre Sachen zusammenzusuchen. »Hatdich dein Leben so bitter gemacht? Macht dir das hier wirklich Spaß? Was habe ich dir denn getan?«
»Nein, warte, du hast das falsch verstanden, Liza. Ich möchte dir nur helfen. Du hast nichts kapiert. Bitte.«
Liza war bereits auf dem Weg zur Tür. Ihr war nicht danach zumute, Verständnis zu zeigen. Sie blieb stehen und schaute über die Schulter zu Piper zurück. »Mir kannst du nur helfen, wenn du mich in Ruhe lässt!«, rief sie, rannte aus dem Café und zurück in die Sicherheit ihrer beiden Zimmer im Wohnheim. Erst als sie dort auf dem Bett lag, konnte sie dem wahren Grund für ihre Wut und Verzweiflung ins Gesicht sehen – dass die Nachricht nicht von David gewesen war und dass sie sich geirrt hatte, als sie glaubte, er könnte sie nicht aufgeben.
Wieder einmal stürzte sich Liza in die Arbeit. Sie freute sich besonders auf ihre Besuche bei Mrs Hart, obwohl ihr jedes Mal, wenn sie in das Haus in Hampstead kam, Veränderungen auffielen. Mrs Hart nahm offensichtlich ab und musste sich oft schwer auf Liza stützen, wenn sie mehr als nur ein paar Schritte machen wollte. Doch trotz ihres Gewichtsverlustes und der Schwäche schien Mrs Hart mehr denn je sie selbst zu sein und war immer noch mit ihren Juwelen, mit Neptuns Tränen, geschmückt, wenn sie Liza begrüßte. »Sie hängen mit so vielem in meinem Leben zusammen, weißt du«, meinte sie eines Tages, »dass es eine Beleidigung wäre, sie zu verstecken.«
Ihre Sitzungen hatten zwei Teile, die Mrs Hart als Hausaufgaben und Schwänzen bezeichnete. Während des Hausaufgabenteils unterstützte Liza Mrs Hart mit Bildern, die ihrem Körper gestatteten, sich zu entspannen und seine Reserven anzuzapfen. Was sie aber beide am liebsten mochten, war das Schwänzen. Liza saß gern in Mrs Harts Küche, und dann redeten die beidenüber alles, was ihnen gerade in den Sinn kam. Genau wie das übrige Haus schien auch die Küche eine Erweiterung von Mrs Hart selbst zu sein. Eines Tages reichte Mrs Hart Schokoladenkekse auf Tellern, die die Form von Herbstblättern hatten, und schenkte den Tee aus einer Kanne ein, die wie ein Kürbis aussah.
»Ich möchte die hier noch ein letztes Mal benutzen«, sagte sie. »Ich habe sie getöpfert, als ich mit meiner ersten Tochter schwanger war, und ich mochte sie immer am liebsten.«
Nach ihrem Entwurf für Neptuns Tränen war Ellie Harts Name so berühmt geworden – und so vom Pech verfolgt – wie die Diamanten, mit denen er für immer verbunden bleiben sollte. Niemand wollte sie mehr als Designerin einstellen, doch ihr Haus war voller wunderschöner Dinge. Liza
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