Liebe bringt die höchsten Zinsen
drängte hupend schon ein anderes Fahrzeug. Während Kathi noch überlegte, was sie machen sollte, kam Frau Zupfert angehetzt und öffnete die Schranke.
„Der Platz mit der Nr. 1 ist Ihrer."
„Und wem gehört der Porsche daneben?"
„Bitte?"
„Ein schickes Auto. Wem gehört es?"
„Ach so, dem Herrn Rottmayer", dabei sprach ihr Blick so viel wie: „Das ist doch heute alles nicht wichtig."
Sie geleitete Stefanies Doppelgängerin in das Bankgebäude. „Haben Sie die Unterlagen dabei?"
„Klar – Sie müssen sich keine Sorgen machen."
Sie stiegen die breite Treppe hinauf und näherten sich dem Saal mit den Kunden und Bankangestellten. Die Doppelflügel der Tür waren weit geöffnet. Alle Gäste hatten sich schon versammelt. Gespannt warteten sie auf die Erbin des Bankhauses.
Selbstbewusst und mit erhobenem Haupt trat Kathi in den blumengeschmückten Raum.
Rottmayer kam als Erster auf sie zu und begrüßte ahnungslos die vermeintliche Erbin: „Ich bin ja so froh, dass Sie es doch noch ermöglichen konnten. Haben Sie Ihre Erkältung gut überstanden?"
„So halbwegs. Es war zwar nicht ganz einfach, heute hierher zu kommen; aber das gehört nun mal zu meinen Pflichten."
Rottmayer trat an die Stirnseite des Saals und richtete in einer kurzen Ansprache Begrüßungsworte an die Kunden und Mitarbeiter.
Kathi spürte, wie sich alle Augen auf sie richteten. Die Bankangestellten schauten verstohlen zu ihr herüber, die Kunden unverhohlen und mit besonderem Interesse. Und ei nige Herren in dunklen Anzügen warfen einen besonders kritischen Blick auf sie.
Rottmayer fuhr in seiner Rede fort: „Wir freuen uns, dass Frau Waldenberg das Erbe ihres Vaters angetreten und heute zu diesem Empfang eingeladen hat, um Sie alle persönlich kennenzulernen. Der persönliche Kontakt ist für uns als Privatbank immer bedeutsam gewesen und so soll es auch in Zukunft sein. Nur so können wir auf Ihre ganz speziellen Wünsche eingehen – und Sie als Partner in allen finanziellen Fragen unterstützen. Ihr Erfolg ist unser Erfolg. Und so soll es auch in Zukunft bleiben."
Er wandte sich Kathi zu: „Und nun darf ich Frau Waldenberg bitten, das Wort an Sie zu richten."
Atemlose Stille herrschte. Selbst die Vorfahren auf den Ölgemälden, die in erlesene Rahmen gefasst waren und von ruhmreicher Vergangenheit zeugten, schienen verwundert. Würdevoll überschauten sie die versammelten Gäste. In ihren Augen lag das Wissen um Traditionen - und gespanntes Interesse am Ausgang des Schauspiels, das sich ihnen unten im Saale bot.
Die Spannung übertrug sich auf Kathi. Sie stellte ihr Glas auf dem Bistrotisch ab und trat unsicher nach vorne an die Stirnseite des Saals. Ihr Blick fiel auf die Anwesenden und auf die strengen Herren in den goldenen Rahmen der Ahnengalerie.
Niemand bewegte sich. Kein Laut durchdrang die Stille. Die Kellnerinnen unterbrachen ihren Service.
Auch Kathi schwieg; ihre Kehle war plötzlich wie zugeschnürt, ihre Selbstsicherheit in sich zusammengebrochen. Sie brachte kein Wort heraus, ihre Rede hatte sie vergessen – ein totaler Blackout hatte sich ihrer bemächtigt!
Alle starrten sie an.
In diesem Augenblick setzte auch noch ihr Schluckauf ein.
29. Unter Mordverdacht
Stefanie hatte aufgehört, empört zu rufen, einen Anwalt oder den deutschen Botschafter zu verlangen. Sie musste sich eingestehen, dass niemand sie hören konnte. Sie hätte platzen können vor Wut. Und plötzlich ging auch noch das Licht aus...
Sie döste müde und entsetzt vor sich hin, als sie ein Geräusch hörte. Tatsächlich: Das Eingangsschloss wurde aufgeschlossen und Schritte näherten sich ihrer Zelle. Schritte, die jedoch leiser waren als die des trotteligen Dorfpolizisten, dessen Füße lautstark über den steinigen Boden gepoltert waren.
Dann stand er plötzlich vor ihr: Daniel, hochgewachsen, von schlanker aber athletischer Gestalt, mit feinen, fast ein wenig verträumten Gesichtszügen.
Doch dafür hatte Stefanie in diesem Augenblick keinen Blick. Wütend wetterte sie auf den Ankömmling los: „Lassen Sie mich sofort raus! Ich verlange, dass ich unverzüglich mit meinem Botschafter sprechen kann!"
„Entschuldigung", versuchte Daniel sie zu stoppen. „Ich muss mit Ihnen reden und vielleicht kann ich etwas für Sie tun."
In Stefanie erwachte der Kampfgeist, der sie schon
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