LIEBE DEINEN NÄCHSTEN Noah Fitz Thriller (German Edition)
vor Kummer erfüllt flog er durch seinen Traum. Stellenweise lichtete sich der Nebel, er sah wieder sich selbst, nun war er älter, fünf vielleicht, immer noch mit der gleichen Bibel in der Hand. War er so lange im Keller eingesperrt gewesen? Das wusste er nicht mehr.
„ Na? Sind drei Wochen genug?“, hörte er die ihm bekannte Stimme. Gabriel schaute weiter mit den Augen seiner Mutter. Der betrunkene Mann erschien ihm nicht mehr so abstoßend, nein, er fühlte sich zu ihm hingezogen. Vor Behagen wurde ihm warm ums Herz. Das musste Liebe sein. Seine Mutter liebte ihren Mann, es war ihr egal, dass er sie und ihren Sohn schlug und misshandelte. Sofort verließ Gabriel den Körper seiner Mutter. Wie konnte eine Frau so eine Kreatur lieben? Ihm wurde schlecht dabei, als er diese Wärme des Verlangens in sich verspürte, als er nicht ganz willentlich im Körper seiner Mutter länger als beabsichtigt verweilte.
„Ja, Peter, er hat seine Lektion gehabt und hat daraus gelernt, stimmt's, Chrisi?“ Zwei graue Augen schauten ihn dümmlich an. Die Bretter des Kellers, die den Jungen von seinen Eltern und der Freiheit trennten, waren dunkel vor Staub und voller Spinnweben. Wie die Seele des kleinen Jungen, der hier gefangen gehalten wurde. Das Böse wob seine Stricke und verwandelte ihn zu einem Monster.
Christian schaute seinen Vater durchdringend an. Das gelbliche Licht der verstaubten Kellerlampe ließ das Gesicht seines Vaters noch boshafter erscheinen.
Urplötzlich stand der wie so oft betrunkene Mann über seiner Frau und starrte seinerseits den kleinen, eingeschüchterten Jungen scharf und voller Abscheu an. Christian senkte den Blick.
Die am Boden kauernde Frau blickte hoch zu ihrem Mann. Unterwürfig sprach sie zu ihm: „Schatz, lass ihn frei.“
„Wenn dein Sohn nicht selbst darum bittet, dann muss seine Mama ran.“ Ein ekelerregendes Grunzen hallte durch den leeren Keller. Christian drückte sich die Ohren zu. „So blöd ist der Kleine doch nicht, er will sich die Schweinereien nicht anhören, da hat er ja ausnahmsweise mal recht. Ist ja auch nur was für Erwachsene.“ Jetzt lachte auch seine Mama. „Du musst dir aber ganz viel Mühe geben, du Luder.“ Der Mann verschluckte sich fast vor Erregung.
„Du kennst mich doch.“ Sie klang freudig erregt, voller Erwartung auf etwas Besonderes. 'Es musste etwas Schönes sein' , dachte der kleine Junge damals, denn die Stimme seiner Mama war voller Liebe.
Christian wurde es speiübel.
„Ich möchte heute … du weißt ja“, die Stimme seines Vaters bebte.
„Chris, Mama und Papa gehen kurz nach oben ... Ja? Ich bin gleich wieder da.“ Auch sie klang angespannt. Sie zog sich einer Schlange gleich an ihrem Mann hoch und rieb sich mit ihrem Po an seinem Bein wie eine läufige Katze.
Ein Klaps auf den Hintern unterbrach sie, sie schnalzte mit der Zunge. „ Peter!“ Die Empörung war aufgesetzt und theatralisch. Sie schmollte wie eine Hure aus den billigen Pornofilmen. Damals kannte der kleine Junge all die Pornofilme nicht. Später umso mehr.
„Was heißt hier kurz?“ Sein Vater spielte den Beleidigten genauso schlecht wie seine Frau.
„Geht einfach! Verschwindet aus meinem Leben und lasst mich hier verrecken, lieber werde ich sterben, als weiter euer Sohn sein zu müssen!“, schrie sie der kleine Junge in Gedanken an.
„Und wenn wir fertig geredet haben ...“
„Geredet ... ?“, lachte der Mann laut, „du bist aber gut, Kleine. Gereeedet!“ Wieder dröhnte ein lang anhaltendes Lachen durch den Keller.
„Wir kommen gleich, kannst ja so lange lesen, ja? Mama hat dich lieb.“ Sie formte ihre Lippen zu einem Kuss und schmatzte laut.
Wieder ein Klaps. Nun schrie sie erneut überrascht auf. ‚Dieses Mal war es nicht gespielt, es tat wirklich weh‘, dachte Christian.
„Nun komm, dein Papa kann nicht mehr lang warten.“ Sein Ärger war ab sofort auch nicht mehr unecht. Er knurrte wie ein wildes Tier und biss seine Frau in den Nacken, sie lachte vor Vergnügen, ein bisschen Panik mischte sich in ihr Gelächter mit ein. Christian drückte noch stärker gegen seine kleinen Ohren, sodass der Druck in seinem kindlichen Ohr weh tat. Als seine Eltern weg waren, ließ er seine Hände, die sich mit einem leisen Schmatzer von den Hörmuscheln lösten, nach unten gleiten. Ein leises Pfeifen breitete sich in seinem Kopf aus. Dann wurde dieses Geräusch lauter und irgendwie nicht mehr durchgehend monoton, sondern immer wieder unterbrochen, wie
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