LIEBE DEINEN NÄCHSTEN Noah Fitz Thriller (German Edition)
sogar verlangt, miteinander zu verkehren ? Hatte es unser Gott, Vater der Allmächtige, verboten, Sex zu haben und das nur für die Menschen, die eigentlich an ihn am meisten glauben oder glauben sollten? Waren vielleicht die meisten alten Männer in Kutten und Roben nur Heuchler?“
Fragend sah Jochen seinen Vater an, so als stünde er an Stelle des kleinen Jungen, der sich verzweifelt in einem dunklen Kloster ängstigte und sich diese Fragen zu beantworten wünschte. Raphael konnte dem durchdringenden Blick seines Sohnes nicht standhalten, seine Augen verloren jeglichen Glanz, er kämpfte mit sich selbst, die Müdigkeit raubte ihm die letzten Kraftreserven.
„Ich habe nie viel vom Klosterleben gehalten, wenn's einen glücklich macht, ich könnte es nicht. Du bist der Beweis dafür.“
Raphael wusste nur zu gut, was sein Sohn damit ausdrücken wollte. Auch er, Raphael Morgenstern, hatte seinen Sohn oft allein gelassen. Sie waren nie richtig zusammen gewesen. An vorderster Stelle war zuerst seine Arbeit, dann erst kam die Familie. Sie lebten sich auseinander. Als sein Sohnemann groß wurde, sahen sie sich viel seltener als die Jahre davor. An manchen Tagen sahen sie sich gar nicht. Raphael wurde es schmerzlich bewusst, dass er seinem Sohn gefehlt hatte. Er musste sich manchmal genauso schutzlos gefühlt haben wie dieser Junge im Kloster. Auch ihn beschäftigten manchmal Fragen, die einem nur der Vater beantworten konnte, nur wie, wenn er nie für ihn da war? Tränen schimmerten in Raphaels Augen. Er schämte sich dafür, dass er seinen Sohn fast verloren hatte. Konnte denn die Arbeit wichtiger sein als die Liebe zu seinem Kind? Ging es seiner Frau deswegen so schlecht, starb sie sogar deswegen? Ein dicker Kloß schien ihn zu ersticken, er vergrub sein Gesicht in seinen klobigen Händen.
*****
Das Krankenhaus leuchtete grell in der Nacht. Das unnatürliche Weiß der Innenbeleuchtung blendete den sportlich aussehenden Beamten.
„Hallo, Kovatsch mein Name, ich bin von der Polizei.“ Sein Erscheinen war immer wirkungsvoll, die Körperhaltung bei seinem Auftreten war stets für andere Männer beispielhaft, wie bei einem jungen Sportler. Der Rücken gerade, die Schultern gestreckt. Die Männer hassten ihn dafür und taten immer so, als wäre er Luft. Die Frauen jedoch verfolgten ihn mit ihren lüsternen Blicken, bis er außer Sichtweite war, ihre Blicke spürte er mit seinem Knackarsch, pflegte er immer in einer Männerrunde zu erzählen. Die Empfangsdame im Krankenhaus würdigte ihn nur mit einem netten G uten Tag was kann ich für Sie tun- Blick, aber auch nicht mehr. Grinsend trat er an das Pult. Kovatsch wünschte sich Aufmerksamkeit von der jungen Frau vor ihm, sie war jedoch gegen seine Muskeln und seinen Charme immun.
„Ich suche nach einer Frau, die vor Kurzem hier eingeliefert wurde und bei einem Autounfall sehr schwer verletzt wurde, sie ist von einem Zeitungsteam ...“
„…gefunden worden?“, vervollständigte sie zynisch den Satz. Olaf schaute verdutzt drein. Sie überraschte ihn mir ihrer Schlagfertigkeit. Ihre Stimme war sehr weiblich, nicht nuttig, wie es bei manchen Frauen der Fall ist, wenn sie besonders hübsch sind. Also war dieser Frau ihre Schönheit nicht unbedingt egal, aber was für sie zählte, waren andere Tugenden, das bedeutete, sie hatte einen starken Charakter. Diese Art von Frauen begehrte er schon immer, leider hielten sie nichts von ihm. Warum, das wusste er nicht, vielleicht deswegen, weil er sich vor ihnen fürchtete? Die selbstbewussten, weiblichen Geschöpfe waren nicht auf der Suche nach einer schnellen Nummer, er schon. Olaf Kovatsch war ein Jäger. Schnelle Beute war sein Spezialgebiet.
„Sie interessieren sich für die Verletzte und nicht für das Team? Richtig?“ Sie klang nüchtern und rational. Sie ließ keinen Spielraum für einen flüchtigen Flirt. Olaf realisierte, dass sie nicht zu seinem Beuteschema passte. Er schwitzte an den Handflächen.
„Ja, ganz genau. Die jungen Leute von der Zeitung haben den Rettungswagen angefordert und ihr somit möglicherweise das Leben gerettet“, hörte er sich krächzen.
„Sie meinen, die Idioten haben ihr den Rest gegeben.“ Die Frau tippte irgendwas ein, so als müsse sie sich an der Tastatur abreagieren. Die Tasten klackten laut unter ihren schmalen Fingern, die flink über die abgenutzten, kaum sichtbaren weißen Buchstaben auf schwarzem Hintergrund huschten. „Die tun doch alles für eine
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