LIEBE DEINEN NÄCHSTEN Noah Fitz Thriller (German Edition)
mächtigsten Zivilisationen komplett aus. Nur das Mahnmal an die Tragödie blieb, das Hexagramm. Es ist das Rad der Ewigkeit. Es ist auch das Sinnbild für das Jahr und die zwölf Monate. Jede Spitze (äußere wie die innere) steht für einen Monat.“
„Stopp!“ Lisa schrie fast. „Suchet die Monde, wo diese nicht sind“, sprach sie die Botschaft mit zittriger Stimme nach. „Monde bedeutet auch Monate, stimmt's?“ Sie bebte vor Aufregung am ganzen Körper. „Dieser eine Satz ... na ... „ sie suchte nach den Worten. Die Müdigkeit verlangsamte ihre Denkimpulse.
„Du meinst, alle Wege führen zu Gott?“ Sie nickte ihrem Kollegen dankend zu. Michael zuckte nur leicht mit den Schultern, so als wollte er sagen: nichts zu danken.
„Es ... es ... muss etwas mit dem Davidstern zu tun haben!“ Sie griff nach Gregors Hand, als wollte sie ihn daran hindern, weiterzublättern, somit ihren Gedankengang zu unterbrechen.
„Ich denke, der Satz bezieht sich mehr auf das Pentagramm, den fünfzackigen Stern“, fügte er noch schnell hinzu, als er sah, wie Lisa die Stirn runzelte. „Es ist so, der Stern ist auch ein Zeichen für die Unendlichkeit, man kann unendlich viele Sterne ohne Unterbrechung hintereinander zeichnen.“
Lisa schaltete das neue Smartphone ein und loggte sich im Polizei-Archiv ein.
*****
Gabriels Körper zitterte vor Anstrengung. Seine Gedanken rasten, er sah wieder, wie er aus dem Kloster kam. Er war kein Kind mehr, seine Seele war kaputt. Aus einem Genie, welches er vor dem perversen Ritual war, erwachte eine Bestie, die später immer wieder an die Oberfläche aus ihm heraus kroch. Das erste Mal, als sein Religionslehrer ihn zum Nachsitzen verdonnerte und ihm im Nebenraum ... Sein Gehirn schaffte es nicht, die bis ins Mark durchdringende Erinnerung zu löschen, zu blockieren. Gabriel stöhnte, als er sich in einer dunklen Kammer stehen sah. Er sah durch die Augen seines aufgegeilten Peinigers, des Priesters, Augen, die vor Wollust glänzten. Alles schimmerte wie in den heißen Sommertagen, wenn die Straßen vor Hitze wie eine Fata Morgana einem eine Pfütze vortäuschte und die Luft erdrückend heiß war. Sein Atem verbrannte ihm seine Lungen. Er spürte die Erregung des alten Mannes, sein Körper verkrampfte sich vor Abneigung und Hass dem kranken Menschen, dieser Bestie gegenüber. Der scheinheilige Mann handelte im Namen des Herrn? Gabriel wechselte die Perspektive. Er befand sich wieder in seinem Körper, einem vierzehnjährigen Kind. Hier war die Luft, die er einatmete, eisig, und sein Herz schlug schnell. Nicht vor sexueller Erregung, es war Todesangst. Die brennende Luft verwandelte sich zum Raureif, die spiegelnden Straßen des Sommers wichen einem Eissee. Er fror. Christian hatte Angst. Er hatte bis heute noch keinem von der Nacht im Kloster erzählt. Auch nicht, warum er wieder in sein Bett machte und ständig schreiend aufwachte. Er erklärte es damit, dass er wieder an das Feuer seines Hauses denken musste und an die Schreie seiner Eltern. Dem Kinderpsychologen war es nur recht. Nun stand er da, in die Ecke getrieben wie ein kleines, schutzloses Tier.
Christian stand zitternd vor Angst in einem kleinen Nebenraum in seiner Schule. Im Internat gab es nicht genügend Klassenzimmer, also waren viele Geräte, die für Physik und Chemie gebraucht wurden, in solchen Nebenzimmern aufbewahrt worden. Die kleine Kammer glich dem vollgestopften Labor eines Alchimisten. Die Regale waren vollgestellt mit gläsernen Gefäßen und allerlei Chemikalien. Auch einige Geräte wie Strommesser standen hier, dessen Zeiger würde sich im roten Bereich befinden, wenn man ihn an Christian anschließen würde, so angespannt war er in dem Augenblick seiner Verzweiflung. Seine Zähne klapperten laut aufeinander. Seine Hände suchten nach Halt, ein alter Heizkörper bot ihm die ersuchte Gefälligkeit, die dünnen Finger verkrampften sich um das kalte, tote Stück Eisen.
„Na, komm, wir sind doch alle nicht ganz unschuldig. Wir beten danach zusammen, und alles wird wieder gut. Zehn Ave Maria, und es wird uns verziehen, ich spreche hier im Namen Gottes.“ Die Stimme des Pfarrers bebte bei dem Gedanken an den bevorstehenden Akt der Vergewaltigung eines schutzlosen Kindes. Er sabberte etwas, da er vor Wollust zu schlucken vergaß. Sein Mund verzog sich zu einer lechzenden Schnauze, er kicherte wie ein Verrückter. Sein süffisantes Lächeln verwandelte ihn zu einem hinterlistigen Bösewicht
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