LIEBE DEINEN NÄCHSTEN Noah Fitz Thriller (German Edition)
Latein? Lingual war Sebastian nie stark gewesen.
„Criminari ...“, hörte Sebastian ein ihm bekannt klingendes Wort in italienischer Sprache.
„Sie meinen, dass Gabriel sich für all die Taten vor Gericht verantworten wird? Nur er allein?“ Ein Funken Hoffnung blühte in seinem Inneren auf, nach zwei Atemzügen verwelkte die Blume des Glücks wieder und verwandelte sich zu einem Stachel des Verrats, der sich tief in sein Herz hinein bohrte. Sebastian verzog sein Gesicht, so als würde der Teufel persönlich seine Seele aus seinem Leib herauszerren.
„Ich kann es nicht.“ Es klang nicht sehr überzeugend, er glaubte ja selbst nicht dran. Sebastian konnte Gabriel, seinen Gebieter, nicht einfach so hintergehen.
Das Unvermeidliche kam, ein kalter Stahl strich sanft über seine Wange.
„Hilft es Ihnen dabei, sich für das Leben zu entscheiden? Für das Ihre und das Ihrer Tochter? Wir wollen nur das Heft und das Leben des miesen Verräters! Eines unserer ältesten Mitglieder hat für die Sache sein Leben geopfert, ihm wurden vor seinem Tod die Augen herausgeschnitten.“ Laut zischte der Mann ihm ins Ohr. Sebastian roch den Atem des Fremden, Lavendel und Weihrauch, ging es ihm durch den Kopf. Was sehr unpassend für einen Mörder war. Lavendel ist die Blume der Liebe. War vielleicht die spirituelle Liebe zu seinem Herrn stärker als Sebastians Liebe zu seinem Kind?
„Ich fahre euch dorthin …“ Trocken, wie paralysiert, kam seine Antwort. Das Blut tropfte von seinem Kinn in kleinen roten Tropfen herunter. Sebastian machte keine Anstalten, sie wegzuwischen. Etwas Kaltes umhüllte die Schnittwunde, so als hätte ihm der Eindringling eine Sprühdose ans Gesicht gehalten und den Inhalt entleert. 'Tränengas?' Der Gedanke erschreckte ihn. So blöd konnte wohl niemand sein, im Inneren des Fahrzeugs würde die ausgeströmte Gasmenge für zehn Mann reichen.
„Ist eine nette Geste von mir. Ich habe die Wunde versiegelt, dass soll Ihnen das Gefühl unserer Aufrichtigkeit vermitteln. Wir wollen nur das Beste für uns alle.“
Sebastian nickte unmerklich.
*****
Katharina befand sich in einer ausweglosen Situation.
Sie stand zwischen einem nervös wirkenden Polizisten und zwei bizarr aussehenden Menschen, die nicht unbedingt authentisch wirkten.
„Was geht hier vor?“, wisperte der Polizist, der mit dem Ganzen hier sehr überfordert zu sein schien. Man sah es auch an seiner Waffe. Der Lauf der Pistole zitterte unruhig. Er hielt die kleine Waffe auf Katharina gerichtet.
Die Hand des Gesetzeshüters, in der er die entsicherte Waffe hielt, zitterte leicht.
„Sie“, sagte er knapp. Damit meinte er die immer noch mit offenem Mund dastehende Journalistin. Der uniformierte Mann war viel kleiner als die beiden Motelbesitzer. Seine Polizei-Mütze schien ihren Halt nur auf seinen überdimensional großen Ohren zu finden, auch seine Hakennase sah aus wie der Schnabel eines Adlers, die auch für sein sonst wohl proportioniertes Gesicht viel zu groß war.
„Ja, was ist?“
Er kam ins Stocken. Katharina griff ihn verbal an. ‚ Entwaffne deinen Gegner und starte mit dem Angriff‘ , so lautete ihre Devise. „Nur, weil Sie eine Uniform tragen, und zwar eine blaue (hat die Polizei in München nicht immer noch die grüne?), was mir eigentlich auch ziemlich wurscht ist, bedeutet es noch lange nicht, dass Sie so mit mir reden können. Etwas Respekt einer Dame gegenüber wäre da schon angebracht, vor allem von einem Mann wie Ihnen, Sie sind doch das Gesetz?“ Die nächsten Fragen kamen schnell, wie aus der Pistole geschossen.
Er nickte. Noch bevor er seinen Mund aufmachen konnte, preschte sie wie eine wild gewordene Stute durch und bombardierte ihn mit unwichtigen Fragen. Sie ließ ihm keine Chance zu antworten.
„Haben Sie mich verfolgt?“ Sie klang genervt, ihre Worte klangen brüsk und abgehackt.
Der komplett überforderte Mann nickte unmerklich, als er seinen Fauxpas bemerkte, sträubte er sich, so wie es die Hähne nach einem Kampf tun, zog seinen Rücken gerade und breitete seine schmalen Schultern aus.
„Nein, doch, hier in der Nähe gab es einen Unfall! Können Sie etwas dazu sagen?“ Er sprach sehr formal, ohne jegliche Regung in seiner Stimme. ‚ Irgendetwas stimmt hier ganz und gar nicht‘ , dachte Katie. Eine kleine Nuance in der Modulation seiner Stimme verriet ihr, dass Deutsch nicht seine Muttersprache war. Er zog manche Worte in die Länge, auch dort, wo es nicht unbedingt
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