LIEBE DEINEN NÄCHSTEN Noah Fitz Thriller (German Edition)
in die andere Abteilung versetzt. Zu den Spürhunden. Er, der Verrückte, ist einer, der Dieter aus taktischem Kalkül zu denunzieren beabsichtigte, was ihm auch zum Teil gelang. Dieter brauchte lange, um sich von dem Schlag zu erholen, er arbeitete gern mit mir zusammen, wie auch ich mit ihm. Wir waren beide wie gebrandmarkt, als Loser abgestempelt. Der Mörder lachte sich ins Fäustchen, und wir waren am Boden zerstört. Dieter wurde fast suspendiert, begann zu trinken, und seine familiären Probleme häuften sich und wurden immer komplizierter. Wahrscheinlich hatte Dieter dem ‚Mädchenmetzler‘ auf den Schlips getreten, auf diese Weise rächte sich dann der Typ an meinem früheren Partner.“
Lisa kam sich langsam fremd und deplatziert vor, sie riss offenbar eine Wunde ihres Kollegen wieder auf, die nie vollständig verheilt war. Oder half sie ihm, gerade jetzt darüber hinwegzukommen?
Zu einem professionellen Psychotherapeuten war Raphael nie gegangen.
Raphael fasste sie am Knie, sein Griff war alles andere als zärtlich. Es war kein liebkosender Anmach-Versuch.
„Holzauge, sei wachsam.“ Wie durch ein Kissen drang seine Stimme bis zu ihrem Unterbewusstsein hindurch. Er riss sie grob aus dem Nirvanazustand heraus, indem er ihr Knie als eine Art Hebel benutzte und es hin und her wackelte. „Du bist mir viel lieber als der alte Hund, er ist dort gut aufgehoben, konnte seine schlauen Sprüche sowieso nie leiden. Etwas Gutes hat die ganze Verwirrung der Realität dann doch noch mit sich gebracht: Ich bin jetzt derjenige, der Entscheidungen treffen darf, dazu noch habe ich zum ersten Mal in meinem Leben eine hübsche Frau an meiner Seite, die auf mich hört.“ Er grinste. Er wollte seine Partnerin erheitern, sie war ja schließlich selbst schuld an ihrem Dilemma, keiner zwang sie zu dem Ein-Mann-Verhör. Glück fühlte sich sehr schlecht und verzog beleidigt ihre Mundwinkel. Sie musste aber auch gleichzeitig gegen ein Lächeln ankämpfen, das immer stärker wurde. Ihr Kollege und Freund mochte sie, und seine Worte waren nicht gelogen. Sein schelmisches Ein-Mundwinkel-Lächeln beglaubigte das Gesagte. Er meinte es ernst, das wussten die beiden. Morgenstern zog sie an sich, Lisa gab ohne Widerstand seiner Bewegung nach, ließ sich von ihm einen väterlichen kratzigen Kuss auf die Wange drücken und richtete sich dann in ihrem bequemen Sitz wieder auf. Ihre Augen schimmerten leicht, es waren Tränen der Freude.
'Sind seine Gefühle denn wirklich nur kumpelhaft mir gegenüber? Er ist sechsundvierzig, ich achtundzwanzig, es gibt bestimmt ungünstigere Konstellationen, die dennoch gut funktionieren.'
Sirenengeheul zerstörte die prickelnde Stille.
Mehrere Feuerwehr- und Krankenwagen, gefolgt von der Polizei, die aus allen Richtungen, die Verkehrsvorschriften missachtend, sich zu einem Ganzen formierten und in einem Konvoi allem Anschein nach die gleiche Route wie die beiden beurlaubten Kommissare einschlugen.
„Sagt bloß, ihr fahrt alle schön Pizza essen?“ Es sollte kein Witz sein, Raphaels Miene war alles andere als erheitert. Das Gaspedal bis zum Boden durchdrückend und das Lenkrad fest umklammernd, bis die Knöchel weiß hervortraten, trieb er den Wagen durch die Straßen von München, beide wurden durch die rasante und aggressive Fahrt in ihre Sitze hineingepresst. Raphael kannte sich hier sehr gut aus, jede noch so kleine Gasse wurde als Abkürzung benutzt. Menschen flogen fluchend auseinander, sogar eines der Menüschilder wurde brachial zur Seite geschleudert. Als plötzlich von einem Passanten von der gegenüberliegenden Seite der schmalen Gasse eine Tür aufgestoßen wurde, Raphael konnte noch im letzten Moment mit einem gefährlichen Schwenker ausweichen, schrie Glück vor Schreck auf. Lisa schloss ihre hübschen Augen, so als könnte sie dadurch die Gefährlichkeit seines brutalen Fahrstils besänftigen. Als ihr davon schwindlig wurde, versuchte sie, das selbstmörderische Vorankommen mit offenen Augen über sich ergehen zu lassen. Eine Säule aus Rauch diente ihnen als Wegweiser. Die beiden wussten, dass es Grazianos Pizzeria war. Hoffentlich lebte er noch, den Gedanken teilten sich die zwei Beamten gleichermaßen.
Der Ort des Geschehens wurde brav von den Schaulustigen bewacht und okkupiert, die vielen hier versammelten Menschen machten das Erreichen des Restaurants fast unmöglich. Die Feuerwehr musste sich durch den Pulk hindurchzwängen, die Polizei leistete Unmögliches, nach einem
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