LIEBE DEINEN NÄCHSTEN Noah Fitz Thriller (German Edition)
Fahrerseite und fuhr einfach geradeaus weiter. So, als wäre er der Leitwagen eines Konvois.
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Vor zwei Stunden:
Es war wieder einer der vielen Tage in der Redaktion. Andreas Brosch hasste seinen Job und sein Leben. Er hatte schon zwei Selbstmordversuche hinter sich. Beim ersten Mal wollte er sich bis zur Besinnungslosigkeit betrinken, um sich am späten Abend vor die U-Bahn zu werfen. Beim zweiten Mal wollte er sich mit Medikamenten vergiften. Alles, was er in seinem Leben tat, war nie so, wie er es sich vorstellte. Andreas erhielt nie das gewünschte Ergebnis. Als er sich betrank und die Treppe zur U-Bahn nahm, stolperte er über den Rucksack eines Obdachlosen, wofür er vom Besitzer der Habseligkeiten kräftig verprügelt wurde. Sein linkes Bein musste mit zehn Stichen genäht werden, seit jenem Tag schmückten vier Zahnabdrücke eines vierbeinigen Freundes dieses Bein. Es war ein Rottweiler. Wie es dazu kam, dazu konnte Andi keine vernünftige Aussage machen. Er erinnerte sich an den für ihn sehr demütigenden Abend nur schemenhaft. Zum Glück waren die nachtaktiven, stark beschwipsten, eigentlich intelligenten Säugetiere, die sich als Mensch bezeichneten, einigermaßen nüchtern genug, den Notarzt von seinem Handy aus zu rufen, als Finderlohn nahmen sie sein Portemonnaie samt dem Handy und die noch halbleere Flasche Whisky mit. Mit den Tabletten war es noch schlimmer gewesen. Er klaubte alle Tabletten, die seine Mutter bei sich hatte, zusammen, und ging ins Badezimmer. Obwohl er schon über vierzig war, lebte er noch bei seiner Mama, eine Freundin hatte er noch nie gehabt. Zumindest nicht so richtig. Nur einmal war er mit einer Frau zusammen gewesen. Er hatte mit ihr sogar Sex. Als er heimlich über ein Jahr gespart hatte, ging er in ein Bordell. Er kam ziemlich schnell, auch wenn die Frau nichts anderes mit ihm gemacht hatte, als er es selbst mit sich jeden Tag auf der Toilette tat. Ziemlich schnell waren einige Scheine für immer weg, nichts als ein bedrückendes Schamgefühl seiner Mama gegenüber blieb zurück. 'Weiber sind teuer', seine Mutter hatte in allem recht. Also nahm er die Tabletten, ließ die Badewanne voll laufen und schluckte die bunten Pillen hinunter. Nach nur wenigen Minuten meldete sich sein Magen. Bevor er noch aus dem Wasser war, entspannte sich sein hinterer Ausgang, die ganze Brühe lief in das warme aufgeschäumte Nass hinunter und färbte es khakibraun. Bei dem ekelerregenden Anblick übergab sich Andi und kotzte den Rest seines Mageninhalts in das blitzeblank polierte Waschbecken. Als er die ganze Schweinerei wegzuwischen versuchte, rutschte er auf dem nassen, voll bespuckten und mit Fäkalien beschmutzten weiß gefliesten Boden aus. Als er mit dem Kopf das Klo pikiert hatte, verlor Andreas für einige Minuten das Bewusstsein. Seine Mutter schimpfte ihn einen Hornochsen und ließ ihn alles zweimal aufwischen. Danach konnte er ihr eine Woche lang nicht in die Augen schauen, es war ihm sehr peinlich gewesen.
Brosch ging zur Arbeit, um dem jämmerlichen Alltag mit seiner Mutter zu entkommen. Er liebte seine Mama sehr, Andreas hatte ja sonst niemanden.
Seine Aufgabe bei der Zeitung bestand darin, die Texte seiner Kollegen durchzulesen und die noch nicht fertigen Manuskripte zu korrigieren. In seiner Freizeit verschlang er massenweise Bücher jeglicher Art und futterte dazu Süßigkeiten und Cola. Ein elektronisches Gerät durfte er nie besitzen, seine Mama meinte, er könnte sich damit die Augen verstrahlen und dadurch Augenkrebs bekommen. Jetzt saß er wie jeden Tag an seinem Arbeitsplatz und korrigierte eine Annonce für irgendeine Veranstaltung. Das Einzige, was er im Leben besaß, worauf er stolz war, war sein alter Geländewagen. Obwohl der Niva schon ziemlich in die Jahre gekommen war, sah sein Lack wie bei einem frisch polierten Neuwagen aus, auch im Inneren herrschte stets Ordnung. Andreas hackte im Zehnfingersystem den kurzen Text schnell ein. Die Korrekturfunktion benutzte er nie, seine sprachliche Begabung verhalf ihm auch zu seinem momentanen Job, was ihn gut über die Runden brachte. Wie gerne würde er einen eigenen Text verfassen, egal zu welchem Thema, musste ja nicht unbedingt eine Sensation sein. Etwa die Neueröffnung eines Einkaufszentrums oder so ähnlich, ihm würde auch etwas so Banales wie Hundekot in der Fußgängerzone reichen.
„Herr Brosch, hier ist ein Paket für Sie“, sagte eine junge Dame, die seit letzter Woche ein Praktikum
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