LIEBE DEINEN NÄCHSTEN Noah Fitz Thriller (German Edition)
etwas, es herrschte Totenstille. Erschrocken fuhr sie zusammen, als Michael weitersprach: „Der mir unbekannte Verrückte sagte, er würde, wenn er mit euch fertig ist, mit meiner Familie weitermachen, falls ich mich nicht da raushalte. Es tut mir leid. Ich hege keinen Groll gegen euch, aber ich muss jetzt vorsichtiger sein.“ Es waren seine letzten Worte, er legte auf, jetzt wurde die Leitung tatsächlich unterbrochen.
Da sie auf Laut gestellt hatte, musste sie Morgenstern nicht alles noch einmal wiederholen. Raphael kaute nachdenklich auf seiner Unterlippe und fuhr steineschleudernd zu sich nach Hause.
„Hatte er nicht gesagt, er hätte das Handy im Leichenschauhaus vergessen?“ Lisas Stimme zitterte leicht. Ihr behagte das Gespräch nicht.
Raphael zuckte nur mit den Schultern. Morgenstern schaute desinteressiert durch die Windschutzscheibe, als er das nächste Rotorgeräusch vernahm.
„Woher wissen die Hubschrauber, wo sie landen müssen, falls sie einen in den Bergen verschütteten Skifahrer retten wollen? Die Berge haben doch keine Adressen.“ Lisa wollte nur ein bisschen die trübe Stimmung lockern, etwas Besseres fiel ihr auch nicht ein.
„Wie können die Hubschrauberpiloten sich überhaupt in dem Weiß der Berge zurecht finden?“, sprach sie jetzt, wie ein Kind gestikulierend, und machte mit ihren schmutzigen Fingern eine kreisende Bewegung über der Flasche, die sie symbolisch, einem Berg gleich, zwischen ihren Beinen hielt.
„Koordinaten.“
„Hm?“ Lisa verstand ihren Partner nicht sofort.
„Sie benutzen Koordinaten. Woher die Piloten wissen, wo sie zu landen haben, das weiß ich auch nicht“, wiederholte er trocken, ohne jegliche Intonation. 'Das ist seine Art, mir zu zeigen wie blöd ich manchmal sein kann' , dachte sie.
„Sag 's noch mal, na los, nur mit Bezug auf die erste abgetrennte Hand.“ Ausnahmsweise war es Morgenstern, der nicht schlecht aus der schmutzigen Wäsche schaute.
„Okay, jetzt sind wir quitt. Was meinst du mit deinem geheimnisvollen Satz...?“ Raphael machte einen gefährlichen Schlenker, der sofort von dem Gegenverkehr hupend begleitet wurde, als er seiner Partnerin anerkennend ins Gesicht schaute. Seine Augen füllten sich mit dem Licht der Erleuchtung, an seinem Gesicht konnte man sehen, wie sein Verstand arbeitete. Die Andeutung, die seine Partnerin gemacht hatte, wurde zu einem klaren Satz und zu einem leitenden Faden. Endlich hatten sie etwas, das sie weiter bringen würde. Wie ein Blitz traf ihn die Erkenntnis.
Er haute vor Freude mit der Faust gegen das Lenkrad.
„Frau Glück, Sie sind ein Genie. Geht dein Ding?“ Lisa nickte zustimmend, da sie wusste, was er mit ‚das Ding‘ meinte. Sie grinste breit, sie hatte, ohne es beabsichtigt zu haben, die Botschaft des Mörders erkannt.
„Zahlen alleine bringen aber nichts“, sagte sie resigniert, da sie es schon davor tausendmal ausprobiert hatte, und alles ohne Erfolg.
„Schreib Koordinaten dazu, ich meine das Wort Koordinaten selbst. Dann tippst du die Zahlen paarweise ein.“ Raphael lugte kurz in ihr Telefon und zog automatisch am Lenkrad gefährlich nach rechts, das Gefährt wurde sodann brachial von der Bordsteinkante begrüßt, der Wagen ruckte unsanft, das Telefon flog Lisa fast aus der Hand.
„Scheiße“, war alles, was der Kommissar zu seiner Verteidigung zu sagen hatte.
„Hauptstadt von Bulgarien“, sagte Fräulein Glück leicht triumphierend, sie hielt ihrem Kollegen die erschienene Information vor die Nase. Raphael hatte keine Lust mehr, den Wagen weiter zu ramponieren, darum winkte er mit seiner Hand, so als würde er ein ihm lästiges Insekt wegscheuchen. „Wie heißt sie denn, Geographie war noch nie meine Stärke, ich weiß nur, dass Budapest es nicht ist.“
„Sofia, die Hauptstadt ...“ Weiter kam sie nicht.
„Sofia Rache“, murmelte Raphael. „Sofia Rache“, wiederholte er nochmal, so als würde er etwas auswendig lernen. „Sofia Rache war das letzte Mädchen, das am brutalsten vergewaltigt wurde. Anschließend zerstückelt und so, als wäre sie nur eine Puppe, auf einem Feld mit weit ausgebreiteten Gliedmaßen hin drapiert und mit Blumen geschmückt. Rache, könnte ein zweideutiger Hinweis auf den Mörder oder sein Vorhaben sein.“
„Was will er aber damit bezwecken? Will er sich an uns rächen oder uns als Werkzeug bei seinem Racheakt benutzen?“
„Das gilt es nun herauszufinden. Eins wird mir aber ein Rätsel bleiben, bis ich es natürlich
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