LIEBE DEINEN NÄCHSTEN Noah Fitz Thriller (German Edition)
war, kannte er das Vaterunser noch aus seiner Kindheit. Seine Oma sagte immer: 'Jeder braucht seinen Gott, der einen an das Gute im Leben glauben lässt und einem immer zur Seite steht. Gott hat viele Namen, doch es ist immer der gleiche, zu dem wir sprechen.' Jetzt erst verstand Jochen, was sie damit meinte. Sein Gott war die Hoffnung auf das Leben.
„Geheiligt werde dein Name ...“ Wieder leuchtete das rote Lämpchen.
*****
Im Wald herrschte das absolute Durcheinander. Die Beamten waren wie vor den Kopf gestoßen, alle liefen durcheinander, jeder fürchtete sich vor einer nächsten Falle.
David stand wie angewurzelt da. Dieter war nicht mehr aufzufinden. Was sollte er nur tun? Der Herr von der Staatsanwaltschaft war auch weg. Er entschied sich, den Tatort erneut zu sichern, nicht dass noch mehr Menschen sich verletzten. Danach erst rief er bei Seehoffer an und schilderte ihm die gesamte Situation, die aus dem Ruder zu geraten schien. Alles würde den Bach runter gehen, falls niemand eingriff. Seehoffer versprach, Verstärkung zu schicken. David bedankte sich, in seinem kurzen Leben als Polizist hatte er zu wenig Erfahrung bei solch prekären Ausnahmezuständen wie dem heutigen.
*****
Der nächste Tatort unterschied sich von dem letzten in allem. Es war kein Wald mehr, es gab keinen Schutz, um sich zu verstecken, es war ein Feld. Die Täter mussten schnell gehandelt haben, um sich des leblosen Körpers entledigen zu können. Raphael vermutete, dass nicht die Umgebung, sondern der Ort an sich für den Mörder entscheidend war. Was wollte er damit bezwecken?
„Abend, die Herren“, grüßte Raphael die Männer von der Spurensicherung, die sich um die tote Frau bemühten. Auch die Rechtsmediziner waren schon anwesend und entnahmen fleißig Proben, hin und wieder blitzte es auf. Der Tatortfotograf gab sein Bestes. Die Leute von der Spurensicherung tüteten alle Beweise emsig ein.
„Gibt es irgendwelche neuen Erkenntnisse auf den Täter? Etwas, das uns Hinweise zu seinem Motiv verrät?“ Raphael starrte auf die tote Frau. Sie lag nackt in einer nicht sehr tiefen Grube.
„Die Frau wird seit mehr als drei Tagen tot sein müssen, schätze ich“, sagte einer der Männer unvermittelt, ohne sich von der Arbeit ablenken zu lassen. Die künstliche Vertiefung, die von Menschenhand geschaffen wurde, war frisch, sowie auch die Leiche, die übelst zugerichtet war. Unzählige Schnittwunden verliehen dem abscheulichen Anblick einen Hauch von etwas nicht Realem. „Ich bin hier fertig“, meldete sich einer der Forensiker.
„Ich bin auch soweit“, hallte fast wie ein Echo die Stimme des Fotografen.
Zwei Männer in Schutzanzügen hoben die Leiche, die von der frischen Erde leicht zugedeckt war, aus dem Grabloch heraus. Sie legten die Tote auf eine Plane, mit dem Gesicht nach unten.
Drei rote Zahlen starrten die Beamten an, die grotesk und unrealistisch in der Abenddämmerung, grau vor Staub, von Blut durchtränkt, in das weiße Fleisch eingeschnitten waren.
Ein Windstoß wirbelte die trockene Erde auf. Raphael musste dabei blinzeln, denn einige Staubkörnchen flogen ihm wie auch anderen Polizisten in die Augen.
'Die Zahl des Tieres, die ist menschlich' , erklang es leise in Raphaels Kopf. Er rieb an seinen Augen, um das Bild klarer sehen zu können. Seine Augen tränten, erst nach einigen Augenblicken wurde die Umgebung wieder klarer.
'Folge dem Stern, er zeigt auf das Kind' , dies war die Botschaft der Bestie gewesen. Bestie, das war der Name des Tieres.
„Wie heißt das Tier auf Latein? Latein ist die Sprache der Toten, stimmt's?“ Raphael war erregt, ein Gedankenblitz erfüllte ihn mit neuer Kraft, all seine Müdigkeit verschwand, so als hätte jemand ihm das Leben neu eingehaucht. Er faltete seine imaginären Flügel wie ein frisch geschlüpfter Schmetterling, der zuvor noch in einem engen Kokon eingezwängt saß und jetzt zu neuem Leben erwachte.
„Bestia“, sagte einer von den Rechtsmedizinern unsicher.
„Verbum?“, fragte Raphael den verdutzten Mann, der im Moment nichts verstand.
„Wort?“, erwiderte der gleiche junge Mann mit fragender Miene. Das Ganze glich einem unbekannten Wortspiel. Lisa hörte sehr interessiert zu, der schnelle Wortwechsel hörte sich spannend an.
„Untergang, Tod?“ Raphael schwitzte vor Aufregung, als er die Worte aussprach.
„Obitus.“
Morgenstern drehte sich abrupt um, es war Lisa, die ihrem Freund helfen wollte,
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