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Liebe deinen nächsten

Liebe deinen nächsten

Titel: Liebe deinen nächsten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Maria Remarque
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Dank.«
      Sie horchten, bis er unten war. Dann zogen sie ihre nassen Sachen aus und legten sie auf das Heu. Sie kramten ihre Nachtsachen aus den Koffern und fingen an zu essen. Sie waren sehr hungrig.
      »Wie schmeckt es?« fragte Kern.
      »Wunderbar.« Ruth lehnte sich an ihn.
      »Wir haben Glück, was?«
      Sie nickte.
      Unten schloß der Bauer ab. Der Heuboden hatte ein rundes Fenster. Sie hockten sich daran und sahen den Bauern fortgehen. Der Himmel war klar geworden. Er spiegelte sich im See. Der Bauer ging langsam über die abgemähten Felder, mit dem bedächtigen Schritt von Menschen, die der Natur täglich nahe sind. Außer ihm war niemand zu sehen. Er ging allein über die Felder, und es schien, als trüge er auf seinen dunklen Schultern den ganzen Himmel.
      Sie saßen am Fenster, bis die farblose Stunde vor der Nacht alles Licht grau machte. Das Heu wuchs hinter ihnen im Spiel der Schatten zu einem phantastischen Gebirge. Sein Geruch mischte sich mit dem Geruch von Torf und Whisky, den die
      Schafe ausströmen. Sie konnten sie durch die Bodenluke sehen; -undeutliches Gewimmel von flockigen Rücken mit vielen kleinen Lauten, das allmählich ruhiger und stiller wurde.
      Am nächsten Morgen kam der Bauer und schloß den Stall auf. Kern ging hinunter. Ruth schlief noch. Ihr Gesicht war gerötet, und sie atmete hastig. Kern half dem Bauern die Schafe austreiben.
      »Können wir wohl einen Tag hierbleiben?« fragte er. »Wir wollen Ihnen gern dafür helfen, wenn es geht.«
      »Zu helfen ist da nicht viel. Aber Sie können ruhig hierbleiben.«
      »Danke.«
      Kern erkundigte sich nach Adressen von Deutschen in der Stadt. Der Ort stand nicht auf Binders Liste. Der Bauer nannte ihm ein paar Leute und beschrieb ihm, wo sie wohnten.
      Kern ging nachmittags, als es dunkel wurde, los. Er fand das erste Haus sehr leicht. Es war eine weiße Villa, die in einem kleinen Garten lag. Ein sauberes Hausmädchen öffnete die Tür. Es führte ihn sofort in einen kleinen Vorraum, anstatt ihn draußen stehenzulassen. Gutes Zeichen, dachte Kern. »Ist Herr Ammers zu sprechen? Oder Frau Ammers?« frage er.
      »Einen Augenblick.«
      Das Mädchen verschwand und kam dann wieder. Es führte ihn in einen Salon mit neuen Mahagonimöbeln. Kern wäre fast gefallen, so glatt war der Boden gebohnert. Auf allen Möbeln lagen Spitzendecken.
      Nach einer Minute erschien Herr Ammers. Er war ein kleiner Mann mit weißem Spitzbart und sah teilnahmsvoll aus. Kern entschloß sich, von den zwei Geschichten, die er auf Lager hatte, die wahre zu erzählen.
      Ammers hörte ihm freundlich zu. »Also Sie sind ein Emigrant ohne Paß und ohne Aufenthaltserlaubnis?« sagte er dann. »Und Sie haben Seife und Haushaltssachen zu verkaufen?«
      »Ja.«
      »Gut.« Ammers erhob sich. »Meine Frau kann sich Ihre Sachen einmal ansehen.«
      Er ging hinaus. Nach einiger Zeit kam seine Frau herein. Sie war ein ausgeblichenes Neutrum mit einem Gesicht von der Farbe zu lange gekochten Fleisches und blassen Schellfischaugen.
      »Was haben Sie denn für Sachen?« fragte sie mit zimperlicher Stimme.
      Kern packte seine Dinge aus. Es war nicht mehr allzuviel. Die Frau suchte hin und her, sie betrachtete die Nähnadeln, als hätte sie nie vorher welche gesehen, sie roch an der Seife und probierte die Zahnbürste auf dem Daumen; – dann fragte sie nach den Preisen und beschloß endlich, ihre Schwester zu holen.
      Die Schwester war eine Zwillingsausgabe der Frau.
      Der Spitzbart Ammers mußte, so klein er war, ein eisernes Regiment im Hause führen, denn auch die Schwester war wie ausgelöscht und hatte eine geduckte, ängstliche Stimme. Die Blicke beider Frauen gingen alle Augenblicke zur Tür. Sie zögerten und zauderten, so daß Kern endlich ungeduldig wurde. Er merkte, daß die Frauen sich doch nicht entschließen konnten, und packte seine Sachen zusammen. »Vielleicht überlegen Sie es sich bis morgen«, sagte er. »Ich kann ja noch einmal wiederkommen.«
      Die Frau sah ihn wie erschrocken an. »Wollen Sie vielleicht eine Tasse Kaffee?« fragte sie dann.
      Kern hatte lange keinen Kaffee mehr getrunken. »Wenn Sie gerade einen da haben.«
      »Ja, doch! Sofort! Einen Augenblick.«
      Sie schob sich hinaus, ungeschickt wie eine schiefe Tonne, doch schnell. Die Schwester blieb im Zimmer. »Ganz gut, eine Tasse Kaffee jetzt«, sagte Kern, um etwas zu sagen.
      Die Schwester gluckste ein Lachen

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