Liebe Dich Selbst Und Es Ist Egal, Wen Du Heiratest
unweigerlich zu einer langsamen Austrocknung der Partnerschaft oder zu wachsendem Gezänk. Früher oder später steht bei vielen die Trennung ins Haus.
Die große Sackgasse »Sexualität« ist meiner Erfahrung nach die Kernspaltung aller Partnerschaften. An ihrem ausweglosen Ende beginnen fast alle Scheidungen. Trennungen von Tisch und - vor allem - Bett lösen aber so wenig wie die darauf folgenden Beziehungen das eigentliche Problem. Über kurz oder lang meldet sich die innere Rastlosigkeit zurück, geht die Suche nach einer Möglichkeit weiter, Sex und Herz miteinander zu verbinden, unsere eigene Liebe auch
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körperlich auszudrücken. Eine Suche, die aus einer tiefen, urmenschlichen Sehnsucht gespeist wird und uns überall einholt. Eine Sehnsucht, die uns in jedem Winkel unserer Bequemlichkeit, Konvention und Moral aufspürt, die auf Dauer stärker ist als all unsere Anfangseuphorie bei neuen Partnern und die auch von pornografischer Schwelgerei und sexuellen Fantasien nicht gestillt werden kann. Eine Sehnsucht, die uns an das erinnert, wonach es uns eigentlich verlangt: Uns, so wie wir sind, einem anderen Menschen ganz zu geben - und einen anderen Menschen, so wie er ist, ganz zu lieben.
Die große Sackgasse Sexualität
So irren wir alle herum, überprüfen unsere Frequenzen, unsere Praktiken und unsere Partner. Aber kaum jemand erlebt die eigentliche, tiefe nährende Verbindung der körperlichen Liebe oder kennt gar ihre kraftvolle spirituelle Dimension. Wenn es um Sexualität geht, tut meiner Erfahrung nach fast jeder gut daran, von vorne zu beginnen. Geradezu befreiend wäre es, würden wir uns gegenseitig eingestehen, dass wir vielleicht nichts wissen, oder dass all das, was wir wissen, uns nicht dahin führt, wonach wir uns sehnen. Wenn wir uns dies trauen, könnten wir unserem Partner wieder ehrlich und unschuldig begegnen; könnten uns ihm körperlich wieder öffnen und heilen.
Ein Prozess, über den uns in unserer Gesellschaft, in unseren Medien und in unserem Schulsystem kaum jemand etwas lehrt.
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Unser allgemeiner Wissensmangel, was die körperliche Liebe angeht, ist groß. In unserer westlichen Welt über den natürlichen Fluss der Liebe in unseren Körpern zu reden ist, als ob man in der Wüste vom Schnee erzählt. Junge Menschen bekommen technisch physische Aufklärung, nach der sie sich dann allzu oft vergeblich abstrampeln auf der Suche nach wahrer Intimität und Nähe. So machen wir heute immer leichter, immer früher, immer vielzähligere sexuelle Erfahrungen - die immer leichter, immer früher zu immer vielzähligeren unausgesprochenen Unsicherheiten, Ängsten und Schamgefühlen führen. Statt ihre Sexualität als die eigentliche natürliche Lebenskraft zu erfahren, wachsen in vielen jungen Menschen Zweifel und Misstrauen dem eigenen Körper gegenüber. Dies alles bleibt meist unverarbeitet, wie ein innerer Schatten, in unseren Körpern erhalten - und wird später im Leben bei jedem Versuch, körperlich zu lieben, immer wieder aktiviert. Meist ahnen wir von all dem nichts, fühlen uns erkaltet, frigide, impotent oder süchtig nach immer neuen Liebesabenteuern.
Wir wollen alles und fühlen nichts
Unser Liebesleben bewegt ich im großen Spagat zwischen
»supergeil« und »keine Lust«. Es wird Sie vielleicht überraschen, aber das eine ist so wenig nährend und erfüllend wie das andere. Haben wir keine Lust mehr, fühlen wir uns taub und tot, dann ist uns meist das Herz gebrochen worden. Irgendwo unterwegs auf unserem Weg zur körperlichen Lust 164
und Liebe sind durch Besitzdenken, Eifersucht, Aufopferung, Gier, Misstrauen oder Verrat unsere Träume von Sex und der wahren Liebe zerstört worden. Wir ziehen uns Stück um Stück von unserem körperlichen Empfinden zurück, schneiden uns von unserer Sexualität ab oder verurteilen sie sogar. Aber auch wenn wir unseren Schmerz verdrängen und unsere tiefe Sehnsucht nach körperlichem Geliebtwerden verleugnen, behält der Sex dennoch seine Macht. Er begegnet uns dann einfach nur im Schatten. Einer der bevorzugten Schatten ist unser Partner.
Während wir unsere Lust verbannen, dreht sich bei ihm alles um Sex: Er will immer, er träumt immer davon, er kann immer. Und wenn er nicht darf, dann geht er eben immer: auf Partys, in Bars, auf Internet-Seiten, in Peepshows oder Bordelle.
Wenn wir unsere Sexualität kontrollieren, ohne dass uns auf den ersten Blick ein lüsterner begieriger Schatten im Innen oder im Außen begegnet, dann
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