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Liebe die bleibt

Liebe die bleibt

Titel: Liebe die bleibt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Sanders
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eintraf. Es duftete nach Weihnachtsplätzchen, nach Räucherstäbchen, Tannennadeln, frischgebrühtem Kaffee und selbstgebackener Stolle, als mir meine Mutter die Tür öffnete und mich in die Arme schloss. Mein Vater war gerade dabei, den Tannenbaum für das Wohnzimmer aufzustellen.“
    Tibor schaute kurz durch den Spiegel und unterbrach mich nicht.
    „Mein Vater erklärte mir aber, dass die Lichterkette ihren Geist aufgegeben hatte. Typisch für meine Eltern, dass sie keinen Schuldigen suchten, einer von beiden hatte den elektrischen Draht wohl ruiniert. Aber sie machten sich nie Vorwürfe, die beiden. – Dass sie gleich wiederkommen, riefen sie mir zu, während ich mich über Mutters Stollen hermachte, die Reifen ihres Autos knirschten durch den Schnee.“
    Ich stockte, Tibor schien seine Schultern zu verkrampfen.
    „Zwei Stunden später öffnete ich nicht meinen Eltern, sondern zwei Polizeibeamten die Tür. Sie sahen bedrückt aus. Sie teilten mir mit, dass meine Eltern einen schweren Unfall hatten. Mein Vater wollte einem Hindernis auf der Straße ausweichen, kam von der Fahrbahn ab und war frontal auf einen Lkw gekracht. Er war sofort tot. Meine Mutter wurde schwerverletzt ins Klinikum eingewiesen. Sie war nicht bei Bewusstsein, als ich eintraf. Am nächsten Tag kam sie ganz kurz zu Bewusstsein, sie lächelte mich an, drückte meine Hand… Und wissen Sie was sie zu mir sagte? Sie sagte: ‚Wir sind von der Straße abgekommen.‘ – ‚Wir‘… als hätten sie das Auto gemeinsam gelenkt. Sie lächelte, bevor sie die Augen für immer schloss. Da habe ich begriffen, was es heißt zu lieben, was Liebe bedeutet: Liebe heißt w-i-r!
    „Ja“, antwortet Tibor mit fühlend. „Liebe ist ein ICH, welches ein DU braucht, um ein WIR zu werden!“
    Ich nicke schluchzend und bitte mit tränenerstickter Stimme um eine kurze Pause.
    Tibor reicht mir ein Taschentuch nach hinten, ich nehme es wortlos an, versuche, gegen die Erinnerung anzukämpfen, meine Tränen zu unterdrücken. Vergeblich.
    „Weinen Sie Leila… Weinen Sie… bitte…“
    „Ja, gern… sehr gern… wenn Sie wollen… Sie das nicht stört… nicht vom Fahren ablenkt…“
     
    „Darf ich eine Zigarette rauchen?“, frage ich einige Minuten später.
    „Wir können eine Pause machen, wenn Sie wollen, einen Kaffee trinken“, schlägt Tibor vor.
    „Sehr gern, ein Kaffee ist genau das, was ich jetzt brauche“, erwidere ich zufrieden, beinahe erlöst. Das Weinen hat mir gutgetan, stelle ich fest.
    An einer Tankstelle halten wir an. Zwei Minuten später lehnen wir mit je einem Becher Kaffee in der Hand am Auto, nippen an unserem Getränk und rauchen schweigend.
    Auch das Schweigen tut mir gut, denke ich.
    „Mit Ihnen kann man auch gut schweigen“, spreche ich meine Gedanken aus, ohne Tibor dabei anzusehen.
    Tibor bedankt sich.
    „M it jemanden gern zu schweigen, ist ein größeres Kompliment, als mit jemanden reden zu können“, sagt er nachdenklich. „Es ist intimer als das viele Reden“, ergänzt er überzeugt.
    Ich nicke zustimmend, wobei ich nachdenklich den Rauchkringeln von Tibors Zigarette folge, die wie kleine Heiligenscheine in der Luft schweben und sich langsam auflösen.
    „ Wollen wir wieder reden?“, frage ich.
    Ohne ein Wort zu sagen, nimmt mir mein Begleiter den Pappbecher ab und entsorgt ihn im Papierkorb. Dann steigen wir wieder ins Auto.
    „Wo war ich stehengeblieben?“, will ich wissen, als wir unsere Fahrt fortsetzen.
    „Als Sie durch das Verhalten ihrer Eltern begriffen haben, was Liebe bedeutet.“
    „Ja, stimmt“, seufze ich leise, nutze die Gedankenstütze, um mich zu sammeln.
    „Eine Woche nach dem Unfall habe ich meine Eltern beerdigt “, beginne ich meine Geschichte weiterzuerzählen. „Ich habe den Hausstand aufgelöst, alles verkauft. Die neue Einrichtung, die sich meine Eltern ein paar Wochen zuvor zugelegt hatten. Die nagelneue Einbauküche, die Wohnzimmermöbel, das neue Schlafzimmer, die Dinge eben, die mir nichts bedeuteten, auch das Auto. Ich hatte Glück und bekam eine vernünftige Summe zusammen, so dass ich auch das Geld für die Beerdigung zusammenhatte. Beim Ausräumen der privaten Dinge habe ich mein Weihnachtsgeschenk gefunden. Ein schmales Geschenk, in der Größe eines Umschlags, aber aufwendig verpackt. Bis heute weiß ich nicht, was in dem Geschenkpapier steckt. Ich habe es in einem Karton verstaut. Konserviert, sozusagen. Irgendwann werde ich es öffnen, habe ich mir vorgenommen. Irgendwann,

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