Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Liebe, fertig, los!: Roman (German Edition)

Liebe, fertig, los!: Roman (German Edition)

Titel: Liebe, fertig, los!: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Gibson
Vom Netzwerk:
den Job?«

SECHS
    Seattle
Juni 1996
     
    Georgeanne entfloh dem Chaos in der Küche und schritt den Festsaal noch ein letztes Mal ab. Mit kritischem Blick prüfte sie die siebenunddreißig mit edlem Leinen gedeckten, sorgfältig im Raum platzierten Tische. Darauf standen Schalen aus Pressglas mit kunstvollen Arrangements aus Rosen mit Schleierkraut und Farnwedeln, die in Wachs getaucht waren.
    Mae hatte ihr Besessenheit vorgeworfen, Wahnsinn, oder gar beides. Georgeannes Finger schmerzten noch immer von dem heißen Paraffin, doch als sie den Tafelschmuck noch ein letztes Mal kontrollierte, wusste sie, dass sich der Aufwand und die Mühe gelohnt hatten. Sie hatte etwas Einzigartiges, Wunderschönes geschaffen. Sie, Georgeanne Howard, das Mädchen, das dazu erzogen worden war, sich auf andere zu verlassen, hatte sich ein herrliches Leben aufgebaut. Ganz ohne fremde Hilfe. Sie hatte sich Methoden angeeignet, um ihre Legasthenie besser in den Griff zu bekommen. Sie verheimlichte ihre Probleme nicht mehr, hängte sie aber auch nicht an die große Glocke. Sie hatte ihre Lese-Rechtschreib-Schwäche zu lange verborgen, um sie nun in die Welt hinauszuposaunen.
    Sie hatte viele ihrer alten Schwierigkeiten überwunden und war mit neunundzwanzig Jahren Teilhaberin eines erfolgreichen
Catering-Unternehmens sowie stolze Besitzerin eines bescheidenen Häuschens in Bellevue. Sie zog enorme Befriedigung aus allem, was das zurückgebliebene kleine Mädchen aus Texas auf die Beine gestellt hatte. Sie war am Boden zerstört gewesen, bis ins Mark getroffen worden, aber sie hatte überlebt. Sie war jetzt stärker als zuvor, vielleicht weniger vertrauensselig, und sie würde ihr Herz nur äußerst ungern wieder verschenken, doch sie glaubte nicht, dass diese beiden Eigenschaften ihrem Glück im Wege standen. Sie hatte aus ihren schmerzlichen Erfahrungen gelernt, und obwohl sie sich lieber die Hand abhacken würde, als ihr Leben noch einmal bis zu dem Punkt zu durchleben, an dem sie vor sieben Jahren bei »Heron Catering« hereinspaziert war, hatte sie all das, was sie heute war, diesen Erfahrungen zu verdanken. Sie beschäftigte sich nicht gerne mit der Vergangenheit. Ihr jetziges Leben war erfüllt und voll von Dingen, die sie liebte.
    Obwohl sie in Texas geboren und aufgewachsen war, hatte sie Seattle rasch lieben gelernt. Sie liebte die hügelige Stadt, die von Bergen und Wasser umgeben war. An den Regen hatte sie sich zwar erst nach ein paar Jahren gewöhnt, doch wie den meisten Einheimischen machte er ihr inzwischen nicht mehr viel aus. Ihr gefielen die taktile Atmosphäre des Pike Place Market und die leuchtenden Farben des Pacific Northwest.
    Georgeanne schob den Ärmel ihrer schwarzen Smokingjacke zurück und schaute auf die Uhr. In anderen Räumlichkeiten des alten Hotels servierte ihr Personal gerade dreihundert Gästen Gurkenscheiben mit Lachs, gefüllte Champignons und Champagner. Doch in einer halben Stunde würden sie in den Festsaal strömen und sich Scalloppine vom Kalb, neue Kartoffeln mit Zitronenbutter sowie Endiviensalat mit Brunnenkresse schmecken lassen.
    Sie griff nach einem Weinglas und zupfte die hineingesteckte
Serviette heraus. Mit zitternden Händen faltete sie das weiße Leinentuch wieder zu einer Rose. Sie war nervös. Mehr als sonst. Sicher, sie und Mae organisierten nicht zum ersten Mal gesellschaftliche Ereignisse mit dreihundert Gästen. Kalter Kaffee. Null Problemo. Doch für die Harrison Foundation hatten sie noch nie gearbeitet. Sie hatten noch nie eine Benefizveranstaltung organisiert, die ihren Gästen pro Person fünfhundert Dollar in Rechnung stellte. Klar, realistisch gesehen wusste sie, dass die Gäste diese Summe nicht für das Essen hinblätterten. Das Geld, das heute Abend zusammenkam, ging als Spende an das Medizinische Zentrum für Kinder. Trotzdem bekam sie schwache Knie bei dem Gedanken an die vielen Menschen, die so viel Geld für ein Stück Kalbfleisch berappten.
    Eine Seitentür öffnete sich, und Mae schlüpfte in den Saal. »Ich wusste, dass ich dich hier finde«, rief sie und steuerte zielstrebig auf Georgeanne zu, die grüne Geschäftsmappe mit Auftragsbestätigungen, dem aktuellen Bestandsverzeichnis aller Vorräte und haufenweise Rezepten in der Hand.
    Georgeanne lächelte ihre enge Freundin und Geschäftspartnerin an und steckte die gefaltete Serviette wieder ins Glas. »Wie läuft’s in der Küche?«
    »Ach, die neue Beiköchin hat den ganzen Weißwein ausgesüffelt, den du

Weitere Kostenlose Bücher