Liebe, fertig, los!: Roman (German Edition)
die auf ihrer anderen Seite stand, einen flehenden Blick zu. »Stimmt’s, Mae?«
Die kleine Blondine mit der negativen Einstellung zuckte mit den Schultern. »Klar.«
Georgeannes Augen wurden groß, als sie ihre Freundin vielsagend anstarrte. Dann wandte sie sich wieder an Hugh. »Warum probieren Sie nicht mal die Pâté, während ich das Hähnchen tranchiere?« Ohne seine Antwort abzuwarten, schnappte sie sich ein Riesenmesser. »Derweil können Sie sich mal den Tisch anschauen. Wenn Sie genau hinsehen, entdecken Sie viele kleine Tierchen in ihrer Picknickkleidung.«
John verschränkte die Arme vor der Brust und starrte entgeistert auf ein Grasschwein mit Sonnenbrille und Halstuch. Ein seltsames Prickeln breitete sich über seinen Schädel aus.
»Lexie und ich fanden, dass heute die perfekte Gelegenheit wäre, ihre Tier-Couture-Sommerkollektion vorzustellen.«
»Ah, jetzt kapier ich«, murmelte Mae und griff nach einer Krabbenfrikadelle.
»Tier-Couture?« Hugh klang so ungläubig, wie John sich fühlte.
»Ja. Lexie entwirft gern Kleider für die vielen kleinen Glas- und Porzellantierchen bei uns zu Hause. Ich weiß, dass es seltsam klingt«, fuhr Georgeanne fort, während sie das Huhn in Scheiben schnitt, »aber das lässt sich leicht erklären. Ihre Urgroßmutter Chandler großväterlicherseits hat früher Kleider für Poularden entworfen. Als Nordstaatler wissen Sie das vielleicht nicht, aber eine Poularde ist eine junge Henne. Jung, weil sie nicht sehr alt werden, bis …« Sie verstummte, hob das Messer etwa zehn Zentimeter vor ihre Kehle und machte Würgegeräusche. »Tja, Sie wissen schon.« Sie zuckte mit den Schultern und ließ das Messer sinken. »Und Hennen, weil es eine ungeheure Zeitverschwendung wäre, Kleider für Hähne anzufertigen, da sie zu Bösartigkeit neigen. Jedenfalls hat Urgroßmutter immer kleine Capes mit dazu passenden Kapuzen für die Poularden der Familie angefertigt. Lexie hat von ihrer Urgroßmutter das Auge für Mode geerbt und führt nur eine althergebrachte Familientradition fort.«
»Sind Sie sicher?«, fragte Hugh, als Georgeanne eine Scheibe Hähnchenfleisch auf seinen Teller gleiten ließ.
Sie hob die rechte Hand. »Ich schwör’s bei Gott.«
Das Prickeln in Johns Schädel griff auf sein Hirn über, während ihn ein Déjà-vu-Erlebnis übermannte. »O Gott.«
Georgeanne warf ihm über den Tisch einen Blick zu, und plötzlich sah er sie, wie sie vor sieben Jahren gewesen war, eine wunderschöne junge Frau, die über Wackelpudding und Fußwaschung praktizierende Baptisten geschwafelt hatte. Er sah
ihre mörderisch grünen Augen, die betörenden Lippen und ihren verlockenden Körper in seinem schwarzen Seidenmorgenmantel. Damals hatte sie ihn mit ihren aufreizenden Blicken und der honigsüßen Stimme um den Verstand gebracht. Und so ungern er es auch zugab, er war nicht immun gegen sie.
»Mr. Wall.«
John spürte ein Ziehen an seiner Gürtelschlaufe und schaute hinab auf Lexie.
»Hier ist dein Saft, Mr. Wall.«
»Danke«, murmelte er und nahm ihr den kleinen blauen Trinkkarton ab.
»Ich hab dir den Strohhalm schon reingesteckt.«
»Ja, das seh ich.« Er hob den Karton an den Mund und saugte den blauen Saft durch den Strohhalm.
»Lecker, nicht?«
»Hm«, brummte er und bemühte sich, keine Grimasse zu schneiden.
»Ich hab dir auch das mitgebracht.«
Sie warf ihm eine Papierserviette zu, die er mit der freien Hand fing. Sie war zu irgendeiner Figur gefaltet, die er nicht identifizieren konnte.
»Das ist ein Kaninchen.«
»Ja. Das seh ich«, log er.
»Ich hab ’nen Drachen.«
»Ja?«
»Ja, aber der fliegt nicht. Meine Mommy trägt ’nen echt großen BH, aber sie kann trotzdem nicht rennen.« Sie schüttelte betrübt den Kopf. »Und Mae auch nicht, weil sie überhaupt keinen BH trägt.«
Ein verhängnisvolles Schweigen senkte sich über das Picknick. John hob den Blick zu den zwei Frauen am anderen Ende des Tisches. Sie standen da wie gefriergetrocknet. Mae hielt wie
erstarrt eine schwarze Olive vor den Mund, während Georgeanne das Riesenmesser mit einem aufgespießten Stück Hähnchenfleisch regungslos in die Luft reckte. Beide hatten entsetzt die Augen aufgerissen und waren knallrot angelaufen.
John hustete in seine Kaninchenserviette, um sein Lachen zu verbergen, und keiner sagte ein Wort.
Außer Hugh. Er beugte sich vor und schaute an Georgeanne vorbei zu ihrer zierlicheren Freundin. »Ist das so, Schätzchen?« , fragte er sie breit
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