Liebe, fertig, los!: Roman (German Edition)
Surren der Mixer und das fröhliche Geplapper ihrer Angestellten nicht mehr hören zu müssen. Genau wie ihr Zuhause war das Büro, das sie sich mit Mae teilte, mit massenhaft Blumen und Spitze dekoriert. Und Massen von Fotos. Überall im Raum verteilt standen Dutzende davon. Von den meisten Aufnahmen lächelte einem Lexie entgegen, und auf mehreren waren Mae und Georgeanne auf diversen Partys abgebildet, die sie ausgerichtet hatten. Drei waren von Ray Heron. Auf zwei der gerahmten Fotos war Maes verstorbener Zwillingsbruder in einem prächtigen Fummel verewigt, während er auf dem dritten Foto mit Jeans und einem fuchsienfarbenen Pullover relativ normal aussah. Georgeanne wusste, dass Mae ihren Zwillingsbruder vermisste und tagtäglich an ihn dachte, doch sie wusste auch, dass Maes Schmerz nicht mehr ganz so groß war wie früher. Sie und Lexie hatten die Lücke ausgefüllt, die Rays Tod hinterlassen hatte, während Mae ihr eine Schwester und Lexie eine Tante geworden war. Die drei waren wie eine Familie.
Georgeanne trat ans Fenster und zog die Jalousie hoch, um die frühe Nachmittagssonne hereinzulassen. Sie legte einen dreiseitigen Vertrag auf den antiken Schreibtisch und setzte sich. Georgeanne erwartete Mae erst später am Nachmittag
und hatte noch eine Stunde, bis sie sich mit Charles zum Mittagessen traf. Sie studierte die detaillierte Liste eingehend und las sie sich immer wieder durch, um ganz sicherzugehen, dass sie nichts Wichtiges übersah. Als ihr Blick auf den Saldo fiel, wurden ihre Augen groß, und sie schnitt sich vor Schreck den Finger an der Papierkante. Wenn Mrs. Fuller für ihre Geburtstagsparty im September ein mittelalterliches Motto wollte, musste sie eine Menge Kohle dafür berappen. Geistesabwesend nuckelte sie an ihrem Finger und ging noch einmal die Kosten der seltenen Speisen durch. Die Mittelaltergesellschaft für einen Auftritt zu engagieren und Mrs. Fullers Garten in einen mittelalterlichen Markt zu verwandeln würde eine Menge Arbeit und einen Haufen Geld kosten.
Georgeanne ließ die Hand sinken und seufzte schwer, während sie auf das Spezialmenü starrte. Normalerweise blühte sie bei Herausforderungen so richtig auf. Es machte ihr Spaß, spektakuläre Events zu planen und außergewöhnliche Menüs zu kreieren. Sie liebte das Gefühl, etwas geleistet zu haben, wenn nach getaner Arbeit alles wieder zusammengepackt und in die Vans verladen war. Doch diesmal nicht. Sie war müde und fühlte sich der Aufgabe nicht gewachsen, hundert Personen mit einem Abendessen mit allen Schikanen zu versorgen. Sie hoffte nur, dass sich das bis September legte. Vielleicht verlief ihr Leben bis dahin in geregelteren Bahnen, doch in den letzten zwei Wochen, seit dem Tag, als John wieder in ihr Leben geplatzt war, hatte sie sich gefühlt wie auf einer Achterbahnfahrt. Nach dem Picknick im Park hatte er sich mit ihr und Lexie im Seattler Aquarium getroffen und sie in Lexies Lieblingsrestaurant, das Iron Horse, ausgeführt. Beide Treffen waren sehr verkrampft abgelaufen, doch im dunklen Labyrinth des Aquariums hatte Georgeanne wenigstens an nichts geistig Anspruchsvolleres denken müssen als an Haie
und Seeotter. Im Iron Horse war das anders gewesen. Während sie auf ihre Hamburger gewartet hatten, die von einem kleinen Zug an den Tisch gebracht wurden, war es unerträglich gewesen, höfliche Konversation zu machen. Die ganze Zeit über hatte sie sich gefühlt, als würde sie mit angehaltenem Atem auf eine Katastrophe warten. Sie hatte nur das Gefühl gehabt, frei atmen zu können, wenn Eishockeyfans an den Tisch kamen und John um ein Autogramm baten.
Dass zwischen Georgeanne und John eine gespannte Atmosphäre herrschte, war Lexie anscheinend nicht aufgefallen. Lexie hatte sich im Handumdrehen mit ihrem Vater angefreundet, was Georgeanne nicht überraschte. Lexie war freundlich, kontaktfreudig und mochte Menschen. Sie lächelte und lachte viel und ging davon aus, dass alle Menschen sie für die wunderbarste Erfindung seit dem Klettverschluss hielten. John war da ganz ihrer Meinung. Er hörte sich geduldig ihre ewige Leier über Hunde und Katzen an und lachte über all ihre Elefantenwitze, die grottenschlecht und kein bisschen lustig waren.
Georgeanne legte den Vertrag beiseite und griff nach der Rechnung von dem Elektriker, der zwei Tage gebraucht hatte, um das Ventilationssystem in der Küche zu reparieren. Sie versuchte, sich wegen John keine grauen Haare wachsen zu lassen. Lexie verhielt sich John
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