Liebe, fertig, los!: Roman (German Edition)
während er sich weiter an dem Splitter zu schaffen machte. »Du siehst aus, als wolltest du gleich von deinem Stuhl springen. Was glaubst du, was ich vorhabe, dich mit der Pinzette erstechen?«
»Nein.«
»Dann entspann dich, er ist fast draußen.«
Sich entspannen? Er war ihr so nahe, dass er den ganzen Platz einnahm. Da war nur John, dessen schwielige Handfläche ihre Hand stützte und dessen dunkler Kopf sich über ihre Fingerspitzen beugte. Er war ihr so nahe, dass sie durch seine Jeans und den dünnen Baumwollstoff ihres kiwifarbenen
Kleids die Wärme seiner Oberschenkel spürte. John hatte eine so starke Ausstrahlung, dass es ihr in seiner Nähe unmöglich war, sich zu entspannen. Sie hob den Blick von seinem Seitenscheitel und schaute ins Wohnzimmer. Ernie und sein großer Blaubarsch glotzten zu ihr zurück. In ihrer Erinnerung war Johns Großvater ein netter älterer Herr. Jetzt fragte sie sich, wie es ihm ging und was er von Lexie hielt. Sie beschloss zu fragen.
Er schaute nicht auf, sondern zuckte nur mit den Schultern und sagte: »Bisher habe ich weder meinem Großvater noch meiner Mutter von ihr erzählt.«
Das überraschte Georgeanne. Vor sieben Jahren hatte sie den Eindruck gehabt, dass John und Ernie sich nahestanden. »Warum nicht?«
»Weil sie mich in letzter Zeit beide genervt haben, dass ich wieder heiraten und eine Familie gründen soll. Wenn sie von Lexie erfahren, sind sie schneller hier in Seattle als ein geölter Blitz. Aber ich will erst mal Zeit haben, Lexie kennenzulernen, bevor mich meine Familie in die Zange nimmt. Außerdem hatten wir uns doch geeinigt, es ihr erst später zu sagen. Und wenn meine Mutter und Ernie hier rumhängen und sie ständig anglotzen, könnte Lexie sich unwohl fühlen.«
Wieder heiraten? Georgeanne hatte nichts von dem wahrgenommen, was er nach diesen zwei Worten gesagt hatte. »Du warst verheiratet?«
»Ja.«
»Wann denn?«
Er ließ ihre Hand los und legte die Pinzette auf den Tisch. »Bevor ich dich getroffen habe.«
Georgeanne inspizierte ihren Finger, und der Splitter war weg. Sie fragte sich, welches Treffen er meinte. »Das erste Mal?«
»Beide Male.« Er umklammerte die oberste Querstrebe des Stuhles, lehnte sich zurück und runzelte leicht die Stirn.
Georgeanne war verwirrt. »Beide Male?«
»Ja. Aber ich glaube nicht, dass die zweite Hochzeit richtig zählt.«
Sie konnte nicht anders, als die Augenbrauen hochzuziehen und die Kinnlade runterzuklappen. »Du warst schon zweimal verheiratet?« Sie hielt demonstrativ zwei Finger hoch. »Zweimal?«
Er zog die Augenbrauen zusammen, und seine Lippen wurden zu einem Strich. »Zweimal ist nicht so oft.«
Für Georgeanne, die noch nie verheiratet gewesen war, klang zweimal nach oft.
»Wie ich schon sagte, das zweite Mal zählt sowieso nicht. Ich war nur so lange verheiratet, bis die Scheidung durch war.«
»Wow, ich wusste nicht, dass du überhaupt verheiratet warst.« Sie war neugierig, wer diese zwei Frauen waren, die John geheiratet hatten, den Vater ihres Kindes. Den Mann, der ihr das Herz gebrochen hatte. Und weil sie die Unwissenheit nicht aushielt, fragte sie ihn: »Was ist aus den Frauen geworden?«
»Meine erste Frau Linda ist gestorben.«
»Tut mir leid«, sagte Georgeanne lahm. »Wie ist sie gestorben?«
Er fixierte sie. »Einfach so«, wiegelte er ab. Thema beendet. »Und ich hab keine Ahnung, was aus DeeDee Delight geworden ist. Ich war sturzbesoffen, als ich sie geheiratet habe. Als ich von ihr geschieden wurde, übrigens auch.«
DeeDee Delight? Sie sah ihn ratlos an. DeeDee Delight? Meine Herren! Sie musste einfach fragen. Sie konnte nicht anders. »War DeeDee eine … eine … eine Entertainerin?«
»Sie war eine Stripperin«, antwortete er regungslos.
Obwohl Georgeanne sich so etwas schon gedacht hatte, war es ein Schock, mit eigenen Ohren zu hören, wie John ihr seine Heirat mit einer Stripperin beichtete. Es war so schockierend! »Wirklich? Wie sah sie aus?«
»Weiß nicht mehr.«
»Och«, brummte sie, denn ihre Neugier blieb unbefriedigt. »Ich war zwar noch nie verheiratet, aber ich glaube, ich würde mich erinnern. Du musst echt betrunken gewesen sein.«
»Hab ich doch gesagt.« Er stieß ein verzweifeltes Gurgeln aus. »Aber du brauchst dir wegen Lexie keine Sorgen zu machen. Ich trinke nicht mehr.«
»Bist du Alkoholiker?«, fragte sie, und die Frage war ihr rausgerutscht, bevor sie sich eines Besseren besinnen konnte. »Tut mir leid. Eine so persönliche Frage
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