Liebe, fertig, los!: Roman (German Edition)
und ließen sich Krabbencocktail, frisches Obst in Scheiben und mit Krebssalat gefülltes Fladenbrot schmecken. Als Georgeanne John mit Lexie beim Aufräumen half, erspähte sie in der Ecke bei seinem Anrufbeantworter eine Tüte aus dem Delikatessenladen.
Gegen sechzehn Uhr war Georgeanne von der Autofahrt mit Lexie und der Nervosität, mit der sie die Reise angetreten hatte, vollkommen erschöpft. Sie fand eine weiche Chaiselongue auf der Veranda und kuschelte sich, Lexie auf dem Schoß, darauf. John nahm den Sessel neben ihr, und die drei schauten, zufrieden mit der Welt, aufs Meer hinaus. Sie musste nirgendwo hin und nichts tun. Sie genoss die Stille. Natürlich konnte sie sich in Gegenwart dieses Mannes nie richtig entspannen. Dazu war Johns Ausstrahlung zu stark,
und dafür gab es zwischen ihnen zu viele schmerzliche Erinnerungen. Doch dieses Haus an der Küste trug viel dazu bei, sie für die aufreibenden Momente zu entschädigen, in denen er sein Möglichstes tat, sie zu provozieren.
Das friedliche Meeresrauschen und die sanfte Brise lullten Georgeanne in den Schlaf, und als sie wieder aufwachte, war sie allein. Eine handgearbeitete, mit Muscheln verzierte Decke wärmte ihre Beine. Sie schob sie beiseite, stand auf und reckte und streckte sich. Der Wind trug vom Strand Stimmen zu ihr hinauf, und sie trat ans Geländer und beugte sich suchend darüber. Am Strand waren John und Lexie jedenfalls nicht. Sie zog ihre Hand zurück und jagte sich dabei einen scharfen Splitter in den weichen Ballen ihres Mittelfingers. Ihr Finger pochte, doch sie hatte dringendere Sorgen.
Georgeanne glaubte eigentlich nicht, dass John mit Lexie irgendwohin gehen würde, ohne es mit ihr abzusprechen. Aber er war auch nicht der Typ, der auf die Idee käme, sie um Erlaubnis bitten zu müssen. Wenn er mit ihrer Tochter weggegangen war, hatte sie das Recht, ihn umzubringen und es als Totschlag im Affekt zu rechtfertigen. Doch letzten Endes musste sie dann doch nicht zur Mörderin werden. Sie fand sowohl Lexie als auch John unten im Gewichtraum.
John saß auf einem schicken Heimtrainer in der Ecke und trat in gleichmäßigem Tempo in die Pedale. Sein Blick war zu Lexie gesenkt, die auf dem Boden lag, die Hände hinter dem Kopf verschränkt, ein schmuddeliges Füßchen auf dem gebeugten Knie.
»Wie kommt’s, dass du so schnell fahren musst?«, fragte Lexie ihn.
»Das ist gut für meine Kondition«, antwortete er, während das Vorderrad leise surrte. Er trug immer noch das olivgrüne T-Shirt von vorhin, und für den Bruchteil einer Sekunde ließ
Georgeanne den Blick genießerisch zu seinen kräftigen Oberschenkeln und Waden wandern.
»Was ist Kondi-zon?«
»Ausdauer. Was ein Mann braucht, damit ihm nicht die Puste ausgeht und die jungen Kerle ihm auf dem Eis nicht in den Arsch treten.«
Lexie schnappte entsetzt nach Luft. »Schon wieder!«
»Was denn?«
»Du hast ein böses Wort gesagt.«
»Wirklich?«
»Ja.«
»Tut mir leid. Ich arbeite daran.«
»Das hast du letztes Mal auch schon gesagt«, beklagte sich Lexie von ihrem Platz auf dem Boden aus.
Er lächelte. »Ich werde mich bessern, Coach.«
Lexie schwieg kurz und sagte dann: »Weißte was?«
»Was denn?«
»Meine Mom hat auch so ein Rad.« Sie deutete in Johns Richtung. »Nur fährt sie, glaub ich, nicht damit.«
Georgeannes Hometrainer war nicht wie Johns. Er war auch nicht so teuer, und Lexie hatte recht, sie fuhr nicht mehr damit. Eigentlich hatte sie ihn nie so richtig benutzt.
»Hey«, protestierte sie und betrat den Raum. »Ich benutze das Rad ständig. Es hat die wichtige Funktion eines Kleiderständers.«
Lexie wandte den Kopf zu ihr und lächelte. »Wir trainieren. Ich bin zuerst gefahren, und jetzt ist John dran.«
John schaute zu ihr herüber. Die Fahrradpedale stoppten, doch das Rad drehte sich weiter. »Ja, das sehe ich«, murmelte sie und wünschte, sie hätte sich ordentlich gekämmt, bevor sie sich auf die Suche nach den beiden gemacht hatte. Sie sah bestimmt gruselig aus.
John sah das anders. Ihr Haar war zerzaust und ihr Gesicht vom Schlaf gerötet. Ihre Stimme klang ein bisschen tiefer als sonst. »Wie war dein Nickerchen?«
»Ich hab gar nicht gemerkt, dass ich so müde war.« Sie fuhr sich mit den Fingern durchs Haar und schüttelte es.
»Tja, mit den Drehungen und Wendungen eines gewissen kleinen Verstands Schritt zu halten, ist eben anstrengend«, scherzte er und fragte sich, ob sie das mit dem Haarschütteln absichtlich machte.
»Sehr.«
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