Liebe im Spiel
ihr hättet einen Streit gehabt. Wegen mir.«
»Nicht wegen dir persönlich«, sagte Prudence. »Vermutlich wegen der Tatsache, dass Edward sich für einen Single hielt. Und es ihm daher freistand, jemand völlig anderen zu heiraten.«
Das veränderte die Welt zu sehr, um es sofort zu begreifen. Hielt Prudence sich für die rechtmäßige Ehefrau? Das konnte doch wohl nicht möglich sein.
Etwas an ihrer Reaktion besänftigte Prudence. Die aggressive Freundlichkeit wich aus ihrem Gesicht. Sie wirkte müde. »Das ist einer der grundlegenden Unterschiede zwischen Männern und Frauen«, sagte sie. »Wenn eine Frau behauptet, Single zu sein, dann meint sie genau das. Aber wenn ein Mann behauptet, Single zu sein, dann meint er nur, dass die Frau, die er vögelt, nicht gut genug ist.«
»Edward ist nicht so«, sagte Rufa. Sie hatte nicht vor, Prudence zu glauben.
»Oh, ich weiß, er ist die Seele der Ehre und Ritterlichkeit – und Gott, er lässt es einen nie vergessen.« Prudence klang nun verbittert. »Das war der Grund, warum er wie die Kavallerie heranreiten musste, um euer Dach zu reparieren und eure Familie zu retten. Alles aufgrund seiner lächerlichen Loyalität zu eurem Vater.«
Rufa senkte den Kopf. Ihre eigene Albernheit, zusammen mit der Notlage der Familie, hatten Edward praktisch gezwungen, das Richtige zu tun und die älteste Tochter des großen Mannes zu heiraten. Prudence wollte sie wissen lassen, dass Edward dieses romantische Werk fortgeführt hatte, ohne die Gefühle der Frau zu bedenken, die ihn geliebt hatte. Und er wollte nicht mit Rufa schlafen, weil er sich dieser anderen Frau verbunden fühlte. So furchtbar verfahren, wie Prudence es beschrieb, schien es Rufa durchaus der Wahrheit zu entsprechen.
»Pru?« Edwards Stimme erklang im Eingang.
»Hier drinnen!« Männliche Stimmen elektrisierten Prudence, als würde ein inneres Licht angeknipst.
Edward betrat den Raum. »Oh, hier seid ihr.« Er sah sie beide an.
Prudence blickte lächelnd zu ihm hoch. »Hallo. Wo hast du dich den ganzen Morgen versteckt?«
»Tut mir Leid, ich hatte zu arbeiten.«
»Rufa hat sich wundervoll um mich gekümmert.«
Edward runzelte die Stirn. Er runzelte in Prudences Gegenwart häufig die Stirn. »Gut. Ich denke, wir sollten aufbrechen, wenn wir dieses Mittagessen wahrnehmen wollen. Bitte bestehe nicht darauf, dass ich eine Krawatte trage.«
»Bei dieser Hitze? So sadistisch bin ich nicht.« Prudence sprang auf und küsste Edward auf die Wange. Ihre Finger wischten einen imaginären Fleck von seiner Schulter. »Und außerdem siehst du in diesem Hemd großartig aus.«
Er runzelte die Stirn, aber Rufa erkannte, zum ersten Mal, genau, warum es ihr solches Unbehagen bereitete, Edward und Prudence zusammen zu sehen. Es bestand keine körperliche Distanz zwischen ihnen. In der persönlichen Sprache der Frauen, für Männer so unhörbar wie eine Hundepfeife, erzählte Prudence ihr, was in Paris geschehen war. Sie und Edward waren weiterhin Geliebte gewesen, und soweit es Prudence betraf, war die Affäre noch nicht vorüber.
War das eine Warnung, dass sie noch immer gefährlich war? Rufa entließ die beiden zum Mittagessen, von der völligen Verdrehtheit ihrer Situation niedergedrückt. Prudence wäre überhaupt nicht gefährlich gewesen, wenn Edward nur endlich mit ihr, Rufa, schliefe. Er lag während der heißen Nächte neben ihr und berührte sie allenfalls aus Versehen. Zentimeter trennten sie – und Meilen. Hatte Prudence das vermutet? War es so offensichtlich?
Rufa wurde einen Moment, während sie im leeren Salon stand und das Tablett umklammerte, schwindelig vor Angst. Das alte Entsetzen alles verschlingender Dunkelheit, das sie seit dem Tod des großen Mannes gequält hatte, kehrte schlagartig zurück. Edward hatte mit dieser Frau geschlafen, als er nach Paris fuhr, um es zu beenden. Prudence besaß Macht, wo sie keine besaß. Wenn Prudence die zarte Schale zerbrechen wollte, die Rufa gerade erst gegen die Schwärze aufzubauen begonnen hatte, dann könnte sie es tun.
Die Angst wich, sobald Rufa an Edward dachte. Er war der ehrenwerteste Mann der Welt. Er liebte sie. Das Mindeste, was sie für ihn tun konnte, wo er doch auch alles für sie getan hatte, war, ihm zu vertrauen. Sie musste nicht sehr tief in sich gehen, um zu erkennen, das sie Edward ihr Leben anvertraut hätte.
Sonnenlicht beschien die sauberen Küchenoberflächen in silbernen Teichen. Gegen die Helligkeit anblinzelnd, stellte Rufa das
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