Liebe im Spiel
kehrte zurück, und Rufa musste zugeben, dass Edward Recht gehabt hatte – sie war froh, nicht mehr allein zu sein. Obwohl er ein sehr anspruchsloser Gast war, verbreitete er eine Art gedämpften Lärm, wie ein Kind es tun würde.
Tristan verbrachte seine Tage mit Lesen, während ihn über die Kopfhörer seines MP3-Players Musik umwogte. An den Abenden aß er mit Rufa in der Küche zu Abend. Diese Abende wurden rasch zum Mittelpunkt ihres Tages. Sie kochte liebevoll für ihn, und er unterhielt sie mit Geschichten aus seinem Leben.
Er erzählte von seiner reichen, unsicheren Kindheit mit Prudence und einer Folge von Stiefvätern. Er erzählte von seiner Schulzeit und darüber, seine Unschuld auf dem Tennisplatz verloren zu haben, mit der Tochter des Hausmeisters.
Er erzählte ihr von seiner College-Aufführung von Shakespeares Sturm, in der er im vorangegangenen Semester, unter großem Beifall, nackt aufgetreten war. Der launische, begabte, junge Regisseur dieser Produktion hatte sich heftig in ihn verliebt und sich in den Fluss gestürzt, als er erfuhr, dass Tristan nur Frauen mochte.
»Es war aber okay, versicherte er ihr. »Er wurde nur nass. Ich hatte damals noch keine Ahnung von Liebe. Ich wusste nicht, was sie Menschen antun kann.«
Alle ihre Unterhaltungen drehten sich um Liebe. Rufa erkannte natürlich, dass Tristan in sie verliebt war. Er beobachtete sie ständig. Er verhielt sich in ihrer Nähe übertrieben respektvoll. Wenn ihre Hand seine zufällig streifte, errötete er bis unter die Haarwurzeln.
Rufa hatte nicht den Eindruck, dass seine Verliebtheit schaden könnte, solange nichts ausgesprochen wurde. Sie war zufrieden, eine gewisse Distanz zu wahren, wohl wissend, dass die Distanz seine Verehrung noch verstärkte. Sie merkte, dass sie ihn ebenfalls beobachtete, die kleinsten Details seiner erstaunlichen Schönheit bemerkte: die Schatten, die seine langen Wimpern auf die seidige Haut unter seinen Augen warfen; die blauen Adern auf den Innenseiten seiner Ellenbogen. Sie war sich jedoch sicher, damit umgehen zu können. All diese errötende Verehrung machte ihr nur ihren Altersunterschied bewusst. Seine Blicke waren verwirrend, aber seine Unreife konnte extrem irritierend sein. Er war gerade erst zwanzig. Vor zwei Jahren war er noch zur Schule gegangen. Vor zwei Jahren hatte Rufa bereits versucht, den Lebensunterhalt für ihre ganze Familie zu verdienen. Manchmal fühlte sie sich tausend Jahre älter.
Edward schien unmöglich weit entfernt. Wenn er anrief, bemühte sich Rufa sehr, an seinen Berichten über den Kampf mit der Eurokratie und über das Warten in fensterlosen, klimatisierten Gängen Interesse zu zeigen.
Ihre abendlichen Telefonate waren zutiefst unbefriedigend. Sie bemühte sich, nicht an Prudences Worte zu denken, dass er »unzugänglich« sei. Er war weiter weg als Australien. Sie wollte ihn, und er wollte sie offensichtlich auch – warum, warum, lief diese Ehe dann so schlecht? Was auch immer der Grund dafür war, sie war entschlossen, es zu ändern, wenn er nach Hause käme.
Ein Außenseiter mochte die Seltsamkeit der ganzen Situation vielleicht nicht verstehen. Rufa achtete sorgfältig darauf, dass ihre Mutter und ihre Schwestern nicht bei ihr herumschnüffelten. Sie würden Tristans Vernarrtheit sofort bemerken, besonders Rose, die dank der Mätzchen des großen Mannes eine Spürnase für Romanzen hatte. Rufa verhinderte ihre Besuche auf der Farm, indem sie selbst nach Melismate hinüberfuhr – ohne Tristan.
Glücklicherweise war Roses Aufmerksamkeit weitgehend von einer neuen Episode im Drama um Lydia beansprucht. Als hätte Rufas Heirat wirklich alle Familienprobleme gelöst, durchlief Lydia ein Erwachen. Angesichts der Umwälzungen auf Semple Farm entdeckte sie ihren Lebenssinn und ihre Energie neu. Sie schickte Linnet mit gebügelter und ausgebesserter Kleidung zu ihrem Vater. Sie half Rose, sie kochte, ohne dazu aufgefordert zu werden – recht gut, und weitaus besser als Rose. Und eines Morgens erzählte sie Rufa, sie wäre einem Chor beigetreten, dem Cotswold Chorus. Es war ein hoch geschätzter und sehr etablierter Chor, dessen Schirmherr Edward war.
»Du machst Witze.«
»Erinnere dich, wie viel Spaß ich beim Chor in der Schule hatte. Es war praktisch das Einzige, worin ich gut war«, sagte Lydia. »Also habe ich all meinen Mut zusammengenommen und mich für ein Vorsingen beworben.«
»Du musstest vorsingen? Allein?« Rufa konnte sich nicht vorstellen, dass ihre
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