Liebe im Spiel
Aristokraten, aber für Polly war das fast genauso schlimm, wie insgeheim Waliser zu sein.
Berry wusste aus vergangenen Erfahrungen, dass sein Weihnachten einem Bericht in Harpers ähneln würde – die Art Weihnachten, an das sich im wahren Leben niemand außer einem Heimlichen Australier wagen würde. Ein Kranz an der Tür, Efeu um die Bilder und so weiter. Es würde eine Atmosphäre von Holzrauch, Potpourri, Lavendel und Bienenwachs herrschen – Polly hatte sogar die Gerüche geplant.
Einige Leute, zum Beispiel seine Schwester Annabel, hatten Berry bereits vorgeworfen, Angst vor Polly zu haben. Was für ein Unsinn. Er empfand eher Ehrfurcht vor seinem Glück, dass er bei einer so auffallend hübschen und charmanten Frau landen konnte.
»Sire, die Nacht ist nun dunkler«, sang Berry.
Die Nacht schien tatsächlich dunkler zu werden. Berry verlangsamte den BMW zu Schleichtempo und hielt dann an. Das einzige Licht in Meilen Umkreis strahlte von einem Volvo aus, der die gesamte Straße blockierte. Die beiden Vordertüren standen offen. Berry wartete einen langen Moment, während er der umgebenden Stille lauschte. Niemand kam. Der verlassene Volvo leuchtete weiterhin wie die Titanic.
Er schaltete den Motor aus, zog den Schlüssel ab und stieg aus dem Wagen. Der Schock der Kälte nahm ihm den Atem. In seinem marineblauen Anzug und den Städterschuhen zitternd, näherte sich Berry einem Gewirr dornenbewehrter kahler Äste, knapp fünf Meter seitlich der Straße. Hinter diesem Dornenschirm wirkte das Licht des Volvo gedämpft und von Schatten durchsetzt. Berry machte durch seine Atemwolke zwei Gestalten am Rande eines kleinen Teiches aus.
Ein lebloser Fasan lag auf dem gefrorenen Gras. Eine der Gestalten kniete daneben. Er sagte gerade mit elender Stimme: »Das werde ich mir nie verzeihen. Ich habe dich dazu überredet, die Abkürzung zu nehmen, und habe dadurch dieses Leben vernichtet. Alles, was ich anfasse, geht schief.«
Eine andere Stimme sagte: »Ich friere mir hier die Eier ab. Begrab ihn oder mach eine Mund-zu-Mund-Beatmung, damit wir nach Hause fahren können.«
Ein Schluchzen entrang sich dem knienden Mann. Er wandte den Kopf in Berrys Richtung. Das Licht verwandelte die Tränen in seinen wunderschönen dunklen Augen in Diamanten.
Sie sahen einander an. Die Begegnung erfolgte so unerwartet, dass es mehr als eine Überraschung war.
»Ran?« Berry zögerte. »Du bist Ran Verrall, oder? Aus der Schule?«
Ran sprang auf und fuhr sich mit einem Ärmel übers Gesicht. »Scheiße, ich glaube es nicht – Hector Berowne.«
»Nun, hallo«, sagte Berry. »Ich habe mich gerade gefragt, wessen Auto …«
»Das ist unglaublich«, sagte Ran glücklich an Roger, seinen Begleiter, gewandt. »Berry und ich sind zusammen zur Schule gegangen, Rodge. Ich musste ihn bei einer Aufführung von Romeo und Julia auf die Lippen küssen, und so etwas vergisst man nicht so leicht.«
Berry hatte die Erinnerung verdrängt. Nun erinnerte er sich, und er war froh, dass es zu kalt war, um zu erröten.
»Er konnte großartig deklamieren«, fuhr Ran fort, der bitteren Kälte anscheinend ungeachtet. »Ich wurde nur genommen, weil ich richtig lange Haare hatte. Nun, nun. Wie geht es dir, du alter Theopisjünger?«
»Oh, absolut gut«, sagte Berry. »Eh – könntest du deinen Wagen vielleicht wegfahren? Er blockiert die Straße ziemlich.«
»Es muss zehn Jahre her sein, mindestens«, sagte Ran.
»Ja.« Berry hatte das dumpfe Gefühl, dass ihm die Unterhaltung langsam entglitt. »Wenn du mich durchlassen könntest …«
»Lass den Mann durch«, sagte Roger. »Und ich will auch nach Hause – Rose wird sich schon Sorgen machen.«
»Ich habe eine Tochter«, verkündete Ran. »Ihr Name ist Linnet. Sie ist fünf. Hast du schon Kinder?«
»Noch nicht. Ich heirate erst nächsten Sommer.« Wie absurd, dachte Berry, hier draußen Smalltalk zu betreiben.
»Schaff dir viele Kinder an«, sagte Ran. »Sie sind das Einzige, was dem Leben einen Sinn gibt.« Er blickte auf den Fasan hinab, der leblos auf dem kalten Boden lag. »Meine Linnet hätte diesen Vogel geliebt. Sie liebt alle Lebewesen. Ich schenke ihr ein Meerschweinchen.«
»Rose wird durchdrehen«, prophezeite Roger. »Sei nicht überrascht, wenn sie es kocht.«
Ran betrachtete den toten Fasan mit nachdenklichem Bedauern. Er schien, trotz der Kälte, eine tränenvolle Begräbnisrede anstimmen zu wollen.
»Wir haben ihn überfahren. Ich sagte Roger, er sollte bremsen, aber ich
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