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Liebe im Zeichen des Nordlichts

Liebe im Zeichen des Nordlichts

Titel: Liebe im Zeichen des Nordlichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen MacMahon
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Er lässt den Blick über seine Vergangenheit schweifen wie über ein gerade durchquertes Feld. Zurück will er nicht, doch er ist auch noch nicht bereit voranzuschreiten.
    Er fühlt sich wie ein Schiffbrüchiger, angeschwemmt an den Strand einer einsamen Insel, der seine Kleider von der Luft trocknen lässt und sich freut, dass ihm noch einmal das Leben geschenkt worden ist.
    Er ist nur nicht sicher, was er damit anfangen soll.

[home]
    Kapitel 4
    I ch fürchte, unser amerikanischer Freund drückt sich ums Haus herum.«
    Addie, die in der Tür stand, konnte nur seine Silhouette ausmachen, einen schwarzen Schatten im hell erleuchteten Fenster.
    »Wie kommst du darauf?«
    Schlaftrunken blinzelte sie ihn aus halb geschlossenen Augen an.
    »Heute Morgen war so ein komischer Typ hier. Ich hatte das Gefühl, dass er uns beobachtet.«
    Addie ging zum Fenster und spähte zur Auffahrt hinaus. Aber da war niemand.
    »Was macht dich so sicher, dass er es war?«
    »Ich habe nicht die geringsten Zweifel. Der Bart, die Jeans, sein ganzes Verhalten. So, als hätte eine Schauspieleragentur ihn geschickt.«
    Er lachte glucksend auf, als sie sich über ihn beugte, um ihn auf den Scheitel zu küssen. Inzwischen hatte er feines Haar wie ein Baby. Ein paar Strähnen waren – im vergeblichen Versuch, sie zu tarnen – über eine kahle Stelle gekämmt. Es rührte sie an.
    »Ich kann nicht viel mehr tun, als herumzusitzen und zu beobachten«, stellte er fest. »Wenn ich das lange genug tue, passiert sicher etwas Interessantes. Die Situation erinnert mich an
Fenster zum Hof.
«
    Es ist eine alte Angewohnheit von ihm, für alles im Leben den passenden Filmtitel zu finden. Dafür ist er bekannt, und die Leute witzeln hinter seinem Rücken darüber. »Dass mir bloß niemand
Mein linker Fuß
erwähnt«, raunte Addies Schwester ihr zu, als sie am Tag des Unfalls in seinem Krankenzimmer standen und zusahen, wie er versuchte, seine Krankenakte mit dem Kinn durchzublättern.
    »Darf ich Grace Kelly spielen?«, fragte Addie in fröhlichem Tonfall und bückte sich, um seine Wäsche aus dem Korb neben der Tür zu nehmen.
    »Du wärst die Idealbesetzung, mein Kind.«
    Der Unfall war ein schwerer Schlag für ihn gewesen. Und auch für sie. Was sie beide verband, war ihre Hilflosigkeit angesichts des Unumgänglichen.
     
    »Mir gefällt es genauso wenig wie dir«, hatte sie gesagt, bevor er Gelegenheit hatte zu protestieren. »Es ist ja nur für ein paar Wochen.«
    Sie und Della hatten alles vereinbart, ein Gespräch fast ohne Worte, eine kurze Unterredung auf dem Krankenhausflur. Addie hatte sich bereit erklärt, und Della hatte nur genickt. Es war die einfachste Lösung. Addie kam am ehesten in Frage, weil sie sich um niemanden kümmern musste als um sich selbst. Außerdem würde die Beschäftigung ihr guttun, dachte Della. In letzter Zeit war sie viel zu lange allein. Sie vereinsamte. Hugh zu pflegen war vielleicht genau das Richtige, um sie von ihren Sorgen abzulenken.
    Wenn sie unter sich waren, hatten sie ihn schon immer beim Vornamen genannt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Hugh ein einfacher Patient ist, hatte Della gesagt. Und sie hatte recht behalten.
    Addie war schnurstracks nach Hause gefahren und hatte ein paar Sachen in einen Koffer gestopft. Dann hatte sie Lolas Napf, ihre Bürste und ihre Decke in einer Einkaufstüte verstaut, Mantel und Schal genommen und das Haus verlassen. Es war ein eigenartiges Gefühl gewesen, die Wohnungstür zu schließen, hinter der sich, hermetisch abgeriegelt, ihr sorgfältig geplantes Leben verbarg. Ihre milchweißen Wände, die weißen Laken und die Maiglöckchenseife. Die kleinen Kräutertöpfchen auf dem Fensterbrett in der Küche, die Espressomaschine und die Tasse von Nicholas Mosse mit dem Veilchenmuster, aus der sie morgens gern ihren Kaffee trank. Nun stand die Tasse im Regal. Sie hatte nicht vor, ihr Leben mitzunehmen. Schließlich war es ja nur für ein paar Wochen.
    Woher also das mulmige Gefühl, als sie die Tür zur Souterrainwohnung öffnete? Beim Eintreten hatte sie gespürt, wie sich ihre Kehle zuschnürte und wie sie unwillkürlich die Schultern hochzog. Als Erstes war ihr der muffige Geruch in die Nase gestiegen, eine Feuchtigkeit, die durch Mark und Bein drang und einen von innen heraus erschauern ließ. Selbst der Hund hatte gezögert. Es ist ja nicht für immer, Lola!, hatte Addie gesagt. Doch ihre Stimme hatte dabei brüchig und unsicher geklungen. Addie hatte sich selbst

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