Liebe im Zeichen des Nordlichts
nichts tun.«
»Was ist mit dem Fisch? Wird die Katze nicht den Fisch fressen?«
»Das wäre der einzige Pluspunkt.«
Addie warf einen Blick aufs Aquarium. Das Wasser war ein wenig trübe, aber man konnte den Fisch herumschwimmen sehen. Er wurde immer größer. Es war ein bisschen seltsam, wie er einfach wuchs und wuchs.
»Bin ich ein schlechter Mensch, weil ich den Fisch so hasse?«, fragte Della mit dünner Stimme.
Nun betrachteten sie beide das Aquarium.
»Ich hasse diesen Fisch wirklich.«
Es war schwer, ihn zu bemitleiden. Selbst als Addie ihn nun betrachtete, gelang es ihr nicht.
Sie zuckte die Achseln.
»Wann kommt denn die Katze?«
»Weihnachten?«
»Ich dachte, ihr wolltet zum Skilaufen fahren?«
»Tun wir auch. Vielleicht kommt die Katze ja, wenn wir zurück sind?«
Addie gefiel das gar nicht.
»Bis Weihnachten dauert es nicht mehr lang.«
»Oh, sag das nicht. Wir haben doch erst November.«
Della graute vor Weihnachten. Die viele Arbeit. Die Geschenke, um die man sich kümmern musste. Die gekünstelte Fröhlichkeit. Allein der Gedanke ermüdete sie.
»Hast du dir schon ein Geschenk für Bruno überlegt?«
»Zu Weihnachten?«
»Er wird Weihnachten doch hier sein, oder?«
»Oh, ich glaube schon. Er hat nicht erwähnt, dass er nach Hause will.«
»Also wirst du ihm etwas schenken müssen.«
Es lag nicht daran, dass Addie nicht daran gedacht hatte, denn das hatte sie. Sie grübelte sogar schon darüber nach.
»Ich kenne ihn kaum«, erwiderte sie. »Erst als ich versucht habe, mir ein Weihnachtsgeschenk einfallen zu lassen, ist mir das klargeworden.«
»Schenk ihm einen Gutschein«, schlug Della vor. »Da kannst du nichts falsch machen.« Mit diesen Worten zwinkerte sie Addie vielsagend zu. Es bereitete ihr eine diebische Freude, dass Addie errötete.
Jedes Jahr zu Weihnachten schenkt Della Simon einen Gutschein für Oralsex. Was soll man jemandem, der eine halbe Million im Jahr verdient, sonst auch schenken?
»Wie schätzt Simon die Lage ein?«
Komisch, wie die Dynamik eines Gesprächs wechseln kann. Inzwischen waren sie ganz sachlich und erörterten in aller Ruhe die Angelegenheit. Im Moment schienen die Gefühlsausbrüche abgehakt. Sehr zu Dellas Erleichterung.
»Simon findet, er solle vorzeitig in Rente gehen. In ein paar Monaten ist es ohnehin so weit. Simon hält es für Wahnsinn, dass er sich an seine Stelle klammert. Die haben ihn offenbar auf dem Kieker.«
Della stand wieder vor der Arbeitsfläche und schaltete den Wasserkessel ein.
»Und was meinst du?«
Voller Angst und Anspannung wartete Addie auf die Antwort ihrer Schwester.
Della hatte sich umgedreht und lehnte an der Arbeitsfläche neben dem Wasserkessel. Sie rückte die Haarspange zurecht, die ihre Ponyfransen bändigte. Addie stellte fest, dass es eine mit Hello-Kitty-Motiv war.
»Also ich denke, er sollte es diesen Arschlöchern zeigen«, entgegnete Della leichthin. »Das ist meine Meinung. Zum Teufel mit ihnen.«
Addie floss aus Liebe zu ihr das Herz über.
»Ich sehe nicht ein, warum er sich geschlagen geben sollte. Er ist ein ruppiger alter Mistkerl, verhält sich seinen Mitmenschen gegenüber unmöglich und ist obendrein schrecklich aufbrausend. Aber das bedeutet noch lange nicht, dass man ihm die Zulassung entziehen sollte. Wenn er sich vorzeitig in den Ruhestand versetzen lässt, käme das einem Schuldeingeständnis gleich. Und das sollte er meiner Ansicht nach nicht tun. Er sollte es diesen Arschlöchern zeigen.«
Sie hatte einen Plastikkrug genommen und goss die Pflanzen auf dem Fensterbrett. Offenbar hatte sie den Teekessel vergessen, denn sie fing an, die Butterbrotdosen der Kinder zu spülen, und stapelte sie umgedreht zum Trocknen in den Geschirrständer neben dem Becken. Addie hatte den Eindruck, dass Della inzwischen immer fünf Dinge gleichzeitig tat.
»Hier«, sagte sie und stellte ein paar übrig gebliebene Weintrauben vor Addie auf den Tisch. »Tu ein gutes Werk und iss sie. Die Kinder rühren das Obst, das ich für sie kaufe, nie an.«
Automatisch pflückte Addie eine Traube nach der anderen ab und steckte sie in den Mund. Obwohl sie ein bisschen bitter waren, aß sie weiter.
»Ich dachte, du glaubst, dass er im Unrecht ist.«
»Mag sein«, erwiderte Della. »Aber das heißt noch lange nicht, dass er es zugeben soll. Wo ist die Grenze, wenn er erst einmal damit anfängt?«
»Bruno sagt, die Iren würden sich ständig entschuldigen. Das findet er ziemlich auffällig.«
»Tja, da
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