Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Liebe im Zeichen des Nordlichts

Liebe im Zeichen des Nordlichts

Titel: Liebe im Zeichen des Nordlichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen MacMahon
Vom Netzwerk:
liegt Bruno richtig. Wir verbringen unser ganzes Leben damit, um Verzeihung zu bitten. Wenn wir jemanden auf der Straße anrempeln, entschuldigen wir uns. Wenn wir jemanden unterbrechen, entschuldigen wir uns. Wir überschlagen uns fast vor Zerknirschtheit. Ich habe die Nase voll. Hugh hat recht. Warum soll er sich entschuldigen? Schließlich hat er nicht absichtlich einen Fehler gemacht. Er ist doch kein Massenmörder, sondern nur, wie ich bereits sagte, ein kauziger alter Knabe.«
    Zuweilen tut Della so etwas. Eine Wendung um 180  Grad. Das macht das Zusammensein mit ihr so spannend. Man weiß nie, was als Nächstes kommt.
    Zögernd stupste Addie sie an.
    »Du hast deine Meinung geändert.«
    Della zuckte die Achseln. »Vielleicht langweilt es mich einfach, ständig über ihn herzuziehen. Ich glaube, von nun an ergreife ich für ihn Partei.«
    Ihre Miene war streitlustig. Sie stützte die Handflächen auf den Tisch und verlagerte ihr Gewicht darauf, als sie sich zu Addie vorbeugte.
    »Wir sind dazu erzogen worden, uns vor allem zu fürchten, Ad. Dazu, uns zu verbeugen, mit den Füßen zu scharren und uns für jeden Fehler unter der Sonne zu entschuldigen. So, und jetzt habe ich genug davon.«
    Sie hatte sich in Rage geredet und war nicht mehr zu bremsen.
    »Ich will nicht, dass meine Kinder so ein Leben führen, Addie. Ich möchte, dass sie in die Welt hinausgehen und an sich glauben. Sie sollen sich alles zutrauen. Furchtlosigkeit, das ist es, was ich ihnen beibringen will. Wenn ich das schaffe, kann niemand sie aufhalten.«
    »Della.«
    »Ich weiß, dass ich mich in etwas hineinsteigere. Lass mich einfach.«
    »Das ist es nicht, Dell. Schau.«
    Della drehte sich um, gerade noch rechtzeitig, um ein kleines Mädchen vor dem Küchenfenster in der Luft baumeln zu sehen.
    »Du meine Güte!«
    Gefolgt von Addie, hastete sie zur Hintertür.
    Als sie draußen ankamen, war das Kind bereits gelandet. Das Mädchen stand mit beiden Füßen fest auf der Terrasse und wickelte sich aus einem verhedderten Bettlaken.
    Ein fremdes Kind. Addie war ihm noch nie zuvor begegnet.
    Das Laken, an dem es heruntergeklettert war, hing an der Hausmauer herunter. Addie und Della legten den Kopf in den Nacken und blickten nach oben. Eins, zwei, drei zusammengeknotete Laken erstreckten sich über drei Stockwerke. Oben, wo das Laken in einem Fenster verschwand, schaute ein kleines Gesicht ängstlich zu ihnen hinunter.
    »Elsa!«
    Dellas Stimme erinnerte an ein Bellen. Starr vor Wut breitete sie die Hände aus.
    » DU KOMMST JETZT SOFORT RUNTER !«
    Das Gesicht verschwand aus dem Fenster.
    Eine Minute später erschienen alle in der Küche. Ihr Atem ging schwer und stoßweise, und ihre Gesichter waren ängstlich gerötet. Mit ihren beiden kleinen Gästen waren sie zu sechst.
    Zuerst versuchten sie, sich zu rechtfertigen. »Wir haben nur eine Brandschutzübung gemacht«, begann Tess. »Für den Fall, dass es bei uns mal brennt.«
    Della stieß einen Schrei aus und hob die Hand.
    Die Mädchen standen in einer Zickzackreihe da und ließen die Standpauke über sich ergehen. Sechs ernste Augenpaare waren auf Della gerichtet.
    Dann liefen sie schuldbewusst nach oben, um die Bettlaken einzuholen.
    Della wartete, bis sie fort waren, und drehte sich zu Addie um.
    »Oh, mein Gott«, sagte sie. »Was für kleine Ungeheuer habe ich geschaffen?«
     
    Als Addie sich verabschiedete, begleitete Della sie zum Auto. Sie sparte sich die Mühe, Schuhe anzuziehen, und ging einfach auf Strümpfen.
    Addie drehte gerade den Zündschlüssel um, als sie bemerkte, dass ihre Schwester durch das Fenster auf der Beifahrerseite spähte und an die Scheibe klopfte. Addie beugte sich hinüber und kurbelte das Fenster herunter.
    »Ich habe das vorhin ernst gemeint, Ad.«
    Della lehnte sich ins Auto und hielt sich mit beiden Händen am Fensterrahmen fest.
    »Wir dürfen nicht mehr ständig Angst haben, Addie. Damit muss Schluss sein. Ganz gleich, was auch mit Hugh passiert, es ist kein Weltuntergang. Kein Mensch ist vollkommen.«
    Addie nickte mit Tränen in den Augen.
    »Du hast recht«, erwiderte sie. »Ich weiß, dass du recht hast.«
    Della zog den Kopf zurück, richtete sich auf und schlug mit der Handfläche aufs Wagendach. Dann machte sie kehrt und ging den Gartenweg hinauf zum Haus.
    Addie fuhr langsam los. Tränen verschleierten ihren Blick. Obwohl sie sie einige Male wegblinzelte, sah sie nur verschwommen. Also stoppte sie an der Straßenecke, um sich wieder zu fassen,

Weitere Kostenlose Bücher