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Liebe in St. Petersburg

Liebe in St. Petersburg

Titel: Liebe in St. Petersburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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zurück, als sie das Teegeschirr zusammenräumen wollte. In dem großen Zimmer war es dunkel, nur das Kaminfeuer warf flackerndes Licht auf die Sitzgruppe. Die Lampen waren noch nicht angezündet worden.
    »Deine Mutter ist nicht glücklich …«, sagte er zögernd.
    »Ich weiß es nicht.« Grazina setzte sich auf die Lehne von Gregors Sessel und legte einen Arm um seine Schulter. »Ich habe sie noch nie so sprechen hören wie heute.«
    »Sie hat nie von deinem Vater als ›Der General‹ gesprochen?«
    »Doch, das kenne ich nicht anders. Sie hat Papa nie anders genannt, aber ich wußte nicht, daß sie die Bären haßt.«
    »Sie haßt sie nicht.« Gregor schob seine Hand unter das blonde Haar und streichelte ihren Nacken. Jetzt, wo sie allein waren, wehrte sie ihn nicht ab. Sie legte den Kopf an seine Schulter und blickte sinnend in die knisternde Kaminglut. »Im Gegenteil! Sie fühlt sich mit den Bären irgendwie verwandt. Weißt du, wo dein Vater sie kennengelernt hat?«
    »Darüber spricht man doch nicht, Gregorij! Sie ist meine Mutter – er ist mein Vater – alles andere ist Gottes Wille!«
    »Ihr Russen habt eine bewundernswürdige Gabe, alles auf eine einfache Art zu sehen. Den Mund halten – auf Gottes Segen warten …«
    »Gregorij …« Sie küßte seine Schläfe zart und starrte dann wieder in die Glut. »Bin ich nicht anders? Habe ich meinen Willen nicht durchgesetzt? Ich liebe dich … Und du bist jetzt auf Trasnakoje – nicht heimlich, wie es sein müßte, sondern sogar mit Wissen meines Papas!« Sie hielt seine Hand fest, die sich von ihrem Nacken über die Schulter zu ihrer kleinen festen Brust hinuntertastete. »Das ist schon fast ein Skandal.«
    »Deine Mama war sehr jung, als Wladimir Alexandrowitsch sie heiratete?«
    »Sie war siebzehn.«
    »Fast noch ein Kind. – Sie müssen sich sehr geliebt haben.«
    »Vielleicht …« Grazina richtete sich plötzlich hoch auf. Sie schob entschlossen seine Hand weg, und im Schein des flackernden Kaminfeuers leuchteten ihre Haare wie Gold. »Was ist los mit dir, Gregorij? Warum interessierst du dich so für meine Mutter? Liebst du sie, oder liebst du mich?«
    »Grazina, du bist ein süßes Schäfchen …«
    »Du irrst!« Sie sprang von der Lehne des Sessels und stand jetzt zwischen Gregor und dem Feuer. Der Schein der Flammen umgab ihre Gestalt, als brenne das Feuer durch sie hindurch. »Die Michejews waren nie Schafe, immer die Wölfe!«
    »Ganz die Tochter ihres Vaters!« Gregor lachte, aber es klang etwas gepreßt und gewollt fröhlich. »Man erzählt sich von einem russischen Fürsten, daß er sich ein Wolfsrudel als Jagdhunde hielt. Man kann also auch Wölfe zähmen!«
    Er wollte Grazina um die Taille nehmen, aber sie wich zurück und stieß ihn mit der rechten Faust in den Sessel zurück. Ihr Gesicht konnte er nicht sehen, es lag im Schatten, aber er wußte, daß ihre blaugrünen Augen sprühten, als könnten sie Funken erzeugen.
    »Gregorij …«, und ihre Stimme klang dunkler als sonst, »ich liebe dich!«
    »Das wollen wir hoffen, Grazinanka.«
    »Warum kannst du nicht ernst sein?«
    »Ich bin ganz ernst …«
    »Ich bin bereit, mich für dich, wenn es sein muß, in Stücke reißen zu lassen – aber ich werde es nie ertragen, nur das Kissen zu sein, auf dem du dich ausruhst!« Sie beugte sich etwas vor, das Haar fiel über ihr Gesicht. »Verstehst du mich?«
    »Sicherlich.« Er schlug das linke Bein über das rechte und umfaßte mit beiden Händen sein Knie. »Das unterscheidet dich von deiner Mutter.«
    »Schon wieder Mama! Sie interessiert dich wohl sehr?«
    »Sehr …«
    »Dann geh hin und küsse sie!« schrie Grazina plötzlich. Sie beugte sich über ihn, schlug mit den Fäusten auf seine Schultern, dann fiel sie auf die Knie und legte ihren Kopf in seinen Schoß. Er spürte, wie sie zitterte, und wie bei einem Raubtier schnellte plötzlich ihr Kopf vor, und sie biß ihn in den Oberschenkel.
    Gregor war so verblüfft, daß er keinen Ton von sich gab. Erst als sie von neuem zu ihm aufblickte, sagte er tief atmend: »Verdammt noch mal, du bist …«
    »Ich bin eine Michejew!«
    »Ich glaube, ich begreife langsam, was das heißt!« Er faßte nach ihren blonden Haaren und zog sie an ihnen zu sich heran, obwohl sie sich sträubte, und ihre Augen funkelten. Doch dann hatte er ihr Gesicht ganz nahe vor sich und küßte sie. Ihre kleinen spitzen Zähne gruben sich dabei in seine Unterlippe, nicht so tief, daß die Haut verletzt wurde und blutete –

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