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Liebe in St. Petersburg

Liebe in St. Petersburg

Titel: Liebe in St. Petersburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Gegner in den Zarenpalast gebracht: Rasputin. Wenn ein solcher Mensch sich jetzt einen neuen Freund suchte, und dieser Mensch auch noch Graf Michejew heißt, dann konnte man sich ausrechnen, wie hoch eines Tages die Michejews steigen würden …
    Gregor hatte seinen Mantel dem livrierten Diener gegeben, hatte sich gekämmt, was nicht ganz einfach war, weil Luschek erst den Kamm suchen mußte, und betrat nun durch eine weiße Tür mit goldenen Ornamenten den Roten Salon. Drei Schritte vor Anna Petrowna Michejewa blieb er stehen und knallte die Hacken zusammen. Die Gräfin zuckte leicht zusammen.
    »Oberleutnant Gregor von Puttlach bittet um die Ehre, sich bei der Frau Gräfin als Gast melden zu dürfen!« sagte er steif.
    »O Gott!« sagte hinter ihm Grazina.
    »Nicht gar so militärisch!« sagte die Gräfin und lächelte still. Ihre Züge glichen denen Grazinas, nur hatte sie schwarze Haare, die sie in der Mitte gescheitelt trug. Sie kommt aus Südrußland, dachte Gregor; vielleicht aus dem Kaukasus? Eine so schöne Frau sieht man sonst nur auf den auf Porzellan gemalten Miniaturen. Es ist beinahe verständlich, daß der alte Michejew sie bewacht wie einen wertvollen Schatz und sich nur an hohen Feiertagen mit ihr in der Öffentlichkeit zeigt. Aber ihr gegenüber ist es eine Grausamkeit! Sie muß jung geheiratet haben; wenn Grazina zweiundzwanzig Jahre alt ist, so ist Anna Petrowna nicht älter als vierzig. Ein Paradiesvogel in einem goldenen Käfig … Man muß sie bewundern!
    »Ich weiß nicht, Gräfin, ob ich wieder etwas falsch gemacht habe«, sagte Gregor in seiner jungenhaften Art. »Seit ich Grazina kenne, stehe ich oft vor dem Spiegel und sehe mich verwundert an. So also sieht ein Holzkopf aus, sage ich zu mir … Ich bitte, das schon als einen Ansatz von Besserung zu betrachten!«
    »Wenn Sie etwas falsch gemacht hätten, Herr Oberleutnant, so würde ich Sie nicht vor die Brust trommeln.« Anna Petrownas Stimme paßte zu ihrer Erscheinung. Sanft, dunkler als die Glockenstimme Grazinas, selbstsicher und bei allem Samtklang doch einen Abstand schaffend …
    »Sie haben es gesehen, Gräfin?«
    »Aber ja! Ich bedauere Sie, daß Sie in die Hände meiner Tochter gefallen sind.«
    »Mama!« rief hinter Gregors Rücken Grazina Wladimirowna.
    »Willkommen auf Trasnakoje, Herr von Puttlach.« Die Michejewa streckte ihre Hand aus. Gregor beugte sich über sie und deutete einen Handkuß an. »Um nicht noch mehr zu komplizieren – es wird Komplikationen genug geben! – nennen Sie mich Anna Petrowna. Der General wird nichts dagegen haben, nachdem er Ihnen die Erlaubnis gegeben hat, zu uns zu kommen.« Sie lächelte wieder, was ihrem schmalen, vom schwarzem Haar eingerahmten Gesicht ein seltsames Leuchten verlieh. »Trinken Sie einen Kognak, Gregorij? Nach dem Sturz in den Schnee wird er Ihnen guttun.«
    Sie nannte ihn ganz selbstverständlich Gregorij, wie sie die Angewohnheit hatte – Gregor hörte es im Laufe des Tages noch oft und gewöhnte sich daran –, von ihrem Mann nur als ›Der General‹ zu sprechen.
    Später saßen sie am flackernden Kamin des Eckzimmers von Trasnakoje, blickten über den verschneiten Park, Gregor trank seinen vierten Kognak und die Damen wärmten sich mit Tee. Durch das Fenster beobachteten sie einen großgewachsenen Lakaien, der an einer Kette einen riesigen braunschwarzen Bären im Park spazierenführte. Der Obergefreite Luschek hatte sich dazugesellt. Er starrte den Bären an und rauchte dabei seine Pfeife.
    »Der General liebt Bären«, sagte Anna Petrowna. »Er hat drei Stück im Zwinger. Dies ist Wanja. Er hat sie alle eigenhändig gefangen und sie hängen an ihm mit einer rätselhaften Liebe.«
    »Wladimir Alexandrowitsch liebt die Jagd?« fragte Gregor artig.
    »Noch nicht einmal.« Anna Petrowna beobachtete den riesigen Bären. »Ihm macht es nur Spaß, etwas zu bändigen.«
    Später ließ Anna Petrowna ihre Tochter mit Gregor allein. Es war Zeit, sich zum Abendessen umzukleiden. Der erste Lakai wartete in der Halle, um Gregor seine Zimmer zu zeigen. Luschek war bereits in den Kreis des Gesindes aufgenommen worden. Er hatte ein Zimmer neben der Wohnung des Stallmeisters. Außerdem hatte er entdeckt, daß in der Küche, wo vier Mädchen und eine Köchin arbeiteten, die kleine zierliche Alla Iwanowa genau seinen Vorstellungen von einem hübschen Mädchen entsprach. So mußte eine aussehen, die der Obergefreite Luschek in seine kräftigen Arme nehmen würde …
    Gregor hielt Grazina

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