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Liebe in St. Petersburg

Liebe in St. Petersburg

Titel: Liebe in St. Petersburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Thronfolger erschossen worden …«
    Die Gräfin starrte ihn an. Ihre schönen schmalen Lippen begannen heftig zu zucken. »Und ich spreche von Rasputin! Man hat versucht, ihn zu beseitigen. Und das alles an einem Tag! Gregorij Maximowitsch, das bedeutet das Ende unserer Welt!«
    »Rasputin ist unwichtig!« Gregor legte das Telegramm auf ein Taburett. »Aber wenn Österreich Rache für Sarajewo verlangt, dann … Wo ist Grazina?«
    »In Peterhof, bei den Großfürstinnen Tatjana und Olga. Sie hatten sie zum Tee eingeladen. Und da kommt dieses Telegramm.« Anna Petrowna hielt Gregors Hand fest. Er fühlte, wie eine heiße Welle durch seinen Körper floß. »Gregorij, wie können Sie sagen, Rasputins Tod oder Leben sei unwichtig? Mit Rasputin geht auch das Haus Romanow unter – das ist eine Weissagung!«
    »Jetzt ist es aber wichtiger, was in Serbien passiert!«
    »Auch! Rußland wird erschüttert werden wie von einem Erdbeben. Von außen Krieg – von innen die Revolution!«
    Sie sagte es in einem Tonfall, der Gregor zusammenzucken ließ. Dann färbte sich ihr bleiches Gesicht wieder; wie eine Schlange schnellte ihre Hand vor und zerknüllte das Telegramm. Mit der anderen Hand hielt sie immer noch Gregor fest.
    Mein Gott, durchfuhr es ihn, sie spricht, als seien ihr Krieg und Revolution willkommen …
    »Anna Petrowna«, fragte er stockend, »ich denke, Sie hassen den Krieg?«
    Sie nickte. Ihre Finger krallten sich in seine Hand, die Nägel bohrten sich in seinen Handballen. Es tat weh, aber er machte keine Abwehrbewegung. »Gott verhüte, daß unsere Völker sich gegenseitig zerstören. Aber dieses Rußland ist reif für den Untergang.«
    »Das sagen Sie, eine Michejewa?«
    »Michejewa!« Ihr Gesicht verzerrte sich, sie sprach den Namen aus, als spucke sie ihn von sich. »Man hat mir diesen Namen umgehängt wie einen Orden. Ich wurde gar nicht gefragt, ob ich ihn tragen wollte. Gregorij, was wissen Sie schon über mich!«
    »Eigentlich nichts! Erzählen Sie mir von sich, Anna Petrowna.«
    »Später.« Sie ließ seine Hand los. Im Fleisch waren tiefe rote Eindrücke von ihren Fingernägeln.
    Gregor setzte sich neben sie, hob das zerknüllte Telegramm auf und warf es in einen silbernen Aschenbecher. Sie beobachtete ihn stumm; aber es waren andere Blicke als die, mit denen eine Mutter den Verlobten ihrer Tochter mustert …
    »Sie halten mich für undankbar, nicht wahr? Eine Gräfin, Frau eines Generals, Herrin über mehrere Dörfer und Tausende Hektar Landes, eine der reichsten Frauen Rußlands, Teedame der Zarin, beneidet von allen …«, sagte sie leise. »Was wünscht man sich mehr?«
    »Sie verdanken dem Zaren viel, Anna Petrowna.«
    »Soviel kann kein Zar schenken, um das wiedergutzumachen, was die Zaren uns angetan haben!« sagte sie hart. »Ich bin Georgierin …«
    »Ich weiß es.«
    »Kennen Sie die Geschichte Georgiens?«
    »Unvollständig.«
    »Sie ist mit Blut geschrieben, und das meiste Blut hat meine Familie vergossen, die Tschatorians. Ganz Georgien war ein Schlachthaus, und man hat uns den Satz ›Ich bin eine Russin‹ mit Säbeln in die Gehirne geschlagen.«
    »Das ist lange her, Anna Petrowna …«
    »Nicht zu lange, um einen Michejew zu veranlassen …« Sie verstummte und schüttelte den Kopf. »Später einmal, Gregorij, später sollen Sie alles wissen.« Sie stand auf und war wieder die elegante, noch jugendliche Frau des Grafen Michejew, die vollendete Gastgeberin, schön wie ein Gemälde mit ihrem lackschwarzem Haar und dem ebenmäßigen feinen Gesicht.
    Wie sie sich beherrschen kann, dachte Gregor. Welche Leidenschaften kann sie verbergen unter dem maskenhaften Lächeln, das jeder, der sie nicht kennt, als charmant empfinden würde. Die vollkommene Täuschung! Ein Vulkan, der bis zu seinem Ausbruch Blumen auf sich wachsen läßt.
    »Trinken Sie Tee mit mir, Gregorij?« fragte sie.
    »Ich habe leider nur eine Stunde Urlaub vom Dienst.«
    »Was kann ich Grazina von Ihnen bestellen?«
    »Ich komme am Abend wieder, wenn es erlaubt ist!«
    »Gregorij, welche Frage! Sie dummer Junge! Das hier ist doch auch Ihr Haus!« Sie reichte ihm die Hand, er beugte sich darüber und küßte sie. Als er den Kopf hob, stand sie dicht vor ihm, umfaßte sein Gesicht und gab ihm einen Kuß auf die Stirn. Ihm war, als verglühe sein Gesicht von innen heraus.
    »Machen Sie sich keine Sorgen«, sagte sie und strich leicht über sein Haar. »Wenn die Stunde der Entscheidung da ist, werden Sie wissen, wohin Sie

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