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Liebe in St. Petersburg

Liebe in St. Petersburg

Titel: Liebe in St. Petersburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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zur Mobilmachung vorbereitet, Nikolai Nikolajewitsch und die Generäle Michejew, Januschkjewitsch und Dobrowolsky kamen nicht mehr aus den Uniformen, der Marineminister Admiral Grigorowitsch telefonierte entsetzt herum: er hatte festgestellt, daß die russische Flotte der deutschen nicht gewachsen sei. Kriegsminister Suchomlinow pendelte zwischen seinem Amtssitz und dem Alexandriapalast in Peterhof, wo sich die Zarenfamilie im Sommer aufhielt, hin und her, und in seiner Villa auf der Insel Jelegan unterschrieb der Innenminister Maklakow eine Verfügung nach der anderen, die zur bewußten ›Stunde X‹ wirksam werden sollte.
    In Rußland überließ man nichts dem Zufall. Noch nie war ein Krieg perfekter, aber in aller Stille vorbereitet worden.
    Gregor und Grazina ritten an dem bewußten Tag durch die Parks von Kamennyi Ostrow, einer der vielen Inseln, die durch die kleine und die große Newa gebildet werden. Die Inseln waren durch Brücken miteinander verbunden, zu Gärten gestaltet und wiesen herrliche Blütenbeete, Alleen, Buschgruppen und Laubenwege auf.
    Es war um die Mittagszeit, die Sommersonne brannte, und tiefe Stille lag über dem Park. Eine flimmernde Luft, angefüllt mit dem Duft von abertausend Blumen, erfüllte die Insel. Gregor und Grazina ritten nebeneinander eine breite Allee hinunter, auf den großen runden Platz zu, wo sich sternförmig alle Wege trafen.
    Schon von weitem sahen sie eine größere Menschenmenge auf dem Platz. Sie scharte sich um eine rote Fahne, die ab und zu geschwenkt wurde. Ein vielstimmiger Chor brandete dann auf, aber was die Menschen riefen, verstand man nicht.
    Grazina zügelte ihr Pferd. »Laß uns umkehren, Gregorij.«
    »Warum?« Er legte die Hand über die Augen und blickte durch den Sonnenglast auf die Menschenansammlung. Es waren größtenteils Studenten in den schmucken Uniformen der Petersburger Universität.
    Uniformen – eine Leidenschaft aller Russen! Jeder zehnte trug in Petersburg einen bunten Rock, nicht nur die Offiziere und Mannschaften, die Schüler, die Studenten, die Feuerwehr – ja, sogar die Ammen, die besonders stolz darauf waren und je nach ihrer Richtung verschiedene Farben trugen: Die Ammen für die Mädchen trugen rosa Kleider, die für die Jungen blaue. Ein bunteres Bild als die Bevölkerung von St. Petersburg gab es auf der ganzen Welt nicht.
    »Es sind Studenten«, sagte Gregor.
    »Ihre rote Fahne gefällt mir nicht!« Grazina versuchte, Gregors Zügel zu ergreifen, aber er wich aus.
    »Auch die Deportierten nach Sibirien hätten eine rote Fahne getragen, wenn man es ihnen erlaubt hätte!« rief er.
    »Das war etwas anderes, Gregorij. Du kennst die russischen Fanatiker nicht!«
    »Wenn ich, wie dein Vater will, Russe werden soll, muß ich auch sie kennenlernen. Vorwärts!« Gregor schnalzte mit der Zunge, das Pferd streckte sich und jagte im Galopp die Allee hinunter.
    Die Menschengruppe öffnete sich, als Gregor von Puttlach in einer kleinen Staubwolke aus den Büschen hervorpreschte. Grazina folgte ihm – wie es in Petersburg schicklich war, im Damensattel –, und der Schleier an ihrem Reithut wehte wie eine kleine Standarte. Gregor hielt sein Pferd an und sah sich einer Menschenmauer gegenüber, von der roten Fahne überweht.
    »Sieh an, ein Deutscher!« rief jemand aus der Menge mit einer hellen, fanfarenartigen Stimme.
    »Und noch dazu ein feines Offiziers-Herrchen!« schrie ein anderer. »Galoppiert heran und wirft Staub auf ehrsame russische Bürger!«
    »Ist wohl einer, der auch mit der Peitsche dreinhaut, wenn man nicht sofort zur Seite springt?«
    »Und das Püppchen neben ihm! Seht es euch an, Genossen! In Seide und Spitzen. Ihr Hut allein ist mehr wert als der Monatslohn eines Schlossers!«
    »Und die herrlichen Pferdchen! Ein halbes Leben lang müßte eine Waschfrau dafür arbeiten!«
    »Es lebe das Proletariat!«
    »Brüder, zur Sonne …«
    Aus der Menschenmenge löste sich ein großer kräftiger Student. Er trat an Gregor heran und musterte ihn aus dunklen stechenden Augen. »Steig ab, Deutscher!« sagte er. »Das Pferd gehört dem Volk.«
    Gregor starrte den Studenten ungläubig an. »Ich verstehe Sie nicht«, sagte er höflich.
    »Er versteht uns nicht!« brüllte der Student. »Du bist ein deutsches Schwein, ist das klar?«
    Gregor wurde blaß und riß mit einem Ruck den Degen aus der Scheide.
    »Gregorij!« rief Grazina hell. Ihr Gesicht war eine einzige Maske des Entsetzens.
    Es war zu spät. Im Nu hatten die Studenten

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