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Liebe in St. Petersburg

Liebe in St. Petersburg

Titel: Liebe in St. Petersburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Meer fahren! Alle Beamten werden Ihnen behilflich sein, daß Sie weich und sicher sitzen. In Rußland kommt man immer weiter, man muß nur Ideen haben!«
    An einem wirklich heißen Augusttag wartete dann auf dem Bahnhof von Mistinskij eine geschlossene Kutsche auf den Zug.
    In Ostpreußen marschierten die deutschen und russischen Armeen gegeneinander auf, um sich zu vernichten; Michejew stand neben Rennenkampf auf einem Hügel, während Hindenburg und Ludendorff auf deutscher Seite sehr ruhig von einem Kartentisch aus die Schlacht vorbereiteten.
    Dr. Telbonkin saß persönlich auf dem Kutschbock, im Innern der Kutsche hockten eine Krankenschwester und ein erbärmlicher Mensch mit bleichen, starren, maskenhaften Gesichtszügen, dessen Körper ab und zu von einem krampfhaften Schütteln gepeinigt wurde. Tschugarin und Luschek waren schon unterwegs. Der Gelähmte führte den Blinden, und wie immer übertrieb Luschek, rempelte vor allem junge Frauen an und klammerte sich an ihren Brüsten fest.
    »Ein armer Mensch, Schwesterchen!« sagte dann der Kutscher. »Blind von Geburt an! Verzeiht es ihm.« Die Frauen nickten voller Verständnis, steckten ihnen sogar eine kleine Melone oder ein Brot mit Wurst zu und hatten Mitleid mit dem schönen Mann, der nichts von der Welt sehen konnte.
    Die Militärkontrolle hatte sie passieren lassen. Man interessierte sich nur für gesunde Männer, die sich vom Kriegsdienst drücken wollten. Zu dem leitenden Offizier der Kontrolle, einem jungen Leutnant, war Telbonkin schon vorher gegangen. »Ich habe einen schwerkranken Herrn hier«, hatte er gesagt, »mit seiner Krankenschwester. Wenn der Zug kommt, lassen Sie sie bitte gleich einsteigen. Ich möchte den anderen Reisenden den Anblick ersparen.«
    »Natürlich!«
    Dann kam der Zug, ein altes schnaufendes Vehikel, das bis Tjumen vier Tage unterwegs sein würde. Er hielt mit schreienden Bremsen und ließ zischend Dampf ab. Die Menschen stürzten zu den Waggons, Tschugarin und Luschek schwankten davon. Dr. Telbonkin öffnete den Kutschenschlag, und der Leutnant wartete am Erster-Klasse-Waggon.
    »Jetzt!« sagte Telbonkin. »Gott mit Ihnen! Überleben Sie den Krieg!«
    »Wir werden immer in Ihrer Schuld bleiben, Wasja Mironowitsch«, murmelte Grazina.
    »Das ist nicht wahr! Mein Honorar ist fürstlich!« Dr. Telbonkin lachte leise. »Ich habe' Ihre Pferde behalten – ist das nichts?«
    Es war ein denkwürdiger Weg zum Zug. Was man einstudiert hatte, klappte vorzüglich. Der Offizier half sogar noch mit, Gregor zu stützen, als dieser – zitternd – kaum die hohen Trittbretter in den Waggon schaffte.
    »Eine harte Aufgabe für Sie«, sagte der Leutnant, als Gregor endlich im Abteil saß und Grazina zurücklief, um die Koffer zu holen. Zwei Soldaten brachten sie bereits von Telbonkins Kutsche herbei, was dieser mit Augenzwinkern verfolgte. »Glauben Sie, man kann ihn heilen?«
    »Der Mensch darf die Hoffnung nie aufgeben, Herr Leutnant.« Grazina schenkte ihm ein etwas wehmütiges Lächeln. »Vielen Dank für Ihre große Hilfe!«
    Die Lokomotive pfiff grell, gleich darauf ruckte der Zug an und verließ den Bahnhof. Neben den Bahngleisen zog sich die Straße entlang, und darauf rumpelte Telbonkins Kutsche eine kurze Zeit neben dem immer schneller werdenden Zug hin. Der Doktor saß fröhlich auf dem Bock, sein weißes Haar glänzte in der heißen Sonne, und er ließ die lange Peitsche übermütig knallen. Fast schien es, als singe er dabei …
    »Ich werde ihn nie vergessen«, sagte Grazina und setzte sich neben Gregor. »Vielleicht hat er uns das Leben gerettet. In vier Tagen sind wir in Tjumen. Wir haben viel Glück gehabt …«
    »Und wir werden noch mehr gebrauchen können, Grazinanka«, sagte Gregor, »bis wir in der Einöde Sibiriens sicher sind.«
    »Wir haben acht gesunde Hände, Gregorij!«
    »Aber keine Pferde mehr.«
    »In meinen Kleidern sind fünftausend Rubel eingenäht. Wir können uns eine ganze Pferdeherde kaufen!« Sie lachte und küßte ihn auf die Augen. »Grischa, so unlogisch das auch klingen mag: Ich bin glücklich!«
    Sie wurden ein paarmal durch Militär- und Polizeistreifen kontrolliert. Immer, wenn die Kontrollen durch die Waggons gingen – man hörte sie schon von weitem, denn sie brüllten jeden an – drückte sich Gregor in seine Abteilecke und begann zu zittern, sich zu schütteln und setzte mit der Speichelproduktion ein.
    Die Uniformträger, sich in einem Gefühl herrlicher Macht über die Zivilisten förmlich

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