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Liebe in St. Petersburg

Liebe in St. Petersburg

Titel: Liebe in St. Petersburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Wehrlos mußte es Gregor über sich ergehen lassen. »Wer ist er?«
    »Ein deutscher Offizier«, sagte Grazina, gelähmt von seinem Blick.
    Gregor knirschte mit den Zähnen. »Ich bringe Sie um«, zischte er, »wenn Sie jetzt Alarm schlagen.«
    »Und wer bist du?« wandte sich der Bärtige wieder an Grazina.
    »Grazina Wladimirowna Michejewa.«
    »Die Tochter des Generals?«
    »Ja.«
    »Ich kenne deine Mutter gut. Eine Freundin von Mama und der Wyrobowa. Ihr flüchtet vor dem Krieg? Gut tut ihr daran! Bleibt in Sibirien, da seid ihr sicher. Ich werde vielleicht nächste Woche nach St. Petersburg fahren und mit Papa sprechen. Er muß den Krieg einstellen! Soviel Blut über Rußland … soviel Elend und Not! Bleibt in Sibirien! Gott mit euch, meine Kinder!«
    Er segnete sie mit den drei erhobenen Fingern und schwankte dann weiter über den Bahnsteig. Die beiden Bäuerinnen rannten auf seinen Wink wieder zu ihm und stützten ihn.
    Gregor und Grazina gingen weiter zu dem kleinen Hinterausgang. »Wer war das?« fragte Gregor.
    »Das war Rasputin …«
    »Unmöglich!« Gregor blieb stehen und starrte dem Bärtigen nach. »Dieser stinkende Muschik? Der will Rußland retten?«
    »Die Zarin und der Zar hören auf seinen Rat …«
    »Armes Rußland«, sagte Gregor leise und erschüttert. »Armes, armes Rußland.«
    Vor dem Bahnhof nahmen Tschugarin und Luschek sie in Empfang. Eine Mietkutsche wartete. Tschugarin hatte den Kutscher durch einige Ohrfeigen davon überzeugt, daß es unbedingt notwendig sei, sie zu fahren.
    »Wohin?« fragte der Geohrfeigte böse. Erst die drei Rubel, die ihm Grazina in die Hand drückte, besserten seine Stimmung.
    »Kennst du das Gut Nowo Prassna?« fragte Grazina.
    »Nein! Wo soll es liegen?«
    »Zwischen Tjumen und Tobolsk, direkt am Ufer des Tobol …«
    »Man wird es finden«, sagte der Kutscher. »Aber es ist eine lange Strecke, Hochwohlgeboren.«
    »Gute Bezahlung dafür ist dir sicher.«
    »Und Prügel auch, wenn du es nicht findest«, schrie Tschugarin. »Hilf die Koffer festbinden, Freundchen, sonst mache ich aus dir Hundefutter.«
    Aus dem Bahnhof erscholl vielstimmiger Gesang. Väterchen Grischa, der heilige Mann Rasputin, segnete die Menge. An ihm zeigte sich, daß Gott noch Wunder vollbrachte. Denn nur ein Wunder konnte es sein, daß Rasputin, obwohl ihm vor wenigen Wochen der Bauch aufgeschlitzt worden war weiterlebte.

XII
    Das Gut Nowo Prassna war mehr ein kleines Dorf und lag am Ufer des Tobol. Es bestand aus 39 Bauernhütten, jede von einem Knüppelzaun umgeben, mit einem Gärtchen, bemalten Fensterläden und Schnitzereien über den Türen.
    Das Herrenhaus war ein langgestreckter einfacher Bau etwas außerhalb des Dorfes, umgeben von hohen alten Birken und Erlen. Es war ebenfalls aus Holzstämmen gefügt, nur sah man sie nicht mehr, weil sie später mit einer Mauer verkleidet worden waren. Dann war ein Kunstmaler gekommen und hatte die Wände bemalt – klassisch. Mit Säulen und einer Vorhalle, perspektivisch so raffiniert, daß einfältige Besucher bewundernd in die Säulenhalle eilen wollten und – rumm! – mit dem Kopf gegen die Wand knallten. Fürwahr, ein Kunstwerk!
    Auch Gregor fiel der Sinnestäuschung zum Opfer, als die Kutsche das Dorf passiert hatte. »Phantastisch!« rief er begeistert. »So etwas mitten in Sibirien!«
    »Komm erst näher, Liebling!« Grazina lachte und legte den Arm um Gregors Schulter. Sie war glücklich. Endlich in Nowo Prassna, endlich in Sicherheit, endlich fern von allen Problemen und Schrecken des Krieges. Hier in Sibirien, bei Tante Prochkowa, würde das Überleben leicht sein. Auch wenn im Laufe der Zeit immer wieder Kontrolltrupps des Militärs vorbeireiten würden, um die Männer mitzunehmen, die sich vom Kriegsdienst gedrückt hatten – man wurde gewarnt und konnte in den Wäldern untertauchen.
    Luschek, der mit Tschugarin auf dem Bock neben dem Kutscher hockte, riß die Augen auf, als er das Herrenhaus sah. »Wie in Potsdam!« rief er. »Und ick hab' immer jedacht, Sibirien sei tiefste Wildnis!«
    Sie erreichten die Auffahrt, umfuhren den Teich und hielten vor dem Herrenhaus. Grazina lachte noch immer, als sie Gregors verblüfften Blick sah, nachdem er die Wahrheit erkannt hatte. Auch Luschek kratzte sich den Kopf und stieß Tschugarin, der das ja kannte, in die Rippen.
    »Alles jemalt, wat?« rief er. »Det is 'n Ding!«
    »Das ist das Tollste, was ich je gesehen habe«, sagte Gregor. »Daß Wladimir Alexandrowitsch so etwas in

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