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Liebe ist ein Kleid aus Feuer

Titel: Liebe ist ein Kleid aus Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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selbst deren Gegenwart kaum noch.
    Nein, es machte Oda nichts aus, dass es immer weniger wurden, die auf der Burg dienten, als gäbe es irgendwo ein gieriges Loch, das sie alle nach und nach verschluckte. Die Leute setzten sich ab, rannten zurück zu ihren jämmerlichen Hütten, obwohl ihnen das mitten im Jahr strengstens verboten war. Gewiss, sie hätte sie zurückholen lassen können, hart abstrafen und ihnen anschließend befehlen, ihre Arbeit wieder aufzunehmen. Doch wozu all diese Anstrengungen? Sollte die ganze Welt doch sehen, dass sie hier im Unglück leben musste, sie, der einmal der höchste Himmel offen gestanden hatte.
    »Bist du dir da ganz sicher?«
    »Ja, er hat es wieder einmal geschafft. Aber es wird nichts daraus, das kannst du ihm ebenfalls ausrichten.«
    Sein Blick war neugierig und ungeheuer dreist zugleich. Nichts entging ihm, weder ihre strähnigen Haare noch die Ärmel, an denen Essenreste klebten. Das einstmals blaue Kleid hatte sie seit dem letzten Vollmond nicht mehr gewechselt. Malins Rosenwasser verdunstete ungenutzt in ihrer Kammer. Oda wusste, dass sie sich gehen ließ, und sie tat es mit voller Absicht. Allerdings wäre es weitaus befriedigender gewesen, hätte Raymond dabei zusehen können. Wieso ließ er überhaupt so lange auf sich warten? Egal, sie war entschlossen durchzuhalten, bis er endlich mit seinen Männern zurück war.
    Jetzt sah der Strick sie offen unverschämt an.
    »Sieht eher so aus, als könntest du von kleinen Bälgern gar nicht genug bekommen.« Er starrte auf ihren Bauch.
    »Raus!«, sagte Oda, aber ihre Stimme klang so kraftlos, dass er einfach sitzen blieb.
    Sein Grinsen vertiefte sich.
    »Dann ist es also dein Gatte, der darauf versessen ist? Ich kenne ihn, deinen Raymond. Noch aus den guten alten Zeiten. Mir musst du nicht erzählen, wie hartnäckig er sein kann!«
    Malin, die ein Stück weiter unten am Tisch saß und mit halb geschlossenen Augen ihre Handspindel drehte, wollte schon auffahren, aber ein knappes Nicken Odas hinderte sie daran. Sie setzte ihre Arbeit fort. Ihre Haltung allerdings verriet, dass sie sich kein Wort entgehen ließ.
    »Gegessen und getrunken hast du. Das Stroh ist aufgeschüttet. Weshalb kannst du mich nicht endlich in Ruhe lassen?«
    »Weil wir zu reden haben«, sagte er. »Du und ich. Du langweilst dich?«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Ich kann es riechen, schöne Dame.« Er sprach weiter, bevor sie auffahren konnte. »Deshalb hab ich dir Bernhards Kleine gebracht. Ihre Tante musste sich mitten im Winter zu ihren frommen Schwestern absetzen. Hast du nicht bemerkt, wie das Mädchen aussieht? Halb verhungert und voller Ungeziefer von Kopf bis Fuß. Wer kann schon sagen, was ihr ein herrenloses Gesinde im Lauf der Wochen noch angetan hätte?«
    Mit einem Knochenstück begann er ungeniert in seinen Zähnen zu stochern. Oda verfolgte angewidert sein Tun.
    »Allerdings kannte ich Burg Scharzfels noch nicht. Und ich könnte mir durchaus vorstellen, dass auch der Waffenbruder deines Gatten bei ihrem Anblick einigermaßen überrascht sein würde.«
    Oda sah, wie er wieder umherschaute, und für einen kurzen Augenblick durchfuhr sie zu ihrer Verblüffung beinahe etwas wie Scham. Dann jedoch kehrte ihre trotzige Gleichgültigkeit zurück. Sollte er nur sehen, was sie zu ertragen hatte! Der Hundekot in der Halle, die schmutzigen Wände, die aufsässigen Mägde, die Knechte, die nur noch selten gehorchten – die Gemahlin Raymonds führte eben ein alles andere als angenehmes Leben!
    »Damit hab ich nichts zu schaffen«, sagte sie. »Er sagt mir nichts über seine Ritter, niemals, und ich will auch gar nichts darüber wissen.«
    Sie spürte, wie sich das Kind in ihrem Leib bewegte. Es lebte. Es trat sie, kraftvoll und vorzugsweise immer dann, wenn sie gerade ihre Ruhe haben wollte. Aber das hieß noch überhaupt nichts, wie die Erfahrung sie leidvoll gelehrt hatte. Unwillkürlich glitten ihre Hände zum Bauch und verharrten dort.
    Und auch diese Geste entging ihm nicht.
    »Wann ist es denn so weit?«, fragte der Strick und trat nach einem Hund, der sich zu nah an seinen Stuhl gewagt hatte.
    »Irgendwann. Nach Ostern, vermute ich. Sonst noch was?«
    »Sie bleiben nicht am Leben«, fuhr er unbeirrt fort. »Das ist es doch, oder, was dir zu schaffen macht. Hab ich Recht? Ich hab die kleinen Kreuze draußen gesehen. Alle drei.«
    Ihre hellen Augen füllten sich mit Tränen, und es war ihr gleichgültig, dass es ausgerechnet diese Kreatur war, die ihr

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