Liebe ist ein Kleid aus Feuer
Brett des Lebens herumschieben konnten.
»So aufgeregt hab ich ihn noch nie gesehen«, sagte Rose. »Der Krieg erregt ihn offenbar mehr als die Liebe.«
»Was versteht du schon davon?«, fuhr Oda sie an. »Deine einfältige Meinung will doch ohnehin keiner hören. Geh lieber zurück zu deinen frommen Schwestern, kleiner Bankert. Da bist du besser aufgehoben.«
Dieses Mal hatte sie Rose direkt ins Herz getroffen. Eila sah, wie das Gesicht der Freundin ganz starr wurde und sie angestrengt zu schlucken begann.
»Sie meint es nicht so«, sagte sie schnell. »Du kennst sie doch! Hör einfach nicht hin!«
»Doch, sie meint es so.« Rose umklammerte das Kreuz auf ihrer Brust, als suche sie Halt. »Sie hat ja Recht. Was soll ein Bankert wie ich schon am Hof des Königs?«
Die Tränen kamen erst, als sie draußen war. Dann aber flossen sie so heftig, dass alles vor ihren Augen verschwamm. Am liebsten hätte sie sich aufgelöst in diesem Meer von Salz und Schmerz, aber sie wusste natürlich, dass das unmöglich war.
»Marja«, flüsterte sie. »Marja! Ich hab die Lunula geopfert, damit ich werde wie sie, aber es geht trotzdem nicht. Warum kann ich nicht endlich bei dir sein?«
Sie presste ihr heißes Gesicht gegen die kalte Wand, fühlte sich wie ein Vogel, der nicht mehr fliegen konnte, weil ein vergifteter Pfeil in ihm steckte. Niemand wollte sie. Überall war sie nur im Weg. Es war eine Gnade, dass das Stift sie überhaupt aufgenommen hatte.
Sie, die nirgendwohin gehörte. Sie, die gar nichts wert war.
Blindlings ging sie weiter, unwillkürlich angezogen von dem Feuerschein und den Stimmen, die sie am Ende des Flurs hörte. Doch einzutreten wagte sie nicht. Was hatte ein Mädchen wie sie schon in der Gesellschaft der königlichen Ritter verloren?
»Er hat es tatsächlich gewagt«, hörte sie ihren Vater sagen. Bernhard von Weißenborns leicht schleppende Stimme war unverkennbar, auch wenn Rose sie schon Jahre nicht mehr gehört hatte. Sie zuckte nicht zusammen, nicht mehr. Sie sehnte sich nicht einmal mehr nach seiner Liebe, das wusste sie in diesem Augenblick. Inzwischen war sie daran gewöhnt, ohne diese zu leben.
»Wer hat was gewagt?« Das klang aufgebracht und kam von Herzog Liudolf.
Rose machte einen Schritt nach vorn, damit sie mehr sehen konnte. Die Ritter standen beisammen und redeten aufgeregt.
»Berengar«, sagte Bernhard. »Er soll nicht nur König Lothar vergiftet haben, sondern hat sich nun auch noch frecherweise vor den Großen des Landes die Krone Italiens aufgesetzt. Die Nachrichten sind ganz frisch. Wir sind sofort von Augsburg hierher geritten, nachdem wir sie erhalten haben.«
»Das schreit nach Vergeltung«, sagte jemand, den Rose nicht kannte. »König Otto kann sich einen Affront wie diesen nicht gefallen lassen. Wir halten seit Jahrzehnten den Norden und Osten in Schach. Der Süden wird unseren Schwertern und Lanzen auf Dauer ebenso wenig widerstehen können.«
»Was ist mit Lothars junger Witwe Adelheid? Lebt sie noch?«
»Sie ist geflohen, und wie man hört, hat sie gut daran getan«, sagte Bernhard. »Denn wenn Berengar ihrer eines Tages habhaft wird, hat Adelheid nichts zu lachen.« Er zögerte, sprach dann leiser weiter. »Es heißt, sie habe zudem den gesamten Königsschatz mitgenommen. Falls das tatsächlich zutrifft, ist sie sehr klug – und ihr Leben in größter Gefahr.«
»Ist das wahr, Hermann?«, fragte Liudolf. »Oder handelt es sich lediglich um Gerüchte?«
»Wahr oder nicht wahr, Sire«, sagte der Billunger, »was spielt das für deine Pläne schon für eine Rolle?«
Sire – so redete man nur den König an! Rose erstarrte. Was ging hier vor?
»Uns sollte das in der Tat nicht allzu sehr kümmern«, fuhr der Billunger fort. »Denn jeder hier im Saal weiß, dass niemand berechtigtere Ansprüche auf die Krone Italiens erheben kann als Herzogin Ida.«
»Du vergisst Heinrich, den jüngeren Bruder des Königs«, warf Liudolf ein. »Meinen aufsässigen Onkel. Und seine Frau Judith, die schon lange ihre gierigen Hände nach Italien ausstreckt.«
»Heinrich von Bayern kann aber nicht auf uns zählen«, entgegnete Hermann Billung. »Ebenso wenig seine Gattin, wie groß ihr Appetit auch sein mag. Wenn dagegen du diese Ansprüche für Herzogin Ida einlösen willst – wir, deine Ritter, sind bereit!« Er senkte die Stimme. »Eine Entscheidung, die das Blatt wenden könnte. Rasch und zu deinen Gunsten, Sire!«
»Der König!«, hörte Rose jemanden sagen. »Und Raymond von
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