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Liebe ist ein Kleid aus Feuer

Titel: Liebe ist ein Kleid aus Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Scharzfels. Die beiden sind zurück.«
    Die Ritter stoben auseinander. Jetzt sah es aus, als hätten sie sich lediglich die Zeit im Gespräch vertrieben. Aber der hässliche Odem des Verrats schwelte noch immer im Saal.
    Rose hörte ein Rascheln, dann leises Fiepen. In nächsten Moment spürte sie, wie etwas ihr Bein hinaufkroch. Dann einen Biss. Sie stieß einen spitzen Schrei aus, begann zu zappeln, um sich zu befreien, und schlug dabei mit dem Kopf hart gegen die Wand.
    Es war, als hätte sie ein zugenageltes Tor wieder aufgestoßen. Die Farben begannen zu leuchten, in ihre Nase stieg der altbekannte Geruch. Ihre Muskeln fingen an, unkontrolliert zu zucken; sie spürte noch, wie sie sich in die Zunge biss.
    Es war Rose gelungen, die hungrige Ratte abzuschütteln. Das aber, was sie nun überwältigte und auf großen Schwingen tief hinunter in die Dunkelheit trug, ließ sich nicht abschütteln.

    Sie lag auf dem Boden, spürte etwas Weiches unter dem Kopf und war müde, einfach nur sterbensmüde.
    »Du musst die Augen nicht aufmachen, wenn du nicht willst«, hörte sie jemanden sagen. »Aber ich würde mich freuen, wenn du mich ansehen könntest.«
    »Worauf liege ich?«, flüsterte sie.
    »Auf meinem Mantel. Schau mich an, Mädchen!«
    Bleigewichte schienen auf ihren Lidern zu liegen, doch irgendwann gelang es ihr, sie zu öffnen.
    »Sire!« Heiße Scham überflutete Rose vom Kopf bis in die Zehenspitzen.
    »Hast du dir wehgetan?«
    »Nein. Nur die Zunge, aber das vergeht wieder. Bitte geh weg, bitte!«
    »Weshalb?«
    »Ich hab mich nass gemacht und ich stinke. Niemand soll mich so sehen – erst recht nicht du!«
    »Ich hab das Blut meiner besten Ritter spritzen sehen«, erwiderte der König. »Und das Messer herausgezogen, das meinen Halbbruder tötete. Mit eigenen Händen hab ich auf dem Schlachtfeld Eingeweide in sterbende Körper zurückgedrückt. Ich bin ein Krieger, Mädchen. Meinst du, ein bisschen Schweiß und Gestank machen mir etwas aus?« Er lächelte. »Die Wunde an deinem Bein ist nur eine Kleinigkeit. Es wird nicht einmal eine Narbe geben. Und der Rest wird gleich erledigt.«
    »Aber wieso bist ausgerechnet du bei mir, Sire?«
    »Gerberga hat mir von dir erzählt.«
    »Gerberga? Deine Nichte? Was wird sie nur von mir denken, wenn ich hier liege und …«
    »Du wirst doch jetzt nicht etwa anfangen zu weinen? Jetzt, wo alles glücklich überstanden ist?« Behutsam wischte er ihr die Tränen ab.
    »Aber ich dachte, es kommt nicht mehr, verstehst du? Ich dachte, es sei für immer vorüber, jetzt, wo ich in Gandersheim lebe und täglich zur Madonna bete.«
    Sie sah, wie er sein kleines, goldenes Amulett auf der Brust berührte, bevor er antwortete.
    »Menschen wie ich streben ihr ganzes Leben danach, Gott begreifen zu lernen. Menschen wie du, die ein solches Leiden auszeichnet, sind Gott von Anfang an besonders nah. Es scheint, als habe er etwas mit dir vor.«
    »Glaubst du? Ausgerechnet mit mir?«
    »Manche Seelen brennen«, sagte der König. »Ich denke, deine gehört zu diesen. Gott hat dich ausgezeichnet. Ein großes Feuer hat dich erfasst, wird dich schmelzen und veredeln. Grolle ihm nicht! Sei dankbar dafür! Andere würden an deiner Stelle ihr Leben dafür geben – und mehr.«
    »Aber die anderen haben nicht meine Krankheit …«
    »Wovor hast du eigentlich solche Angst?« Warm und groß lag seine Hand auf ihrer Stirn. Rose wagte nicht, sich zu bewegen, damit sie nur da verharrte. »Was oder wen fürchtest du?«
    »Am meisten fürchte ich mich vor dem Leben, Sire«, sagte Rose.

MÄRZ 951
AM RAMMELSBERG
    Es war dunkel und kalt, wenn sie vor dem Einfahren sich die Arschleder umschnallten und die Kniekappen umbanden. Es blieb dunkel und feucht, wenn sie sich liegend mit Schlägel und Eisen abmühten, schmale Stollen in den Bauch der Erde zu treiben, denn die kleinen Funzeln, die sie als Geleucht auf dem Kopf trugen, vermochten die Finsternis kaum aufzuhellen.
    » Montani kriechen nun mal dem Eisen und dem Silber nach«, pflegte Baltus zu sagen, ein Bergmann, dem Lando sich angeschlossen hatte, weil die anderen ihm Jons Tod noch immer nachtrugen. »Das ist das zweite Gesetz, das du hier unten lernen musst. Alles andere kommt später. Wenn es ein Später für unsereins überhaupt gibt. Brauchst dir nur den alten Coloman anzuschauen, dann weißt du schon, was auf dich zukommt.«
    Er lachte bellend, weil sein Husten nicht mehr weggehen wollte, der ihm die Lunge eng machte, und Lando sah mit Befremden,

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