Liebe ist ein Kleid aus Feuer
durchnässt und arg gebeutelt hatte. Dazu die Trübnis ärmlicher Herbergen, in denen sie übernachten mussten. Sie spürte jeden einzelnen Knochen im Leib, und der Eiskönigin konnte es kaum anders ergehen, aber Oda lächelte, als sei sie erfrischt und ausgeschlafen.
»Unterwegs hat sie ständig von dir gesprochen«, log sie. »Wäre es nach meiner Tochter gegangen, wir wären hierher geflogen wie pfeilschnelle Habichte – und nicht geritten.«
Eila warf ihr einen giftigen Blick zu. Dieses Getue war ihr von ganzem Herzen zuwider, doch die Mutter schien sich nicht darum zu scheren. Plapperte weiter, als seien Ida und sie engste Freundinnen, und redete noch immer, als die Herzogin sie in die königliche Pfalz führte.
»Ich dachte, du schläfst erst einmal hier«, sagte Ida. »Ganz in meiner Nähe.« Eila nickte flüchtig. Der Alkoven sah gemütlich aus, die Truhen waren aus feinem, dunklem Holz, und selbst für einen Kamin war gesorgt. »Nach deiner Vermählung werden wir dann weitersehen.«
»Du meinst, nach dem Ostersonntag?«, fragte Oda nach.
Ida schien plötzlich verlegen. »Hat man euch noch nicht davon unterrichtet?«, fragte sie.
»Wovon?« Jetzt war das Lächeln der Eiskönigin verschwunden.
»Dass die Hochzeit verschoben ist. Nicht für lange. Aber der König meinte …«
»Das will ich dann doch gleich aus seinem Mund erfahren«, unterbrach sie Oda. »Sag mir noch, wo ich schlafe! Hier? Bei meiner Tochter?«
Eila spürte Erleichterung. Noch ist nichts endgültig entschieden, dachte sie. Nicht, bevor ich mit meinem Vater gesprochen habe.
»Für dich ist hier leider zu wenig Platz.« Ida bemühte sich, verbindlich zu klingen. »Wir haben dich in den neuen Gemächern im Königstrakt untergebracht. Und dein Gemahl …«
»Wie ich Raymond kenne, hat er bestimmt bereits Quartier bei seinen Waffenbrüdern genommen«, sagte Oda schnell. »Manchmal denke ich sogar, Pferde bedeuten ihm mehr als Menschen. Und jetzt führ mich bitte zu König Otto!«
Endlich war Eila allein. Die Packpferde mit all der Ausstattung abzuladen war Gissels Aufgabe. Die Erwähnung der Waffenbrüder hatte sie auf eine Idee gebracht. Kein Ritter ohne sein Pferd. Vielleicht waren die Stallungen genau der Ort, wo sie Raymond ausfindig machen konnte.
Es war nicht einfach, sich auf dem unbekannten Pfalzgelände mit seinen zahlreichen Gebäuden zurechtzufinden, doch der Stallgeruch war es, der sie schließlich auf die richtige Fährte führte. Die Bauarbeiten schienen erst vor Kurzem abgeschlossen worden zu sein; alles wirkte noch neu und kaum benutzt. Die meisten der vorderen Boxen waren leer, ein Stück weiter hinten allerdings glaubte sie, Belles helle Mähne zu entdecken.
Sie machte ein paar Schritte, dann ließen erregte Männerstimmen sie innehalten.
»Du musst dich entscheiden, Raymond«, sagte der Billunger. »Das Reich kann auf Dauer nicht stillstehen. Jeder Stillstand bedeutet Verlust von Land und damit auch von Macht.«
»Die letzten dreißig Jahre hab ich zumeist im Sattel verbracht.« Raymonds Stimme verriet, wie ärgerlich er war. »Stillstand fühlt sich anders an.«
»Aber jetzt sind neue Zeiten angebrochen. Bist du dabei, Raymond? Bei uns, den ›Falken‹? Dann schlag ein!«
»Ich diene meinem König, Hermann. Seit jeher. Und daran hat sich nichts geändert.«
»Die Krone Italiens gebührt Herzogin Ida. Wir ›Falken‹ wollen nichts anderes, als sie für sie erringen.«
»Was sagt der König dazu?«
»Wir drehen uns im Kreis, alter Freund! Kannst du oder willst du nicht verstehen? Herzog Liudolf wird …«
Belle hatte Eilas Witterung aufgenommen und begann zu wiehern. Die Köpfe der beiden Männer flogen zu Eila herum.
»Die junge Braut«, sagte Hermann Billung mit breitem Lächeln. »Ich wette, da ist mein Neffe auch nicht weit. Sigmar hat schon damit begonnen, die Stunden zu zählen, so ungeduldig ist er. Schade, dass er jetzt noch viel länger zählen muss – hoffentlich nicht bis zum Jüngsten Tag!« Er schien die Spannung zwischen Eila und ihrem Vater zu spüren. »Ich lass euch jetzt allein. Aber wir sprechen uns wieder, Raymond, und das bald!«
Ein paar Augenblicke standen die beiden sich stumm gegenüber. Raymond sah so müde und einsam aus, dass Eila sich am liebsten an seine Brust geworfen hätte. Jetzt mit dem zu beginnen, was ihr auf der Seele lag, war unsagbar schwer. Zu den ersten Worten musste sie sich regelrecht zwingen.
»Es macht mir nichts aus, dass die Hochzeit verschoben ist«,
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