Liebe ist ein Kleid aus Feuer
Haut, und in ihr entstand ein Bild, das schmerzte und brannte und dem sie dennoch nur allzu gern Raum gab.
Ja – sie wollte reiten und jagen und nicht länger eingesperrt sein in einem Käfig, als sei sie eines von Idas abgerichteten Frettchen. Sie sehnte sich nach Lando. Nach seiner Stimme, seinem Lachen, seinen Berührungen, nach allem, was sie schon viel zu lange missen musste.
Und wenn er nicht mehr lebte? Wenn die schrecklichen Bilder in jener Höhle tatsächlich sein Ende bedeutet hatten?
Sie schloss die Augen, als die Tränen zu strömen begannen. Nicht einmal vor der schlafenden Ida wollte Eila weinen.
MAI 951
STIFT GANDERSHEIM
»Ich kann deiner Bitte nicht nachkommen.« Erneut nahm Bihilit den Brief zur Hand und starrte auf Eilas krumme Zeilen, obwohl sie inzwischen jedes Wort so gut wie auswendig kannte. »Das muss dir klar sein. Es wäre ein Frevel an dir und an uns, wider jede Vernunft – in diesen Zeiten, wo die Wälder voller Gesindel sind, das auf Beute aus ist.«
»Ich hätte es genauso gut auch heimlich tun können«, sagte Rose. »Einfach fortreiten, ohne ein Wort zu sagen. Aber ich wollte deine Zustimmung. Nur deswegen hab ich dir Eilas Brief gezeigt.«
»Ich frage mich noch immer, wie sie es überhaupt geschafft hat, ihn hierher zu schmuggeln – als Hofdame der Herzogin und Verlobte eines Ritters!«
»Lando büßt dort für etwas, an dem Eila sich mitschuldig fühlt«, sagte Rose. »Und jetzt glaubt sie zu ahnen, nein, sie glaubt zu wissen, dass ihm etwas zugestoßen ist. Sollte sie da vielleicht die Hände in den Schoß legen und kalten Herzens vor den Altar treten? Du kennst sie. Du weißt, dass Eila zu so etwas niemals fähig wäre.«
Bihilit war aschfahl geworden wie immer, wenn sie sich aufregte. »Wie stellt sie sich das überhaupt vor? Sie fordert dich auf, zu einer Bergmannssiedlung zu reiten, um dort unter all diesen wilden Kerlen einen Verbannten zu suchen, weil sie sich vergewissern will, dass er bei einigermaßen guter Gesundheit ist. Du bist eine Kanonisse, Rose – keine Liebesbotin!«
»Eila ist meine Schwester«, sagte Rose. »Niemand steht meinem Herzen näher. Für sie würde ich alles riskieren.«
»Und dein Leiden? Hast du schon vergessen, dass du manchmal ganz plötzlich sehr krank werden kannst? Hier im Stift, sollte es wieder geschehen, können wir für dich sorgen. Hier bist du sicher. Unterwegs aber kann niemand auf dich aufpassen. Du gehörst hierher« – ihre flache Hand schlug fest auf das Schreibpult -, »hierher zu Pergament, Tinte und Rosenkranz! Ich kann einfach nicht verstehen, dass ausgerechnet du dich zu so etwas hergeben willst.«
»Lando ist auch mein Freund«, sagte Rose mit fester Stimme. »Wir sind zusammen aufgewachsen, haben gemeinsam gelernt und gelacht. Wenn nun sein Leben auf dem Spiel steht, so geht das auch mich etwas an.« Sie bekreuzigte sich andächtig. »Und was meine Krankheit betrifft, so mach dir deswegen keine Sorgen! Schon einmal hat sie Landos Leben gerettet – und das anderer dazu. Ein Dutzend Turci hat mein Leiden vor Jahren in die Flucht geschlagen und eine ganze Burg vor Feuer und Untergang bewahrt. Mir ist nicht bange, Bihilit! Falls aber Lando tot sein sollte, möchte ich wenigstens an seinem Grab für ihn beten.«
»Eila hat uns zwar verlassen, dir aber zuvor offenbar ihren gesammelten Eigensinn eingepflanzt.« Bihilit klang bitter. »Bedeutet dir dein frommes Leben denn so wenig, dass du bereit bist, es aufs Spiel zu setzen?«
»Es ist doch nicht viel mehr als ein strenger Tagesritt. Höchstens zwei, sollte das Wetter umschlagen. Spätestens Ende der Woche könnten wir gesund und heil wieder zurück sein. Vorausgesetzt natürlich, du stellst uns entsprechende Pferde.«
»Uns?«
»Riccardis ist bereit, mich zu begleiten«, sagte Rose. »Es war ihr Vorschlag. Ich musste sie nicht erst dazu überreden. Vielleicht beruhigt es dich zu wissen, dass sie ein scharfes Messer besitzt, mit dem sie, wie ich mich mit eigenen Augen überzeugen konnte, äußerst geschickt umzugehen weiß.«
Bihilit wandte sich ab, um ihre Fassungslosigkeit zu verbergen.
»Ich bewundere Riccardis’ Klugheit und ihr profundes Wissen«, sagte sie schließlich. »Und ich weiß, wie mutig sie ist. Natürlich ist mir ebenfalls bekannt, dass sie vor dem Eintritt ins Stift schon weit herumgekommen ist, viel weiter jedenfalls als ich. Das mit dem Messer habe ich überhört. Allein schon die Vorstellung macht mich schwindeln.« Sie schüttelte den
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