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Liebe ist ein Kleid aus Feuer

Titel: Liebe ist ein Kleid aus Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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sich wieder hinlegen, um weiterzuschlafen, da stutzte er. Inzwischen hatten seine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt, und so sah er, dass die meisten der einfachen Feldbetten ringsherum leer standen. Nur in der hintersten Ecke lagen zwei Ritter unter dicken Pferdedecken und schnarchten.
    Wo zum Teufel steckten all die anderen?
    Er erhob sich, verfluchte den schweren Wein und seinen brummenden Schädel und trat ins Freie.
    Schon nach ein paar Schritten sah er ein Stück weiter unten am Wall den Lichtschein. Sie hatten sich im Freien versammelt, unter einer mächtigen Linde, deren junge Blätter im Wind raschelten. Ein Ort, an dem sonst Gericht gehalten wurde. Sie hätten sich keinen unpassenderen für ihr Vorhaben aussuchen können. Offenbar fühlten sie sich sicher und stark genug, um die Lautstärke nicht allzu sehr zu dämpfen. Raymond erkannte ohne Schwierigkeit die Stimme seines Waffenbruders Bernhard, die aufgeregt die Stille der Nacht durchschnitt.
    »Die Städte Italiens werden uns ihre Tore öffnen«, sagte der von Weißenborn. »Uns und ihrem neuen König. Sie alle hassen Berengar. Liudolf aber werden sie lieben.«
    »Und wenn nicht?«, warf ein anderer Ritter ein. »Wenn sie sich uns widersetzen wie schon so vielen anderen zuvor?«
    »Dann nehmen wir sie mit Gewalt ein«, sagte Hermann Billung großspurig, »schleifen ihre Mauern und ziehen ihre Bewohner aus bis auf das letzte Hemd. Das neue Reich Liudolfs wird wachsen – herrlich, groß und mächtig bis weit über die Alpen!«
    »Als Erstes müssen wir Adelheid befreien und in unsere Gewalt bringen.« Sogar Gero mit dem Eisenkinn stand inzwischen auf der Seite der Verschwörer! »Wer sie in der Hand hat und den Königsschatz dazu, der besitzt einen Trumpf, der kaum noch zu überbieten ist.«
    »Es heißt allerdings, sie sei ein sehr eigensinniges Weib und übe stets und gerne Widerspruch …«, war Bernhard zu vernehmen.
    Gegröle aus vielen aufgebrachten Kehlen brachte ihn zum Verstummen.
    »Ein Weib, sagst du«, rief der Billunger, als es wieder einigermaßen ruhig geworden war. »Adelheid ist nur ein Weib! Wir werden ihr schon beibringen, wie es bei uns Sachsen zugeht!«
    »Jetzt tönt ihr alle mutig, aber seid ihr euch auch der Gefahr bewusst, die ihr damit eingeht?« Liudolf, der das Wort ergriffen hatte, klang eher bedrückt als siegesgewiss. »Mein Vater wird sich rächen, sollte unser Plan nicht aufgehen. Und jeder von euch weiß, wie grausam seine Rache ist. Denkt an seine Brüder! Denkt an alle, die sich jemals gegen ihn erhoben haben! So könnte bald auch euer Schicksal aussehen. Noch habt ihr Gelegenheit, euch zu besinnen. Ich zwinge niemanden an meine Seite.«
    Unwillkürlich war Raymond näher gekommen, geschützt von dem Dunkel der mondlosen Nacht. Kaum einer aus dem Kreis der »Falken«, der gefehlt hätte. Es mussten weit über hundert Männer sein, die sich hier versammelt hatten: die Besten, die Tapfersten – und die Verschlagensten, wie sich nun zeigte.
    Jetzt wurde Raymond Zeuge, wie Sigmar vor Liudolf, der in der Mitte des Kreises stand, auf die Knie sank.
    »Wir sind deine Ritter, Sire«, sagte er. »Die jungen ebenso wie die alten. Unsere Herzen sind deine Herzen. Unsere Kraft ist deine Kraft. Unser Blut dein Blut.« Er holte mit dem Schwert aus und stieß es kraftvoll in den Boden. »Auf Italien. Auf unseren neuen König!«, rief er. »Und seine schöne Königin!«
    Raymond hatte genug gesehen, genug gehört, um eilig zu handeln. Bedächtig, damit kein knackender Zweig seine Anwesenheit verriet, zog er sich zurück. Erst als er wieder bei den Zelten angelangt war, wurde er schneller. Einen Augenblick dachte er daran, sich zunächst mit Oda zu bereden, verwarf aber den Gedanken wieder. Kriegsdinge hatten sie noch nie interessiert, und es war am besten, wenn so wenige Menschen wie möglich von der Rebellion erfuhren, bevor Otto handelte.
    Nein, er musste zum König – auf der Stelle!
    Zu seiner Überraschung fand er sich im Palas besser zurecht als erwartet. Früher, als Otto noch die Feindseligkeiten seiner Brüder fürchten musste, hatte er stets Wachen vor seiner Tür postiert; mittlerweile schien er diese Vorsichtsmaßnahme aufgegeben zu haben.
    Es ist noch lange nicht vorbei, dachte Raymond, als er den dunklen Flur entlangeilte, es fängt im Gegenteil gerade erst an. Ich muss dir Abbitte leisten, Monseigneur. Es ist dein eigener Sohn, der nach der Krone greift, genau so, wie du es schon lange vermutet hast. Klüger und

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