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Liebe ist ein Kleid aus Feuer

Titel: Liebe ist ein Kleid aus Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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die ihn aus Italien erreichten, tatsächlich als wahr erwiesen. Kam noch die kostbare Reliquie dazu, die er jeden Tag aus Grone erwartete, konnte nichts und niemand ihn mehr besiegen.
    Tief berührt ging der König hinaus.
    »Sire?« Da war sie wieder, Algins selbstbewusste Frau mit den hässlichen Malen des Antoniusfeuers!
    »Was willst du?« Jetzt störte ihn jedes Wort.
    »Ihr werdet nach Italien ziehen«, sagte Gunna. »Bald?«
    »Woher willst du das wissen?«
    »Die ganze Pfalz spricht von nichts anderem. Du nimmst Algin mit, Sire?«
    »Sicherlich. Was wäre schon ein Ritter ohne seinen Schmied?«
    »Und Lenya und ich müssen hier bleiben?«
    »Wir werden schnell reiten und selten Rast einlegen. Das ist nichts für Frauen und Kinder.«
    Gunnas Kleine war gestolpert und vor Ottos Füße gefallen. Im ersten Moment verzog sich ihr Mund weinerlich, und es sah aus, als würde sie zu plärren beginnen. Als er sie aber hochhob und in die Luft warf, fing sie an, vor Freude zu quietschen. Ein seltsames Gefühl durchströmte ihn. Wie weich sie sich anfühlte. Und wie gut sie roch. Ein kleines Kind zu kosen, wie lang lag das für ihn schon zurück! Adelheid von Italien war blutjung und hatte bislang nur eine Tochter, sie war genau im richtigen Alter, um noch viele Kinder zu bekommen.
    »Lenya ist nicht unser einziges Kind, Sire.« Gunna wirkte plötzlich gehetzt. »Wir haben da noch einen erwachsenen Sohn, Lando, ebenso begabt wie sein Vater. Graf Raymond hat ihn vor Jahren zur Strafe in ein Bergwerk verbannt. Aber Lando hat für seine Schuld längst gebüßt – falls er überhaupt jemals schuldig war.« Wie schon einmal war sie vor dem König auf die Knie gesunken.
    »Was willst du?«, fragte Otto, dem die Szene sichtlich unangenehm war.
    »Meinen Sohn zurück, wenn du mir schon den Mann nimmst.« Gunnas große, dunkle Augen schauten flehentlich zu ihm auf. Aber da war noch etwas in ihrem Blick, was ihm weniger gefiel, etwas Mahnendes, Forderndes.
    »Du hast dir für dein Anliegen einen denkbar schlechten Zeitpunkt ausgesucht«, sagte er. »Ich muss jetzt an das Reich denken. Und steh endlich auf!«
    Gunna gehorchte. Ihr Gesichtsausdruck verriet, dass sie ihren Fehler bereits begriffen hatte.
    »Kommt heil und gesund zurück!«, murmelte sie. »Wenigstens dieser Wunsch möge in Erfüllung gehen!«
    »Unser aller Schicksal liegt in Gottes Hand«, sagte der König. »Bete für uns! Etwas Besseres kannst du jetzt nicht tun.«

    Des Stricks Hände zitterten, als er all die Verschnürungen aufgeknotet hatte und endlich das grobe Sackleinen aufschlagen konnte, in das Rochus das Reliquiar gewickelt hatte. Der Mönch hatte sorgfältig und umsichtig gehandelt, ganz so, wie es ihm aufgetragen worden war. Niemand hätte in diesem schmuddeligen Bündel eine Kostbarkeit vermutet.
    Der König konnte die Ankunft der Reliquie kaum noch erwarten; immer wieder hatte er den Strick nach ihr gefragt, schließlich sogar mehrmals am Tag. Offenbar hätte Otto es lieber gesehen, wenn der Strick selber aufgebrochen wäre, um sie für ihn zu holen, aber es hatte gute Gründe gegeben, lieber Rochus zu schicken.
    Sonnenverbrannt und ausgezehrt war der Mönch heute pünktlich zum Mittagsläuten in der Pfalz angelangt, hatte den langen, beschwerlichen Ritt von Frankfurt nach Grone und zurück nach Ulm in nicht einmal vierzehn Tagen bewältigt. Rochus war schweigsam und wirkte halb verhungert, wollte nur noch trinken, essen und sich dann sofort schlafen legen, was dem Strick entgegenkam. Dieser wies ihn an, sich in den einfachen Fischerherbergen unten an der Donau einen Schlafplatz zu suchen. So konnte er Oda nicht begegnen, die sich inzwischen aufführte, als sei sie die Herrin dieser Pfalz. Je weniger Mitwisser, desto besser. So hatte der Strick es bislang immer gehalten und war nicht schlecht damit gefahren.
    Als das Reliquiar schließlich vor ihm stand, schimmernd in Gold und getriebenem Silber, drängte sich ein hässlicher Fluch auf seine Lippen. Es war unvollständig, das erkannte er auf den ersten Blick. Die wertvolle Hülle war unversehrt, trotz der langen, beschwerlichen Reise, aber dessen beraubt, auf das es einzig und allein ankam. Das hölzerne Kästchen hinter dem Glas war verschwunden, und mit ihm die Zunge des Täufers.
    Der Strick bemühte sich, ruhig zu bleiben. Schon bald jedoch begannen seine Mundwinkel unkontrolliert zu zucken, und der Schweiß rann ihm in Strömen herab. Dennoch zwang er sich zur Sammlung, und langsam wurden seine

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