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Liebe ist ein Kleid aus Feuer

Titel: Liebe ist ein Kleid aus Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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kräftig, die sich nicht vertreiben ließen:
    Liudolf, der das vergangene Weihnachtsfest in der Pfalz Saalfeld gefeiert hatte, als sei er der König des Reichs und nicht sein Vater Otto, der mit Adelheid noch in Italien weilte.
    Die klirrenden Schwerter der »Falken«, einmütig um den Herzog versammelt, begierig darauf, ihn um jeden Preis als König auf die Schilde zu heben.
    Unter ihnen ihr Vater Bernhard, der seit Jahren keinen Versuch mehr unternommen hatte, sie zu sehen oder irgendetwas über sie in Erfahrung zu bringen. Er hatte offenbar beschlossen, sie zu vergessen, und ihr würde nichts anderes übrig bleiben, als damit leben zu lernen.
    Der schwellende Leib der neuen Königin, in dem Liudolfs künftiger Rivale heranwuchs, was Krieg für das Reich bedeuten konnte.
    Und schließlich Eila, immer wieder Eila. Wie sie ihr Haar einer Fremden geopfert hatte. Wie sie im See zitternd Sigmars zarte Liebkosungen empfangen hatte. Wie sie furchtlos die Verfolger abgelenkt hatte. Wie sie schließlich aus Liebe zu Raymond im Morgengrauen zu Liudolf übergelaufen war, auch wenn sie nicht an seinen Sieg glaubte.
    Die Freundin hatte sie bei allen Heiligen beschworen, das Gehörte tief in ihrem Herzen zu verschließen, es niemals jemandem zu offenbaren, und sie hatte es ihr mit einem Eid versprochen.
    Rose erhob sich. Die Zeit des Gebets war für heute vorbei. Sie wollte ins Scriptorium. Denn das, was in ihr brannte, hatte sie Eila gegenüber bislang noch mit keinem Wort erwähnt. Ihre Verse über das Leben der Jungfrau Maria waren inzwischen angewachsen, wenngleich sie ständig kürzte, strich, verbesserte. Niemals war sie mit sich zufrieden, auch nicht nach der aberdutzendsten Bearbeitung. Es war zwar hilfreich, wenn Riccardis und Gerberga ab und an liebevolle Kommentare zu dem, was sie ihnen zu lesen gab, äußerten, aber es änderte nichts an Roses unermüdlichem Kampf, ihrem nimmermüden Streben nach Reinheit und Schönheit.
    Wie hatte sie das alles der Freundin nur vorenthalten können?
    Sie beschloss, das noch in dieser Nacht zu ändern. Sie verließ die Zelle und ging in den Schreibsaal, wo sie als Einzige der frommen Schwestern noch Riccardis über alte Pergamente gebeugt fand. Die Gefährtin schaute kaum auf, als sie Rose erkannte, so vertraut war ihr der nächtliche Schaffensdrang der jungen Kanonisse.
    Rose holte die Verse aus ihrem Versteck, schlug sie auf, begann stirnrunzelnd zu lesen. Nach kurzem schon griff sie zur Feder, tauchte sie in das Tintenfass und begann von Neuem zu verbessern. Zunächst hörte sie noch, wie Riccardis hin und wieder ihre Bögen wendete, dann nahm sie sogar dieses Geräusch nicht mehr wahr. Sie war mit den Versen allein wie in einer anderen Welt – endlich!
    Eine zarte Berührung an der Schulter ließ sie auffahren.
    »Es hört niemals auf, nicht wahr?«, sagte Riccardis lächelnd. »Wenn man dich so sieht, könnte man fast denken, du wärst gar nicht mehr richtig hier, so entrückt wirkst du. Es muss wunderbar sein, diese Gabe zu haben! Du weißt gar nicht, wie ich dich darum beneide.«
    »Wunderbar? Beneide mich lieber nicht, denn oftmals ist es schier zum Verzweifeln! Immer wenn ich denke, es könnte möglicherweise so stehen bleiben, überkommen mich schon bald wieder heftige Zweifel. Aber so und nicht anders muss es doch sein, Riccardis, oder nicht? Für SIE kann es doch nur das Schönste und Heiligste von allem sein!«
    »SIE«, sagte Riccardis, »sieht in dein Herz und weiß längst, wie heilig und schön es dort ist. Mach nicht mehr zu lange, Rose! Du weißt doch, dass Bihilit bei der Laudes keine verschlafenen Gesichter sehen mag!«
    Rose nickte, überflog dabei aber noch einmal schnell die letzten Zeilen. Dann packte sie die Pergamente zurück in ihr Versteck, bis auf den Part, an dem sie bis eben gearbeitet hatte.
    Sie löste die brennende Funzel aus der Wandhalterung. Jetzt konnte ihr geliebtes Scriptorium in Ruhe bis zum nächsten Morgen schlafen.

    Da war ein Raunen, der Klang einer sanften, hellen Stimme, die etwas deklamierte, was Eila nicht verstand. Und doch hätte sie immer weiter so liegen bleiben mögen, im Halbdämmer, getragen von diesen feierlichen fremden Worten, die etwas in ihr öffneten, was bisher verschlossen gewesen war. Eila wurde licht zumute, friedlich, als würde sie von weichen Händen getragen. Beinahe wie im Traum, und doch wusste sie, dass sie nicht träumte.
    Irgendwann schlug sie die Augen auf.
    »Du bist es«, sagte sie. »Was liest du da

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