Liebe ist ein Kleid aus Feuer
besteigen!«
»Und Liudolf? Er wird nicht tatenlos abwarten.«
»Bekommt zu spüren, wie ich mit Verrätern verfahre.« Der König begann mit großen, energischen Schritten auf und ab zu gehen.
Pater Johannes suchte nach den rechten Worten, um ihn nachdenklich zu machen und offen für seine Argumente, ihn aber nicht zu verärgern.
»Erst vor nicht allzu langer Zeit hast du deine gesamte Ritterschaft auf ihn schwören lassen, Sire …«
»Und wenn schon! Durch eigene Schuld hat Liudolf alles verwirkt, was ich ihm jemals gewährt habe.« Zornig fuhr Otto zu dem Mönch herum. »Warum verteidigst du ihn eigentlich so vehement?«
»Er ist und bleibt dein Sohn, mein König! Das wird keiner deiner Ritter jemals vergessen. Entziehst du ihm deine Gunst, könnten sie glauben, du würdest sie genauso gut auch ihnen entziehen.«
»Nur wenn er vor mir auf die Knie geht, mich um Entschuldigung bittet und sich ganz und in allem unterwirft, werde ich ihn wieder als Sohn annehmen.«
Beide schwiegen, als hätte der heftige Wortwechsel sie erschöpft. Es hatte keinen Sinn, jetzt weiterzureden, das spürte Pater Johannes genau, auch wenn es noch vieles zu sagen gab. Er entschloss sich, das Thema zu wechseln.
»Und das neue Reliquiar, Sire?«
»Gut, dass du davon anfängst! Es soll fertig sein, bevor der Ungeborene seinen ersten Schrei tut. Bring das alte Reliquiar nach Corvey! Aus der dortigen Silberschmiede kommen erlesene, ungewöhnliche Stücke. Spar nicht an Gold und Silber, an kostbaren Steinen – an allem, was sie dafür brauchen! Öffne unsere Truhen, lass alles herbeischaffen, was nötig ist! Es gibt keine Grenze, keinen Preis, der zu hoch dafür wäre. Das Schönste und Beste des ganzen Reiches für Adelheid, die helle Sonne in meinem Leben!«
Der rote Mönch schien zu überlegen.
»Ich werde dafür einen tüchtigen Begleiter brauchen«, sagte er und dachte dabei an Sigmar. Dem jungen Ritter war gelungen, was viele andere vor ihm in Jahren nicht geschafft hatten: sich in kurzer Zeit am Hof unentbehrlich zu machen. Besonders die Königin schätzte ihn, zählte ihn zu ihren Rettern, schien stets erfreut, wenn er in ihrer Nähe war. »Die Wege sind unsicher und die Fracht, die du mir anvertraust, ist äußerst kostbar. Wie wäre es mit Sigmar?«
»Den brauchen wir hier«, sagte der König. »Zum Schutz der Königin. Und zu meinem. Nein, Sigmar können wir keinesfalls entbehren. Warum nimmst du nicht den Strick? Der Mann weiß sich zu wehren, hat alle Wege und Straßen schon viele Male befahren. Und niemand in meinem ganzen Reich kennt sich mit Reliquien besser aus als er.«
Der Strick ließ sich Zeit mit seiner Antwort, als wäre ihm die Anfrage des Paters unangenehm, dabei jubelte alles in ihm. Was konnte ihm Besseres angeboten werden, als ausgerechnet den Weg dieses Reliquiars zu begleiten? Das Glück war endlich wieder auf seiner Seite. Bis jetzt wusste offenbar niemand außer ihm, dass das Holzkästchen leer war – bis auf den, der die Zunge des Täufers an sich genommen haben musste.
In den Wirren der vergangenen Monate war es ihm unmöglich erschienen, seine Beschuldigung vorzubringen. Zu lange hatte es gedauert, bis der König und die Königin endlich zurückgekommen waren. Manchmal hatte er schon befürchtet, sie würden für immer in Italien bleiben. Inzwischen hatte die Schwangerschaft Adelheids alles andere in den Hintergrund gedrängt. Jetzt aber war die Gelegenheit plötzlich wieder günstig, auf eine neue, aufregende Weise, die niemand hätte vorhersehen können. Fand er nun die passende Gelegenheit, um Raymond öffentlich als Dieb zu entlarven, würde dessen unausweichlicher Sturz noch tiefer ausfallen.
»Wir beide werden also zusammen reiten«, sagte der rote Mönch. Abschätzig musterte er den Raum. Nichts entging ihm, weder der ungefegte Lehmboden noch das zerwühlte Lager. Getrocknete Rattenexkremente in den Ecken, drei halb verfaulte Schweinsblasen vor dem Fenster.
Ein schmales Lächeln spielte um seine Lippen. Es schien ihm zu gefallen, dass der Strick hier so erbärmlich hauste. »Es muss wohl so sein. Lass uns keine Zeit verlieren.«
»Wir könnten Rochus mitnehmen«, schlug der Strick vor. »Sechs Arme sind stärker als vier, sechs Augen können Feinde schneller ausmachen.«
Er hasste es, dass der Mönch ihn so sah, aber dieses Quartier war nur ein Übergang, nichts als eine Notlösung, bis die Geschäfte wieder besser liefen. Die Aussicht, eines Tages wieder in Diensten des Königs zu
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