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Liebe ist ein Kleid aus Feuer

Titel: Liebe ist ein Kleid aus Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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schon zu den reichsten und wichtigsten im Reich gehört.« Otto zog die Stirn kraus. »Sonst noch etwas, Pater Johannes?«
    »Für den Augenblick – nein.« Der Mann in der dunklen Kutte nahm die Pergamente an sich und erhob sich. »Oder doch, Sire: Ich denke, deine Ritter sind mittlerweile nahezu vollständig eingetroffen. Das dürfte dich interessieren.«
    Der König streckte seine klammen Hände in Richtung des Kohlebeckens. Die ganze Nacht über war nasser Schnee gefallen, der nun schwer auf den Dächern lastete. Im Kloster mit seinen dicken Steinmauern war es lausig kalt.
    »Bist du eigentlich auch so hungrig, Johannes? Ich kann heuer das Ende der Fastenzeit kaum erwarten.«
    »Du bist kein Mönch, Sire, auch wenn du dieses Kloster liebst, in dessen Kirche deine Frau begraben liegt, und musst daher die Regeln nicht so streng einhalten wie wir. Du könntest dir frischen Fisch zubereiten lassen oder einen Otterbraten. Manche behaupten sogar, nicht einmal das Fleisch neugeborener Hasen verstoße gegen das Gebot …«
    »Lügen und Täuschen liegt mir nicht. Da halte ich mich lieber an die dicke Mandelmilch gegen den ärgsten Hunger und bleibe standhaft.« Otto streckte sich. »Sie sind alle da, sagst du? Das ist gut. Dann können wir die Karwoche gemeinsam begehen. Und am Ostersonntag, in Quedlinburg, werden sie den feierlichen Eid auf meinen Sohn ablegen.«
    »Wäre es nicht klüger, noch ein Jahr damit zu warten? Liudolf ist gerade mal sechzehn!«
    »Er wird einmal ihr König sein. Womöglich sogar eher, als wir alle denken. Wer garantiert mir, dass ich diesen Feldzug überlebe?«
    »All deine Ritter sind da – bis auf den Lotharinger.« Die Stimme des Mönchs war auf einmal ganz flach. »Der hat nur seine Kriegsknechte vorgeschickt. Der Graukopf nimmt sich wieder einmal einiges heraus. Könnte es sein, Sire, dass deine Antwort ihn in seinem Eigensinn weiter ermutigt hat?«
    Otto hatte sich erhoben. Im Stehen waren ihre Augen auf gleicher Höhe.
    »Du hasst ihn«, sagte er. »Das ist mir schon früher aufgefallen. Weshalb?«
    »Ich hasse ihn doch nicht! Ich bete sogar für seine unsterbliche Seele. Allerdings frage ich mich, was ausgerechnet ihn in deinen Augen vor allen anderen auszeichnet.«
    »Das geht nur uns beide etwas an, Raimund und mich. Seiner Bitte stattzugeben, hat mich froh gemacht, und ich hoffe, ihn auch.« Er schlug den Umhang enger um sich. »Aber dein Verhalten zeigt mir, wie dringend ich etwas ändern muss.«
    »Wovon sprichst du?«
    »Dass ich es leid bin, wie ein Schaf auf eure schönen Urkunden zu starren.«
    »Du willst Latein studieren?«
    Otto schüttelte den Kopf.
    »Nein, das überlass ich auch künftig den klugen Köpfen meiner Geistlichen. Aber lesen und schreiben will ich lernen. Gleich nach Ostern fangen wir damit an. Starr mich nicht so verdutzt an! Du bist der Erste, den ich dazu brauche. Denn du, Johannes, wirst es sein, der mich unterrichtet.«
    »Und der Feldzug, mein König?«
    »Tagsüber führen wir unseren Krieg mit Lanze, Bogen und Schwert, und abends werde ich meinen persönlichen Kampf mit Feder und Tinte zu bestehen haben.« Otto begann zu lächeln. »Bin schon jetzt gespannt, welche Auseinandersetzung sich als schwieriger erweisen wird!«

MÄRZ 946
TILLEDA
    Er trieb die Männer voran, so schnell er konnte, doch das Wetter war ihnen nicht wohl gesonnen. Es regnete unentwegt, und es war derart kalt geworden, dass sich, je höher sie kamen, mehr und mehr Schneeflocken in das Nass mischten. Die Hufe der Pferde plantschten durch Wasser und Schlamm, Schlaglöcher höhlten die matschigen Wege aus, und wegen des Karrens, den sie mit sich führten, kamen sie längst nicht so schnell vorwärts wie geplant.
    Raymond unterdrückte immer wieder kräftiges Fluchen, aber er wollte die Moral des kleinen Trosses nicht weiter untergraben. Der Bote Ottos war eindeutig zu spät auf Burg Scharzfels eingetroffen – mit einer lateinischen Botschaft, direkt aus der Hofkanzlei. Nicht zum ersten Mal hatte Raymond bereut, dass es keinen Burggeistlichen auf Scharzfels gab. Was für ein Aufwand, mit dem gefalteten Pergament in der Satteltasche zu dem Einsiedler zu reiten, der in einer Höhle an der Rhumequelle hauste, und geduldig abzuwarten, bis der Alte sich kräftig genug fühlte, um die entscheidenden Zeilen mit zittriger Stimme zu übersetzen!
    Wenigstens war die Botschaft zu Raymonds Zufriedenheit ausgefallen, aber die Zeit lief ihm davon, und jetzt noch den Abstecher zur Pfalz

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