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Liebe ist ein Kleid aus Feuer

Titel: Liebe ist ein Kleid aus Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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– und es lebt!«
    »Woher willst du das wissen?« Rose musterte sie neugierig.
    »Weil das, was so duftet, Taubensuppe ist, Mutters Lieblingsgericht. Gäbe es keinen Anlass zur Freude, sie hätte sie niemals aufsetzen lassen. Die vorherigen Male hat sie tagelang keinen Bissen angerührt.« Sie sprang auf. »Komm schon, wir gehen zu ihr! Worauf wartest du noch?«
    Doch vor der Kemenate versperrte ihnen Malin den Weg. Sie sah so grau und verdrießlich aus, dass es Eila ganz bang zumute wurde.
    »Ist etwas mit ihr?«, fragte sie. »Oder mit dem Kind?«
    »Ich musste gehen, stell dir das vor!« Malin zog die Nase hoch. »Allein will mein Liebling sein – mit ihr. Als hätte diese Hexe ein Wunder vollbracht! Dabei ist dieses Mal der Kleine einfach nur lang genug im Bauch geblieben, nicht mehr und nicht weniger.«
    »Und es geht ihm gut?« Beide Mädchen hielten den Atem an.
    »Rosig und drall ist er. Und brüllen kann er schon, dass es eine wahre Freude ist.« Wie auf Befehl drang lautstarkes Krähen durch die geschlossene Türe. »Aber sie lässt mich nicht zu ihm. Als könnte ich ihm etwas antun. Sie hört nur noch auf diese Ragna. Sie wird schon sehen, wie weit sie damit kommt!« Schimpfend packte Malin die blutverschmierten Laken und watschelte davon.
    Eila ließ sich nicht länger hinhalten; sie riss die Tür auf und lief hinein. Rose folgte ihr in einigem Abstand.
    Ragna stand neben dem Bett und hielt das Kind im Arm. Es war fast bis zur Nasenspitze in Leinen gewickelt und schrie aus Leibeskräften. Bleich und reglos lag Oda unter der Felldecke.
    »Verschwindet!«, sagte Ragna scharf. »Seht ihr nicht, dass ihr hier nur stört?«
    »Ich will meinen kleinen Bruder sehen«, verlangte Eila. »Und was ist mit Mutter? Sie sieht ja aus wie tot!«
    »Sie muss sich erst einmal erholen. Ist ein ordentlicher Brocken, der Kleine hier. Hat gedauert und gedauert, bis er endlich draußen war. Ihr könnt später wiederkommen. Morgen oder besser noch übermorgen.« Das brüllende Kind an sich gedrückt, drängte sie die beiden Mädchen hinaus.
    »Ich hasse sie!«, rief Eila, als die beiden vor der Kemenate standen. »Was bildet sie sich ein, dieses Weib? Als müssten wir ihr alle blindlings gehorchen!«
    »Wenn sie deiner Mutter helfen kann …«
    »Das hat bislang immer Malin besorgt – und das nicht schlecht.«
    »Deine anderen kleinen Brüder müssen unter den Kreuzen schlafen«, sagte Rose sanft, doch bestimmt. »Der hier aber lebt.«
    »Wenn nur Vater da wäre! Dann wüssten alle, was sie zu tun haben.«
    »Vielleicht kommt er ja bald wieder«, sagte Rose. »Ich weiß von meinem Vater, dass manche Feldzüge schneller zu Ende sein können, als man denkt.«
    »Vielleicht.« Eila klang wenig überzeugt.
    Den ganzen Tag wich die innere Unruhe nicht von ihr; sie wollte nicht essen, was ungewöhnlich für sie war, konnte keinen Augenblick still sitzen, sich auf nichts konzentrieren. Immer wieder schob sie hinaus, was ihr auf der Seele brannte, und als sie endlich genug Mut geschöpft hatte, um sich Klarheit zu verschaffen, stand schon der Abendstern am Himmel.
    Die Tiere im Taubenhaus flatterten auf, als sie das Licht der Öllampe sahen, dann erkannten sie Eilas Stimme und beruhigten sich wieder. Sie musste nicht erst lange herumsuchen. Auf den ersten Blick entdeckte sie, wen es getroffen hatte. Die Stange, auf der Laila und Luis stets unzertrennlich geschnäbelt hatten, war leer. In der kräftigenden Suppe für die Mutter schwamm nichts Geringeres als das gesottene Fleisch ihres Lieblingspärchens.
    Ihr wurde flau, dann schlecht. Sie schaffte es gerade noch, nach draußen zu rennen, um sich zu übergeben. Und danach fühlte sie sich zittrig und schwach, kroch schweigsam ins Bett zu Rose und hielt auf alle Bitten und Fragen hin eisern den Mund, bis sie die regelmäßigen Atemzüge ihrer Gefährtin hörte. Der Schlaf kam wie ein schweres schwarzes Tuch über sie. Sie träumte von einem kalten See, in dem sie langsam versank.
    Im Morgengrauen erhob Eila sich leise, zog ihr Kleid über und lief zur Kemenate. Dieses Mal hatte sie Glück. Die Tür stand offen; Ragna schien gerade hinausgegangen zu sein.
    Der Kleine schlief in der Wiege, in der schon all seine Geschwister gelegen hatten. Dunkler Flaum bedeckte seinen Kopf, er hatte Raymonds Kinn mit der Kerbe und eine winzige, leicht aufgeworfene Nase, die Eila so rührend fand, dass sie sie unbedingt küssen musste. Er verzog sein Gesicht wie ein launisches Kätzchen und nieste. Sie

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