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Liebe ist ein Kleid aus Feuer

Titel: Liebe ist ein Kleid aus Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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in mir gewütet hat. Und später an schwarze, eiskalte Träume …«
    »Möchtest du vielleicht etwas trinken?« Das Mädchen lief zur Truhe, auf der ein Krug stand, goss verdünnten Met in einen Becher und reichte ihn Oda. »Hier! Das wird dir gut tun.«
    Oda schüttelte den Kopf. Ihre Arme hingen kraftlos herab, und das neue blaue Kleid schien viel zu groß für sie.
    »Er war da«, sagte sie. »Er war doch da, oder hab ich mir das alles nur eingebildet? Ich hab ihn gerochen. Seine Haut berührt. Ihn an meiner Brust gespürt. Und als Ragna …«
    »Hör auf, dich zu quälen!«, sagte Rose. »Das führt zu nichts. Diese Ragna ist fort, zum Glück, und der liebe Gott beschützt dich doch!«
    »Was verstehst du schon davon!«
    Rose blieb stumm, was Oda noch mehr aufbrachte.
    »Ich mag dich nicht, damit du es nur weißt! Schon vom ersten Tag an. Und weißt du auch, warum? Wenn du einen anschaust, dann ist es, als hätte man auf einmal keine Haut mehr. Darauf brauchst du dir aber gar nichts einzubilden, eine wie du, mit ihren verdrehten Augen und dem Schaum vor dem Mund, schlimmer als eine tollwütige Hündin! Mit deinen Schmeicheleien kannst du vielleicht Raymond ködern, aber nicht mich. Weshalb also diese Umstände?«
    Rose neigte den Kopf, als horche sie in sich hinein. Dann schaute sie wieder auf, sah Oda an, offen und furchtlos.
    »Soll ich jetzt vielleicht anfangen?«
    Oda entschlüpfte ein dünnes Lächeln. »Du gibst wohl niemals auf? Wer in aller Welt hat dir das beigebracht?«
    Rose rollte das Pergament auf, sah sich nach einem Schemel um, zog ihn heran und setzte sich.
    » Esse quid hoc dicam, quod tam mihi dura videntur / strata, neque in lecto pallia nostra sedent, / et vacuus somno noctu … « Ihre Stimme war melodisch und fröhlich.
    »Was ist das?«, fiel Oda ihr ins Wort.
    »Gefällt es dir?«
    »Ich versteh nicht ein einziges Wort davon.«
    »Aber dein Herz tut es«, sagte das Mädchen mit leuchtenden Augen. »Und deine Seele tut es auch. Der Dichter heißt Ovid. Er hat in Rom gelebt, vor langer Zeit, und in vielen seiner Verse spricht er von der Liebe.«
    »Woher hast du das?«
    »Von Bruder Rochus natürlich.«
    »Da sind mir die Richtigen beisammen: ein verirrter Mönch und ein neunmalkluger Hänfling.« Odas Stimme war spöttisch. »Und dann als Dritte im Bunde meine derbe, rote Tochter. Das bringt er euch also bei?«
    »Nichts tut so weh wie die Liebe, nichts ist so schön wie sie …«
    »Halt den Mund!«, rief Oda. »Ich werd noch ganz krank von deinem Gefasel!«
    »Das stammt von Terenz. Er hat Stücke geschrieben, die vor Publikum gespielt wurden – stell dir das nur einmal vor! Menschen, denen der Dichter in den Mund legen kann, was sie sagen sollen, und andere hören ihnen dabei zu. Das muss wunderbar sein. Wenn ich das auch nur einmal erleben könnte!« Roses Gesicht schien mit einem Mal von innen her zu glühen. »Und was unser Bruder Rochus alles weiß! Er weiß einfach alles. Noch nie zuvor bin ich jemandem begegnet, der so klug war wie er.«
    »Kein Wunder«, sagte Oda bitter. »Was bleibt den Mönchen auch anderes übrig, da sie kein Weib freien dürfen und Tag und Nacht nur beten und lesen? Schon wieder einer in Kutte! Dieses Mal mit einer Sammlung lateinischer Verse. Woher hat er die eigentlich? Weißt du das auch, Fräulein Neunmalklug? Vielleicht irgendwo gestohlen?«
    »Im Scriptorium kopiert. Nach dem Rest musst du ihn schon selber fragen.«
    »Du hast wohl immer die passende Antwort zur Hand«, sagte Oda, und in ihrer Stimme schwang zum ersten Mal an diesem heißen Morgen eine Spur widerwilliger Anerkennung.
    Rose sah sie unverwandt an. »Soll ich?«
    »Dann lies schon weiter! Meinethalben. Zumindest schlägt es die Zeit tot.«

    Lando tat zunächst, als würde er sie gar nicht bemerken, so vertieft schien er in seine Arbeit. In der Schmiede, wo noch vor Kurzem ein wüstes Durcheinander von Eisenteilen und zerbrochenem Werkzeug geherrscht hatte, war inzwischen Ordnung eingekehrt. Den neuen Blasebalg hatte sie bereits bei einem früheren Besuch bewundern dürfen. Inzwischen war auch der alte Amboss aufpoliert, dass man sich fast in ihm spiegeln konnte. Was sie an Zangen und Gerätschaften aus Tilleda mitgebracht hatten, hing säuberlich aufgereiht an der Wand. Allerdings waren viele der Haken leer; erst wenn sein Vater endlich vom Feldzug nach Franzien zurückkehrte, hatte Lando ihr neulich erklärt, würde auch an ihnen Werkzeuge hängen.
    »Die Luftzufuhr fehlt«, sagte er

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