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Liebe ist ein Kleid aus Feuer

Titel: Liebe ist ein Kleid aus Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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›Falken‹? Das klingt, als zähltest du dich nicht mehr zu ihnen.« Otto sah ihn aufmerksam an. »Du warst stets auch einer. Hat sich daran etwas geändert? Und wenn ja, weshalb?«
    Eine Geste, die alles und nichts bedeuten konnte, war die Antwort. Raymond hatte nicht vor, zu früh zu viel preiszugeben.
    »Dann werden wir also weiter gen Norden reiten«, sagte Otto wie im Selbstgespräch. »Noch bleibt uns Zeit, bevor der Winter hereinbricht, Zeit, die wir nutzen sollten, bevor uns im Osten die Slawen erneut das Leben schwer machen. Ich freue mich schon auf die Stadt Amiens und ihre neue Kathedrale. Dort werden wir die Messe hören und gemeinsam am Grab des Täufers beten. Man sagt, seine Gebeine könnten Wunder vollbringen. Vielleicht gewährt Johannes auch uns eines.«
    Raymond wandte sich zum Gehen.
    »Bist du eigentlich zufrieden, Raimund?«, sagte Otto in seinem Rücken. »Das wollte ich dich schon die ganze Zeit fragen. Jener Schmied, den du so unbedingt zum Gefolgsmann haben wolltest, erfüllt er deine Erwartungen?«
    Was für eine Frage, nachdem der König die Antwort doch längst kannte! Raymond wartete einen Moment, bevor er antwortete, und wählte dann jedes seiner Worte mit Sorgfalt.
    »Ich werde dir stets dankbar sein, mein König, mein Herr«, sagte er. »Bis zum letzten Atemzug. Algin versteht sein Handwerk wie kaum ein anderer.«
    Otto nickte ungeduldig.
    »Pass du nur auf, dass seinetwegen kein böses Blut unter den anderen Rittern aufkommt! Ich nehme eine einmal gewährte Gunst nur ungern wieder zurück, aber manchmal bleibt mir trotzdem keine andere Wahl.« Seine Miene war freundlich, der Unterton jedoch ließ Raymond aufhorchen.
    »Ich verstehe nicht ganz«, sagte er. »Heißt das, du willst Algin wieder …«
    »Das heißt, du sollst achtsam sein, nicht mehr und nicht weniger. Und jetzt lass mich allein! Ich möchte endlich ein K zustande bringen, das diesen Namen auch verdient!«
    Vor dem Zelt blieb Raymond einen Augenblick stehen, um Luft zu schöpfen und seine Gedanken zu ordnen.
    »Was wollte er von dir?«, fragte eine jugendliche Stimme hinter ihm, die er sofort erkannte.
    »Wieso fragst du ihn nicht selber?« Raymond wandte sich langsam um. »Er ist mein König, aber dein Vater.«
    »Weil er mir ja doch nicht aufrichtig antworten würde«, sagte Liudolf. »Bestimmte Sachen schweigt er lieber tot.«
    »Woher willst du das wissen?«
    »Er macht, was er will. Erst recht, seitdem Mutter nicht mehr lebt.«
    »Er vermisst sie, Liudolf.«
    »Wir alle vermissen sie, nicht nur er. Auf Mutter hat er früher wenigstens ab und zu noch gehört. Aber seit ihrem Ableben ist er wie versteinert.«
    »Trauer braucht eben ihre Zeit«, sagte Raymond und war froh, dass der junge Mann nicht ahnen konnte, wie gut er sich damit auskannte.
    Liudolf kam mehr und mehr in Rage. »Verheiraten will er mich so schnell wie möglich, und den Treueschwur hat er euch zu Ostern in Quedlinburg auch schon auf mich leisten lassen. Aber das hindert ihn nicht daran, mich im nächsten Augenblick wieder wie einen kleinen Jungen zu behandeln.«
    »Womöglich, weil du dich wie ein kleiner Junge verhältst?«
    Liudolfs Gesicht verriet seine Empörung. Die Lippen waren schmal geworden, die dünnhäutigen Lider begannen zu flattern. Er war seiner Mutter Edgith in Aussehen und Mimik so ähnlich, dass es fast schon lächerlich wirkte.
    »Hast du vergessen, wen du vor dir hast?«, sagte er, mühsam beherrscht.
    »Ich denke, nein«, sagte Raymond. »Lass es mich mal versuchen! Liudolf, den ich schon als Säugling in meinen Armen wiegte. Dem ich gezeigt habe, wie man beim Turnier auf dem Pferd bleibt und den Attacken der gegnerischen Lanze standhält. Mit dem ich Bogenschießen üben durfte, bis er es wie ein Königssohn beherrschte. Den ersten Habicht hab ich ihm höchstpersönlich auf den Handschuh gesetzt. Und ihm das Brettspiel beigebracht, vor allem aber, dass man verlieren können muss, ohne in Tränen auszubrechen.« Er legte seine Hand nachdenklich ans Kinn. »Hilf du mir weiter auf die Sprünge: Hab ich womöglich etwas ausgelassen?«
    Liudolf schüttelte den Kopf, sichtlich hin- und hergerissen zwischen Aufbegehren und Empathie.
    »Doch, das hab ich«, sagte Raymond lebhaft, »und das Wichtigste noch dazu! Das Gesetz, dass es nur einen Herrscher geben kann. Den König, der das Heil besitzt, den Gekrönten und Gesalbten des Herrn. Sollte ich tatsächlich in all den Jahren versäumt haben, dich das zu lehren?«
    Die alte Zuneigung

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