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Liebe ist ein Kleid aus Feuer

Titel: Liebe ist ein Kleid aus Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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schien überhand zu nehmen. Liudolfs Züge verloren ihre Anspannung; die Augen wurden heller, die Lippen verzogen sich zu einem vorsichtigen Lächeln.
    »Ich muss mich also in Geduld fassen, bis ich an der Reihe bin«, sagte er. »Mich fügen, ohne zu hadern. Und meinem Vater gehorchen, auch wenn mir vielleicht der Sinn nach etwas anderem steht. Ist es das, was du mir sagen willst?«
    »So spricht der Mann«, sagte Raymond, »der einmal unser König sein wird.«

MICHAELI 946
BURG SCHARZFELS
    Der Drache riss das Maul auf und spreizte die Klauen. Geifer schien von seinen riesigen Zähnen zu triefen, und der schlangengleiche grüngelbe Leib wand sich in tückischen Verrenkungen. Doch alles Sichwehren, alles Kämpfen war vergebens: Die Lanze des himmlischen Kriegers hatte sich in sein Innerstes gebohrt und den höllischen Lindwurm für alle Zeiten auf den Boden genagelt.
    Der dünne morgendliche Nieselregen war inzwischen versiegt; stattdessen stahlen sich ein paar Sonnenstrahlen durch die schmalen Fenster der Dorfkirche und hüllten die Statue in goldenes Licht. Michaels Haar war blond gelockt und fiel ihm bis auf die Schultern, sein Kinn war etwas zu kantig ausgefallen, und dennoch sah er aus wie ein stattlicher junger Mann, der allerdings ein mächtiges Paar Flügel auf dem Rücken trug. Immer wieder glitten Eilas Blicke zu ihm, und obwohl der Erzengel die Augen gesenkt hielt, um das Böse zu seinen Füßen zu bannen, glaubte sie seinen Blick wie eine Umarmung zu spüren.
    » O Gott, in wunderbarer Ordnung teilst Du Engel und Menschen ihre Dienste zu; gewähre nun in Deiner Huld, dass auf Erden unser Leben von jenen beschirmt werde, die im Himmel als Deine Diener allzeit vor Dir stehen, durch unseren Herrn «, beendete der Priester am Altar das Tagesgebet.
    Der Gedanke durchfuhr sie wie ein Lichtstrahl. Nicht Lando hatte sie vor den Steppenreitern bewahrt, sondern Michael, für Eila seit jeher der tapferste und ritterlichste unter Gottes Engeln.
    Es fiel ihr schwer, länger still zu halten. Am liebsten hätte sie auf der Stelle ihre Erkenntnis Rose mitgeteilt, aber zwischen ihnen hockte mit ihren ausladenden Hüften Malin, die ihr bereits ein paar warnende Püffe versetzt hatte, damit sie nicht noch ärger herumzappelte.
    Die Burgbewohner hatten die vorderen Bänke eingenommen, die Raymond von Scharzfels der kleinen Dorfkirche nach der letzten Ernte gestiftet hatte. Doch die neuen Bänke waren nicht bequemer als die alten, denn auch einige der Bauern, die hinter ihnen saßen, rutschten während der Lesung des Evangeliums unruhig hin und her. Alle hatten sich für diesen Feiertag nach Kräften herausgeputzt, trugen Holzschuhe und halbwegs saubere Kleider, aber dennoch begann es in dem Bau mit der niedrigen Holzdecke, auf die jemand mit reichlich ungelenker Hand einen Sternenhimmel gepinselt hatte, immer unverfälschter nach Stall und Dung zu riechen. Eila hatte bislang nicht oft Gelegenheit gehabt, dergleichen wahrzunehmen, denn Oda hielt nichts davon, sich mit der Familie zur Messe ins Dorf zu begeben. Wahrscheinlich wäre es nicht einmal heute dazu gekommen, hätte nicht Kämmerer Bodo darauf bestanden.
    »Michaeli ist der Tag im Jahr, an dem sie uns ihre Abgaben bringen müssen; da ist es nur recht und billig, wenn auch wir eine kleine Unannehmlichkeit in Kauf nehmen und uns für den Kirchgang zu ihnen begeben«, hatte er gesagt und damit alle Widerworte zum Verstummen gebracht.
    Eila hatte sogar durchgesetzt, dass sie für den Weg ins Dorf die Pferde nehmen durften, wenngleich seit dem Überfall der Turci im Sommer nur noch ein paar ältere Gäule in den Ställen waren.
    » Wahrlich, ich sage euch, wenn ihr euch nicht bekehrt und werdet wie die Kinder, so könnt ihr nicht in das Himmelreich eingehen. Wer klein wird wie dieses Kind, der ist der Größte im Himmelreich. Und wer ein solches Kind in meinem Namen aufnimmt, der nimmt mich auf …«
    Malins ungestümer Rippenstoß hätte Eila beinahe aufschreien lassen.
    »Er redet von Rose«, flüsterte sie. »Rose! Hast du das gemerkt? Ein Kind, das wir aufgenommen haben. Und niemand anderem als diesem Kind verdanken wir unser Leben.«
    Eila nickte wenig begeistert. Allmählich war sie die ständigen Lobpreisungen Roses gründlich leid. Das klang ja fast, als habe sich diese Stubenhockerin mit Schwert und Lanze den Feinden entgegengestürzt, dabei war es doch nur ihr Zucken und Fallen gewesen, das sie abgeschreckt hatte.
    Michael war unser Retter, dachte sie. Er und

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