Liebe ist ein Kleid aus Feuer
Herzöge. In meinen Augen ist Liudolf ein ausgemachter Glückspilz, und wenn er eines Tages König sein wird …«
»Ich möchte trotzdem nicht mit«, unterbrach ihn Rose. »Ich kann nicht – bitte, Raymond, lass mich hier bleiben!«
»Weshalb auf einmal? Wir werden ja nicht in Werla bleiben. Dort wird zwar gefeiert, die Trauung aber soll in Gandersheim stattfinden. In der alten Stiftskirche. Dort, wo jetzt deine Tante lebt. Sie möchte bestimmt ihre Nichte wiedersehen!«
Zu seiner Überraschung füllten sich Roses Augen mit Tränen.
»Almut hat mich nicht besucht, seitdem ich bei euch bin«, sagte sie. »Das weißt du ganz genau. Ebenso wenig wie mein Vater.«
»Sie führt eben jetzt ein frommes Leben mit den anderen Frauen, und Bernhard, dein Vater, war schon immer einer, der …« Raymond hörte selber, wie wenig überzeugend er klang.
Rose griff nach seiner Hand und drückte sie leicht.
»Gib dir keine Mühe! Sie haben mich längst vergessen, alle beide. Nichts als eine Last bin ich ihnen gewesen. Und jetzt sind sie froh, mich endlich los zu sein. Deshalb will ich lieber hier auf eure Rückkehr warten.«
»Komm schon, Mädchen! So etwas wie eine königliche Hochzeit wirst du dir doch nicht entgegen lassen! Da wird musiziert und getanzt und getafelt …« Er suchte nach den richtigen Worten, um sie umzustimmen. »Und außerdem: Du würdest die beiden doch gerne wiedersehen, trotz allem, hab ich Recht?«
Rose nickte, hielt den Kopf aber gesenkt.
»Dann ist die Sache also beschlossen.« Raymond war zufrieden. »Wir reiten alle zusammen. Jetzt brauchen wir nur noch die Abschriften unseres Mönchs. Mir ist zu Ohren gekommen, die junge Braut soll sehr gebildet sein. Dann wird sie dieses Geschenk sicherlich zu schätzen wissen.«
Doch als er schließlich in dem Raum stand, wo Bruder Rochus hauste, kehrte seine Unzufriedenheit rasch zurück. Es roch muffig hier, und der tintenbefleckte Tisch, auf dem die Schriften lagen, glänzte an manchen Stellen wie Speck.
»Bist du denn ganz und gar unfähig, Ordnung zu halten?« Raymond schob mit dem Fuß ein Bündel alter Kleider zur Seite. Dann ging er zum Fenster, riss die Schweinsblasen ab. Ein Schwall warmer, duftgetränkter Luft flutete herein. »Man könnte fast glauben, man sei in einem Schweinestall statt in der Kammer eines gelehrten Mannes. Und diese Spinnweben überall! Ich werde Malin beauftragen, hier so schnell wie möglich gründlich sauber machen zu lassen.«
»Kein Weib kommt mir über diese Schwelle!«, sagte Bruder Rochus rasch. »Niemals! Das bin ich meinem Gelübde schuldig.«
»Ach ja?« Raymond hatte die halb volle Weinkaraffe entdeckt, die neben dem zerwühlten Bett stand. »Und das hier bist du ihm wohl auch schuldig?« Es gefiel ihm, dass der Mönch plötzlich schuldbewusst wirkte. »Soll mir egal sein, was du hier treibst, solange du nicht zum Himmel stinkst und die Aufgaben erledigst, die ich dir erteile. Also?«
»Hier«, sagte Rochus und lüftete das Lederstück, das obenauf gelegen hatte. »Bedien dich!«
Raymond nahm die Pergamente in die Hand, eines nach dem anderen, und betrachtete sie eingehend. Ein paar von ihnen hielt er prüfend gegen das Licht.
»Du hast anscheinend eine ganze Menge ausbessern müssen«, sagte er. »An einigen Stellen ist der Untergrund vor lauter Abschaben sogar richtig dünn geworden. Was ist die Ursache? Langeweile? Fehlende Sammlung? Oder hat deine Schreibkunst, derer du dich so rühmst, dich ganz plötzlich verlassen?«
»Deinen Spott kannst du dir sparen! Die Finger hab ich mir nächtelang wund geschrieben«, sagte Rochus, »nachdem ich tagsüber die Mädchen unterrichten musste. Sobald es dunkel ist, fällt es viel schwerer, bis in die Morgenstunden hinein bei der Sache zu bleiben.« Sein Mund verzog sich. »Und natürlich spielt es eine Rolle, worauf man arbeitet. Auf deinen Wunsch hin musste ich mich mit minderem Pergament zufrieden geben. Bestünde es dagegen aus Kalbs- und nicht aus Schafshäuten, wie ich dir dringend empfohlen habe, so würdest du rein gar nichts zu beanstanden haben.«
Raymond überging den Vorwurf. Die Kosten waren auch so schon erheblich genug.
»Die Schrift, die du verwendest hast, gefällt mir«, räumte er ein. »Allerdings hatte ich mir die ganze Angelegenheit prunkvoller vorgestellt.«
»Prunkvoller? Wo mir weder Gold noch Farben zur Verfügung standen«, verteidigte sich Rochus, »sondern nur die Tinte, die wir selbst aufwändig kochen müssen! Wie in aller Welt
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