Liebe ist ein Kleid aus Feuer
Strom der fremden Worte, die aus ihrem Mund flossen.
»Klingt irgendwie aufgeräumt«, sagte er, als sie innegehalten hatte. »Als wäre alles an seinem Platz. So wie die Werkzeuge an der Wand unserer Schmiede.«
»Alles ist klar und logisch aufgebaut, das hast du richtig erkannt«, sagte Rose. »Das ist es, was ich daran so liebe. Willst du wissen, was du soeben gehört hast?«
»Will ich.«
Er ließ sich zu ihren Füßen nieder und suchte gerade nach einer bequemen Haltung, als er Eila aus der Küche kommen sah. Sie blieb stehen, nachdem sie ihn erblickt hatte, ging ein paar Schritte weiter und blieb wieder stehen. Jetzt rückte Lando noch ein Stückchen näher an Rose heran, bis sein Kopf beinahe ihr Knie berührte.
» Eigentlich müsste ich doch merken, wenn mich ein Liebesgott in Verführung führte, oder pirscht er sich etwa heimlich heran und setzt mir tückisch zu mit verdeckten Winkelzügen? So wird es sein. In meinem Herzen haftet der zarte Pfeil.«
Roses Wangen begannen sich zu röten, als sie ihre eigene Übersetzung hörte. Ob Lando vielleicht glaubte, sie habe diese Stelle extra für ihn ausgesucht? Doch ihr blieb nichts anderes übrig, als tapfer weiterzumachen.
»Amor, der wilde, hat sich in meiner Brust eingenistet und stiftet dort Verwirrung …«
Lando verstand nicht alles, was sie sagte, aber er verstand genau, worum es ging. Das Thema hätte treffender nicht sein können. Seitdem Eila von der Hochzeit zurückgekommen war, kam sie ihm verändert vor, nicht mehr so verträumt und sehnsuchtsvoll wie noch im letzten Sommer, aber auch nicht mehr so hart und herrisch wie den ganzen Winter und Frühling über. Und noch etwas war anders geworden: Sie behandelte jetzt Sigmar, als sei er Luft.
Aus den Augenwinkeln sah er, dass Eila noch immer dastand, zu ihnen herüberschaute und versuchte, nicht ein Wort zu verpassen. Dann war vielleicht doch nicht ganz vergebens gewesen, was er viele Abende in der Werkstatt heimlich betrieben hatte.
Jetzt schaute auch Rose auf.
»Eila!«, sagte sie. »Komm doch zu uns! Ich lese Lando gerade unseren Catull vor. Außerdem hab ich noch einen schönen Kranz von Gunna für dich.«
Eila schüttelte den Kopf. Ihr Mund war ganz schmal geworden.
Sie war eifersüchtig, richtig eifersüchtig!
Lando musste lächeln. Der Johannistag ließ sich viel versprechend an.
Später, als die Sonne tiefer stand und alle aus dem Burgtor drängten, um mit den anderen unten im Dorf die Rotnacht zu feiern, war der Knoten im Eilas Kehle so angewachsen, dass sie kaum noch schlucken konnte. Sie sah Lando mit den Mägden und Knechten die Burg verlassen, lachend und erwartungsvoll, und sofort stand wieder vor ihr, wie er sich genüsslich an Roses Knie gelehnt hatte.
Wer wusste schon, wer da unten am Feuer im Schutz der nahenden Dunkelheit alles auf ihn wartete!
Am liebsten hätte sie Gunnas Kranz zertreten, so wütend und enttäuscht fühlte sie sich. Es gelang ihr gerade noch, sich zurückzuhalten. Dam kam die Freundin zu ihr.
»Es heißt ja, mit dem man über das Johannisfeuer springt, den wird man einmal heiraten«, sagte Rose, was die Sache nicht gerade besser machte.
»Woher hast du diesen Unsinn?«, zischte Eila.
»Von Malin. Und die hat auch gesagt, daraus würden immer die allerbesten Ehen.« Rose lachte unbekümmert. »Sollen wir auf den Turm steigen und von oben zusehen, wie überall die Feuer angehen?«
»Wozu? Damit wir uns noch ausgeschlossener fühlen?«
»Dann lass uns doch eine Runde spielen, wenn dir das lieber ist«, schlug Rose vor. »Ich hab das Zabelbrett schon oben aufgestellt, und die Figuren sind …«
»Keine Lust. Lass mich besser in Ruhe!« Eila ließ die Freundin stehen, so aufgewühlt war sie. Sie lief in ihr Zimmer, warf sich auf das Bett und drückte das erhitzte Gesicht in das Kissen. Das Gesicht des roten Mönchs, dachte sie. Wer sollte so etwas schon lieb haben können? Der Satz flog wie ein Vogel aus ihrem Gedächtnis auf. Sie konnte ihn nicht festhalten.
Irgendwann musste sie eingenickt sein. Als sie erwachte, stand der Mond am Himmel. Die Johannisnacht, auf die alle hingefiebert hatten, war angebrochen.
Von Rose nirgends eine Spur; wahrscheinlich brütete sie wieder seit Stunden in der Schreibstube über den Pergamenten. Aber der Vorschlag mit dem Turm, den sie zuvor abgetan hatte, war eigentlich gar nicht so übel.
Eila strich ihr Kleid glatt, löste eine der brennenden Fackeln, die den Flur beleuchteten, aus der Halterung und ging den
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