Liebe ist jenseits von Gut und Böse (Die Ostküsten-Reihe) (German Edition)

verdammt gut beherrscht. Für mehr brauche ich noch Zeit, aber einander zu küssen ist doch schon ein guter Anfang, nicht wahr?
    Im Augenblick bin ich jedenfalls völlig zufrieden damit, dass ich mich mit Connor arrangiert habe, was viel leichter war, als ich anfangs geglaubt hatte. Er hat ein neues Buch angefangen und schreibt seit einer Woche täglich stundenlang daran. Ich sehe ihm gern dabei zu, denn es ist faszinierend seine Mimik und Gestik zu beobachten, wenn er an einer Szene feilt. Sein Lächeln, wenn er das richtige Wort findet, die gerunzelte Stirn, wenn ihm ein ganz bestimmter Ausdruck nicht gelingen will. Ich verbringe viel Zeit damit, Connor einfach nur anzusehen. Solange er es nicht bemerkt, kann ich es, sonst fühlt er sich beobachtet und kann dann auch nicht mehr schreiben. Er wird schnell nervös und fahrig, bis ihm irgendwann auffällt, dass ich hinter ihm im Türrahmen stehe und mich darüber amüsiere.
    Ob ich seinen Sohn liebe, hat mich Will gefragt, als wir heute Morgen im Supermarkt die letzten Sachen für meine Party besorgt haben, weil Connor mitten in einem Kapitel des neuen Buches steckt und ich ihn nicht aus seiner Konzentration reißen wollte.
    'Ja, ich denke, das tue ich', habe ich Will nervös geantwortet und als der daraufhin nur lächelte, und meine ausweichende Antwort schweigend akzeptierte, ist mir ein Stein vom Herzen gefallen. Ich bin mir immer noch sehr unsicher, was dieses bedeutende Wort mit fünf Buchstaben angeht und ich habe bisher nicht den Mut gefunden, sie Connor zu sagen, was mich mehr ärgert als ihn.
    'Nimm dir soviel Zeit, wie du brauchst', hat er mir an dem Wochenende nach der Verhandlung gesagt, als wir meinen 'Sieg' oder wie immer man das nennen will, in Nicks und Tristans Lieblingspub in Baltimore feierten und uns dort zum ersten Mal küssten. Unter dem Gejohle des Inhabers Ian und aller anderen anwesenden Gäste wohlgemerkt.
    Ich werde heute noch rot, wenn ich daran denke, und ich kann mich nur wiederholen, wenn ich sage, dass ich über seine unendlich scheinende Geduld mir gegenüber froh bin. Wer sonst würde es akzeptieren, so eine in meinen Augen ziemlich einseitige Beziehung einzugehen? Denn dass es das ist, daran habe selbst ich keine Zweifel. Connor gehört zu mir und ich zu ihm. Ganz egal, wie lange ich noch brauche, um das auch mit Worten auszudrücken.
    Grandma Charlie hatte Recht. Ich gehöre hierher und ich will und werde bleiben. 'The Queen City' ist meine neue Heimat. Ich habe Papiere, die das beweisen, ein Haus, das irgendwann mir und Connor gehören wird, und ich habe Zeke, der in Zukunft auch meinem Freund – ich liebe es, ihn so zu nennen - ein neues graues Haar nach dem anderen bescheren wird. Aber vor allem habe ich eine Familie, die mich nimmt, wie ich bin, trotz Macken und Fehlern, und das ist mehr, als ich je zu hoffen gewagt hatte.
    Ich werde Connor sagen, dass ich ihn liebe. Aber das wird erst geschehen, wenn ich wirklich soweit bin und meinen eigenen Worten genug traue. In Einem bin ich mir aber bereits sicher. Nämlich, dass er auf mich warten wird, wie er es mir versprochen hat. Ein Bennett hält sein Wort; wenn ich eines gelernt habe, dann das.
    Und bis dahin werde ich weiterhin jeden Tag ein kleines Stück vorwärts gehen und wenn ich schon dabei bin, kann ich auch gleich damit anfangen, Connors Sachen in meinen Kleiderschrank zu räumen, bevor Zeke sie ruiniert. Er schläft mittlerweile ohnehin fast jede Nacht bei mir, denn ich mag es sehr, morgens aufzuwachen und seine Wärme direkt neben mir zu spüren.
    Ich schätze, ich bin tatsächlich bis über beide Ohren verliebt. 'Und deswegen machst du so einen Aufstand?', würde ein normaler Mensch dazu vielleicht sagen, aber was kümmert mich das? Ich bin eben anders und muss mich erst daran gewöhnen, verliebt zu sein. Aber ab sofort habe ich genügend Zeit dafür.
    Denn seit heute bin ich ganz offiziell 'Daniel Hanson' und mein zweites Leben fängt somit gerade erst an.

Blind ist der, der nicht lieben will
    - Band 2 der Ostküsten-Reihe -

    Nick Kendall ist ein erfahrener Anwalt und glaubt aufgrund seines Berufes, eine gute Menschenkenntnis zu besitzen. Aber seit einiger Zeit versteht Nick, der mit seiner Anfang des Jahres gegründeten Anwaltskanzlei eigentlich genug zu tun hat, nur noch Bahnhof, wenn es um seinen besten Freund geht, denn der benimmt sich nicht nur ihm gegenüber äußerst merkwürdig.

Leseprobe

    Er würde zu spät kommen. Was nichts Neues war, in letzter Zeit