Liebe ist jenseits von Gut und Böse (Die Ostküsten-Reihe) (German Edition)
gut überstand. Doch nun kam der schwerste Teil, und mit jedem weiteren Schritt, der Nick und ihn näher an das Büro von Richter Bolton brachte, stieg seine Angst.
Eine einfache braune Holztür mit einem aufgeschraubten silbernen Namensschild zeigte Daniel kurz darauf, dass sie ihr Ziel erreicht hatten, und ihm wurde kalt. Nur diese Tür trennte ihn jetzt noch von seinem Richter und wohl auch seinem Henker.
Genau wie damals, nur war er heute nicht halbtot an ein Bett gefesselt. Aber was machte das schon aus? Es war kein Unterschied für Daniel, ob er nun halbtot in einem Raum gefangen war oder aus freien Stücken in einen Anderen ging, in dem ihm mit Sicherheit das Gleiche drohte. Fesseln blieben Fesseln, ganz egal aus welchem Material sie hergestellt waren oder ob sie um seine Gelenke und vor allem um sein Herz lagen.
Er würde es nicht schaffen. Was hatte er auch erwartet? Dass er von einem Tag auf den Nächsten all seine Ängste ablegen konnte, um dann glücklich und zufrieden sein Leben zu leben? Schwachsinn. Das war totaler, hirnloser Schwachsinn. So einfach ging es nun einmal nicht. Vielleicht funktionierte das bei Opfern, die seelisch kein totales Wrack waren, aber nicht bei ihm. Er war eben kein mutiger James Bond, der sich einfach ins nächste Abenteuer stürzte und vor keiner Gefahr zurückwich. Er war ein Feigling, na und? Lieber ein Feigling, der zwar für den Rest seines Lebens auf der Flucht, dafür aber frei war, als ein mutiger James Bond, der im Knast an Altersschwäche starb.
Als Nick die Hand hob, um an die Tür zu klopfen, verlor er die Nerven. „Nicht.“
Nick sah ihn fragend an und Daniel schüttelte den Kopf. Ihm war von einer Sekunde auf die andere speiübel. Kalter Schweiß trat auf seine Stirn, dann begann er so heftig zu schwitzen, als würde er in einer Sauna sitzen und drei dicke Daunenjacken übereinander tragen. Im nächsten Augenblick stieg bittere Galle in seiner Kehle auf und Daniel hatte das Gefühl, sich sofort übergeben zu müssen.
Nick sah es ihm an. „Nach links, den Gang runter. Fünfte Tür rechts.“
Daniel machte umgehend kehrt und riss wenig später die Tür zu einer Toilettenkabine auf. Gerade rechtzeitig, denn sein Magen schien sich im nächsten Augenblick von innen nach außen stülpen zu wollen, so heftig musste er sich übergeben.
Zitternd, das Gesicht und die Hände völlig verschwitzt, stand Daniel danach keuchend vor einem der sechs in dem Toilettenraum angebrachten Waschbecken. Er hatte kaum die Kraft, den Wasserhahn aufzudrehen und schaffte es auch erst beim dritten Versuch sich den Mund auszuspülen und danach, so langsam als wäre er ein alter Mann, seine Hände zu waschen. Gott sei Dank kam während der Zeit niemand in den steril weiß gefliesten Raum, Daniel hätte es nicht ertragen. Nach einer ganzen Weile wagte er schließlich seinen Kopf zu heben und in die lange Spiegelwand zu schauen, die über den Waschbecken ging.
Daniel wusste im ersten Moment nicht, was ihn mehr erschreckte. Sein eigenes aschfahles Gesicht oder Connor, der mit besorgt drein blickenden Augen rechts hinter ihm an der ersten Toilettenkabine lehnte.
„Was machst du denn hier?“, flüsterte er heiser und erschöpft, und wäre am liebsten in Connors Arme geflüchtet. Allerdings war er weder sicher, dass Connor es ihm erlaubt hätte, noch ob er den Weg zu ihm überhaupt bewältigen konnte, so schwach und wacklig, wie sich seine Beine anfühlten.
„Hast du wirklich geglaubt, ich lasse dich heute allein?“
„Aber Nick hat gesagt...“, begann Daniel weinerlich und schämte sich sofort dafür. Doch seine Tränen konnte er nicht aufhalten und im nächsten Moment war Connor bei ihm, drehte ihn zu sich herum und zog ihn fest an sich, um dann die Arme um ihn zu legen.
„Es ist mir scheißegal, was Nick gestern gesagt hat“, schimpfte Connor dabei leise. „Oder willst du, dass ich wieder gehe?“
„Nein!“, kreischte Daniel fast und krallte die Hände in Connors Jacke, um zu verhindern, dass der auch nur einen Millimeter von ihm abrückte. „Geh nicht weg. Bitte geh nicht weg“, flehte er so verzweifelt, dass es ihm weitere Tränen in die Augen trieb.
„Oh Gott, Dan“, flüsterte Connor kaum hörbar und begann mit den Händen über seinen Rücken zu streicheln. „Ich gehe nicht weg. Ich bin hier und ich bleibe hier, hörst du? Ich bleibe bei dir.“
Aber Daniel konnte sich einfach nicht beruhigen und sein Zittern ließ auch nicht nach. Selbst als kurze Zeit später
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