Liebe Ist Nichts Fuer Feiglinge
(Und wie schaffen sie es, dass ihr Make-up frisch bleibt?) Ich hatte ihm gesagt, dass ich nicht so spät ausgehen wolle, weil an diesem Abend um acht das jährliche Treffen mit all meinen Cousinen und Cousins zum dritten Juli stattfinden würde. Als es schließlich an der Haustür läutet, ist es acht Uhr, und wenn ich Glück habe, bin ich um Mitternacht bei dem Treffen.
Rocky und Alfie überfallen Chris an der Tür, und ich bin so verärgert und nervös, dass ich kaum das Gesicht zu einem Lächeln verziehen kann. Er umarmt mich trotzdem, und wir eilen hinaus.
»Ich habe dir Musik aufgenommen«, sage ich und ziehe eine CD -Hülle aus der Tasche.
Er schaut gerade etwas auf seinem Handy nach. »Ja?«
»Ja. Nur ein bisschen Euro-Jazz, den ich im Ausland gehört habe. Möchtest du dir die CD anhören?«
»Ehrlich gesagt nicht.«
Oh.
»Ich hebe sie mir auf, wenn ich morgen zu meiner Familie fahre.«
Ich schäme mich plötzlich, dass ich ihm die CD gebrannt habe.
Er blickt auf. »Ich dachte, wir könnten zum Abendessen in dieses kleine italienische Restaurant nach Clearfield fahren.«
»Clearfield? Das ist doch mindestens eine halbe Stunde entfernt.« Ich klinge gereizt, aber noch mehr schockiert mich meine nächste Frage. »Hast du Angst vor dem Dorfklatsch, oder was?«
Er schaut mich verblüfft an. »Nein. Wieso? Du?«
Ich wäre am liebsten in den Kofferraum gekrochen und dort bis Weihnachten geblieben. Warum beleidige ich ihn so? Er will einfach nur in ein nettes Restaurant mit mir fahren, und ich tue so, als wolle er nicht mit mir gesehen werden. So gemein bin ich doch sonst nicht …
Hastig weiche ich einen Schritt zurück. »Na ja, ich will dich nicht gleich mit meiner Familiengeschichte überfallen, aber am dritten Juli sind wir immer alle in unserem Haus am See, essen Spanferkel und übernachten dort. Du hast vorher gesagt, du willst gerne irgendwas draußen machen … es ist kein Muss, nur eine Option.«
Er dreht sofort um und fährt in die andere Richtung. Ich rufe meine Mutter an und sage ihr Bescheid, dass wir kommen. Chris trägt wieder ein Button-down-Hemd und eine Leinenhose, ich habe mich für eine Rüschenbluse und hohe Absätze entschieden … okay, vielleicht ein bisschen overdressed für einen Grillabend. In Kürze werde ich meine Lektion gelernt haben, es stellt sich nämlich heraus, dass wir besser nach Clearfield gefahren wären. Was stattdessen passiert, lässt mich in die Arme eines anderen Mannes laufen. Und außerdem muss ich meiner Grandma auf ihrer Veranda erklären, wer er ist.
»Ich bin nur überrascht, ich fand den Doktor reizend.«
Na, du bist ja jetzt Single, da kannst du ja mit ihm ausgehen , hätte ich am liebsten geantwortet, aber zum Glück reiße ich mich noch in der letzten Sekunde zusammen. »Er war reizend, Grandma, aber das heißt noch lange nicht, dass er auch der Richtige für mich ist.« Es ist ein Montagnachmittag Mitte August, und die Sonne ist so heiß, dass die Glasveranda selbst bei laufendem Ventilator und geschlossenen Jalousien ein Glutofen ist. Grandma und ich hatten darüber geredet, dass wir in die 4-Uhr-Messe gehen wollten – bei ihrer Einsamkeit und meiner Männerverwirrung in der letzten Zeit hält der Trost der Sonntagsmesse nicht einmal einen Tag vor. Aber die Richtung, die unsere Unterhaltung nimmt, deutet darauf hin, dass wir nirgendwo hingehen. Grandma hat mir eine Kugel italienisches Eis spendiert, in klassischer Gloria-Größe, von der noch nicht einmal ein Spatz satt wird.
»Was ist schiefgegangen?«
»Du solltest eher fragen, Grandma, was nicht schiefgegangen ist. Du hast doch gesehen, was auf der Party passiert ist.«
Als ich Mom angerufen hatte, um anzukündigen, dass Chris und ich unterwegs waren, hatte sie offenbar die gesamte Familie zusammengetrommelt. Sie lungerten alle an der Haustür herum, wie bei einer Überraschungsparty, bei der niemand ein gutes Versteck findet. Vorsichtig setzten Chris und ich uns an die Außenbar, und Grandma platzierte sich strategisch uns gegenüber, wo sie den rätselhaften Doktor genau im Blick hatte.
»Krissy, auf was wartest du?«, zischte meine Mutter mir zu. »Hol ihm einen Teller.« Sofort begann meine Tante, die schon etwas beschwipst von der Auswahl an roten, weißen und blauen Margaritas war, Cocktails vor Chris aufzubauen, der bereits höflich mitgeteilt hatte, er trinke nicht viel Alkohol.
»Was will er dann in dieser Familie?«, murmelte mein Bruder. Ich warf ihm einen scharfen Blick
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